Zollernalb magazin 2-2023
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<strong>Zollernalb</strong> <strong>magazin</strong><br />
Form von Statistiken oder wissenschaftlichen<br />
Studien vor. Im Gegenteil. Eine Studie<br />
der Freien Universität Berlin oder Studien<br />
der US-Universitäten MIT und Harvard belegen,<br />
dass die Rassenzugehörigkeit keinerlei<br />
Auswirkungen auf die Aggressivität eines<br />
Hundes hat. „Die Kampfhundeverordnung<br />
wurde nach dem bedauerlichen Vorfall im<br />
Jahr 2000, wo in Hamburg ein Junge von<br />
zwei Hunden zu Tode gebissen wurde, verfasst.<br />
Von Politikern, wohlgemerkt. Nicht<br />
von Hundefachlauten, Tierärzten oder gar<br />
Wissenschaftlern. Somit nicht faktenbasiert,<br />
dafür amateurhaft und willkürlich.“<br />
Für den Tierfreund ist dies kein zufriedenstellender<br />
Umstand. Erst recht, weil hierbei<br />
die Bundesländer völlig unterschiedlich<br />
entscheiden. Michaels früherem Hund<br />
beispielsweise, einer amerikanischen Bulldogge,<br />
musste er jedes Mal beim Grenzübertritt<br />
nach Bayern erklären, dass er ab<br />
sofort als gefährlicher Hund eingestuft sei.<br />
Trotz mehrmaliger Ermahnung weigerte<br />
sich die Bulldogge jedoch beständig, ihr<br />
Verhalten zu ändern, fügte Michael augenzwinkernd<br />
an. Andere Bundesländer,<br />
wie bspw. Schleswig-Holstein oder Niedersachsen,<br />
führen eine solche Rasseliste<br />
aufgrund mangelnder wissenschaftlicher<br />
Belege überhaupt nicht. „Aber bei uns sind<br />
diese Wesenstests nun mal Pflicht geworden.<br />
Dabei ist das Problem, dass es kaum<br />
Hundetrainer gibt, die Halter und Tier auf<br />
diese Tests vorbereiten.“<br />
Fällt man durch diesen Test, gilt das Tier als<br />
gefährlich. So schnell besitzt man also einen<br />
ausgewiesenen Kampfhund. Maulkorb<br />
und Leinenpflicht sind die Folge. Damit es<br />
gar nicht so weit kommt, sorgt Michael vor.<br />
Denn diese Tests beinhalten an sich sinnvolle<br />
Elemente, die eigentlich jeder Hund beherrschen<br />
sollte. Impulskontrolle, Umgang<br />
mit Artgenossen oder Bedrohungssituationen<br />
im Alltag oder das Vermeiden von fehlgeleitetem<br />
Beutefangverhalten.<br />
Die Vorbereitung zum Wesenstest stellt nur<br />
einen, durchaus spannenden, Teil von Michaels<br />
Arbeit dar. Aber da ist noch viel mehr.<br />
Wir gehen vor die Tür – die schwarze Hündin<br />
sieht ihre Chance auf Spiel und ausgiebiges<br />
Toben gekommen und macht dies durch<br />
nachdrückliches Auffordern mit den Pfoten<br />
und Nase deutlich, während die Bulldogge<br />
völlig unaufgeregt die neue Situation registriert.<br />
So langsam verstehe auch ich als Hundeamateur<br />
die Bedeutung unterschiedlichen<br />
Verhaltens bei unterschiedlichen Rassen. Michael<br />
gibt der Dobermann-Rottweiler Hündin<br />
ein kurzes Zeichen mit der Hand, woraufhin<br />
sich diese erwartungsvoll hinlegt. „Siehst<br />
Du,“ sagt Michael zufrieden, „sie respektiert<br />
uns, weil sie darauf vertrauen kann, dass<br />
wir uns noch mit ihr beschäftigen werden.<br />
Egal, wie lange es noch dauern wird. Kein<br />
Anspringen, nörgeln oder gar nach vornegehen<br />
mehr.“<br />
In unmittelbarer Nähe befindet sich eine<br />
große Wiese. Nicht weit vom Wohnhaus von<br />
Michael befindet sich noch ein großes zweites,<br />
eingezäuntes Areal, das er ebenfalls für<br />
Trainingszwecke nutzt. Michael zeigt auf ein<br />
großes, benachbartes Grundstück. Auch<br />
hier werden die Vierbeiner bald trainieren,<br />
toben und spielen. Und es ist natürlich der<br />
Platz, der für die Pensionshunde, wie die<br />
Dobermann-Rottweiler-Hündin, benötigt<br />
wird. So kann Michael verschiedene Trainingsareale<br />
für verschiedene Anforderungen<br />
anbieten. Die Welpengruppe sowie die<br />
Junghunde und Fortgeschrittenengruppe<br />
sind hier regelmäßig aktiv.<br />
Dabei tummeln sich keineswegs nur Problemhunde<br />
auf den Wiesen der <strong>Zollernalb</strong>.<br />
Auch wer sein Tier einfach nur bestmöglich<br />
erziehen will, ist bei Michael richtig. Gerade<br />
die Welpengruppe bietet den jungen Hunden<br />
in ihrer wohl wichtigsten Lernphase des<br />
Lebens ausreichend Möglichkeit für Sozialkontakte<br />
und für das kleine Hundeinmaleins.<br />
Von überall her kommen zwischenzeitlich<br />
die Hundehalter. Reutlingen, Sigmaringen,<br />
Rottweil. Dabei muss Michael schon Prioritäten<br />
setzen. Die jeweiligen Hundegruppen<br />
sind limitiert, um die Qualität und den Lerneffekt<br />
auf hohem Niveau zu halten.<br />
Die schwarze Hündin lauscht derweil und<br />
wedelt mit dem Schwanz. Auch sie wird<br />
demnächst, dank dem Ehrgeiz der Halterin<br />
und der Entwicklung der Hündin, Teil der<br />
Fortgeschrittenengruppe. Das mächtige<br />
Tier sitzt bereits wie auf heißen Kohlen,<br />
wedelt mit dem Schwanz. Dann gibt Michael<br />
das Freigabesignal und die schwarze<br />
Hündin und auch die bis dahin scheinbar<br />
teilnahmslose, ruhige Bulldogge setzen zu<br />
einem wilden Spiel an. Mit Mühe erinnere<br />
ich mich nach diesem Gespräch und dem<br />
Anblick der spielenden Fellnasen an meine<br />
eigentliche Angst vor großen Hunden.<br />
<br />
Autor: Benni Sauer<br />
Fellnasen-Akademie | Hundeschule<br />
Michael Waiblinger, zertifizierter<br />
Hundetrainer/Verhaltenstherapeut<br />
Mühlstraße 14 | 72336 Balingen<br />
Mobil: +49(0)179 9263045<br />
info@fellnasen-aka.de<br />
www.fellnasen-aka.de<br />
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