Zollernalb magazin 2-2023
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<strong>Zollernalb</strong> <strong>magazin</strong><br />
© CatchMoments<br />
Photography<br />
„Das funktioniert aber nur, wenn die Besitzer<br />
der Hunde sich intensiv mit ihren Hunden<br />
auseinandersetzen“, erklärt mir Michael.<br />
„Was sich eigentlich als Selbstverständlichkeit<br />
anhört, ist im Alltag jedoch die erste<br />
Hürde, die es zu meistern gilt. Die Menschen<br />
müssen lernen, ihre Hunde lesen, und damit<br />
verstehen zu können. Ist der Mensch in der<br />
Lage, die körpersprachlichen Elemente des<br />
Hundes zu verstehen, stellen sich die Trainingserfolge<br />
fast von selbst ein – und das<br />
sehr schnell. Wir trainieren also nicht nur<br />
den Hund, sondern gleichzeitig auch den<br />
Menschen. Zudem haben wir unterschiedliche<br />
Rassen mit extrem verschiedenen<br />
Charakteren, die auch differenzierte Anforderungen<br />
an uns und ihre Umwelt stellen“,<br />
führt Michael weiter aus. Wie zum Beweis<br />
mustert mich die schwarze Hündin und<br />
scheint mich zum Spielen auffordern zu wollen,<br />
während die weiße Bulldogge liegend in<br />
sich zu ruhen scheint.<br />
Die Dobermann-Rottweiler-Hündin verkörpert<br />
schon ganz gut, was hinter der Arbeit<br />
von Michael steckt. Hundeschule ist eben<br />
nicht gleich Hundeschule. Und Hund ist<br />
nicht gleich Hund. „Im Rahmen von unseren<br />
Welpen- und Junghundegruppen stellen wir<br />
die Weichen für ein funktionierendes Miteinander<br />
und geben den Haltern alle Instrumente<br />
der Grunderziehung mit auf den Weg.<br />
Wir stellen aber vermehrt fest, dass viele<br />
Hunde mit auffälligem oder gar problematischem<br />
Verhalten zu uns kommen. Dabei<br />
handelt es sich nicht nur um mangelnde<br />
Leinenführung oder Leinenpöbelei. Immer<br />
öfter werden auch Hunde bei uns vorstellig,<br />
die bspw. unangemessene Aggressivität<br />
gegenüber Artgenossen oder Menschen an<br />
den Tag legen“, so der Frommerner.<br />
In der Hundeschule von Michael wird gewaltfrei,<br />
mit positiver Verstärkung und<br />
Spiel, Kommunikation und Belohnung gearbeitet.<br />
„Eigentlich ist es ganz einfach“, lacht<br />
Michael. „Erst verstehen wir unsere Hunde,<br />
dadurch erarbeiten wir uns den notwendigen<br />
Respekt, das Vertrauen und dann die<br />
Freundschaft und Zuneigung unserer Hunde.<br />
Ein Band, das Mensch und Tier zusammenschweißt.“<br />
Ganz egal, in welchem Fell der Hund geboren<br />
wurde. Abgelehnt wird in Frommern nämlich<br />
niemand. Rasse, Alter oder Herkunft spielen<br />
für Michael keine Rolle. Der bissige Riesenschnauzer<br />
ist in der Einzelstunde der Hundeschule<br />
genauso willkommen, wie der ängstliche<br />
Tierschutz- oder Auslandshund oder<br />
die sogenannten Listenhunde, die für einen<br />
Wesenstest vorbereitet werden müssen.<br />
Diese Hunde werden in einem Einzeltraining<br />
geschult. Was allerdings nach einem denkbar<br />
einfachen Konzept klingt, stellte den<br />
58-jährigen Hundetrainer aber schon vor so<br />
manche Hürde. „Mit Hunden beschäftige ich<br />
mich schon über 20 Jahre.“<br />
Allerdings benötigt man für diese Art von<br />
Arbeit eine qualifizierte Ausbildung, um<br />
in Deutschland mit den Tieren arbeiten<br />
zu können. So weit, so nachvollziehbar.<br />
„Das Ziel war, ein Training anbieten zu<br />
können, das Mensch und Hund als Team<br />
zusammenschweißt. In all den Jahren, die<br />
ich ehrenamtlich im Tierschutz gearbeitet<br />
habe, hat es sich einfach richtig angefühlt,<br />
Menschen helfen zu können, die in ihrer<br />
Verzweiflung ihre Tiere im Tierheim oder<br />
sonst wo abgeben wollten.“ Und so drückte<br />
Michael nach der Ausbildung zum Hundekaufmann,<br />
Hundefachmann, Hundetrainer<br />
sowie dem Sachkundenachweis für gefährliche<br />
Hunde nochmals die Schulbank für den<br />
Sachkundenachweis „Verhaltenstherapie“.<br />
Kein einfacher Weg, auch wenn der Balinger<br />
Verständnis für derart aufwändige Ausbildungen<br />
zeigt.<br />
„Der Umgang mit unseren Hunden hat sich<br />
in den letzten 20 Jahren sehr stark verändert“,<br />
führt Michael weiter aus. Motivation<br />
und positive Verstärkung statt Unterordnung<br />
und nicht artgerechte Trainingsmethoden<br />
rücken in den Mittelpunkt der Ausbildung.<br />
„Die Halter sind immer wieder<br />
überrascht und neugierig, wie einfach und<br />
effizient in den Trainingsstunden gearbeitet<br />
wird. Und noch viel überraschter sind viele<br />
Hundebesitzer, wie schnell die gewünschten<br />
Verhaltensveränderungen sich dann<br />
tatsächlich einstellen. Wenn der Mensch<br />
das Verhalten seines Hundes versteht, dann<br />
kann er auch zielgerichtet, schnell und wirksam<br />
das Verhalten des Hundes ändern und<br />
in die gewünschte Richtung lenken.“<br />
Ich möchte wissen, ob dies für alle Rassen<br />
gilt. Mir geistert der Begriff „Kampfhund“ im<br />
Kopf herum, ohne dass ich diesem Begriff eigentlich<br />
eine genauere Beschreibung zuordnen<br />
könnte. Da Michael auch auf dem Gebiet<br />
„Verhaltenstherapie“ ausbildet und arbeitet,<br />
interessiert es mich, ob hier ein nachhaltiger<br />
Zusammenhang besteht. Michael antwortet<br />
kurz und knapp mit einem deutlichen „Nein“.<br />
Es gibt in den verschiedenen Bundesländern<br />
die sogenannten „Kampfhundeverordnungen“.<br />
Laut dieser müssen bestimmte Rassen<br />
einen sogenannten Wesenstest abhalten.<br />
Wenn es nach dem Gesetzgeber geht, können<br />
Hunde also durchaus im falschen Fell<br />
geboren werden. Laut Michael ist dies im<br />
Grunde eine Diskriminierung von Hund und<br />
Besitzer, den neben besagtem Wesenstest,<br />
den es zu bestehen gilt, können die Halter<br />
auch mit einer absurd höheren Hundesteuer<br />
konfrontiert werden.<br />
Dabei liegen besagter Kampfhundeverordnung<br />
keinerlei aussagekräftige Beweise in<br />
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