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WLV Jahresrückblick 2023

Jahresrückblick 2023 des Württembergischen Leichtathletik-Verbandes

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Interview mit Manuel Eitel: „Zehnkampf ist schlimm und schön“<br />

Zehnkämpfer Manuel Eitel vom SSV Ulm 1846 wurde bei seinem<br />

WM-Debüt Elfter mit 8.191 Punkten. „Es war ein Zehnkampf zum<br />

Lernen“, meinte der 26-Jährige nach einer Hitzeschlacht im<br />

Központ-Stadion. Eitel war in Götzis mit 8.351 Punkte in die<br />

Weltklasse vorgestoßen.<br />

Manuel Eitel, wie haben Sie Ihre WM-Premiere hier in Budapest<br />

erlebt?<br />

Die Kulisse hier im vollen Stadion mit 37.000 Zuschauern und die<br />

Atmosphäre waren schon toll. Am ersten Tag hat es richtig Spaß<br />

gemacht. Am Ende war es schade, dass ich nach drei<br />

Zehnkämpfen mit Bestleistung dies nicht fortsetzen konnte.<br />

Können Sie uns die beiden Tage im Zeitraffer beschreiben?<br />

Mit den 100 Metern bin ich sehr zufrieden, im Weitsprung war<br />

einfach ein bisschen der Wurm drin, ich habe es technisch nicht<br />

hinbekommen. Meine Kugelstoßweite ist in Ordnung. Mit dem<br />

Hochsprung war ich sehr zufrieden. Die 2,02 Meter wäre ich<br />

gerne noch gesprungen, aber 1,99 waren meine Wunschhöhe.<br />

Die 400 Meter waren ein bisschen schwer, da war die Aufregung<br />

ein bisschen verantwortlich, die Beine waren hinten raus ein<br />

bisschen fest. Dennoch war ich weniger als drei Zehntel über<br />

meiner Bestleistung.<br />

Ihre Bilanz nach dem ersten Tag?<br />

Ich war ca. 50 Punkte hinter Götzis, da habe ich mich echt auf<br />

den zweiten Tag gefreut.<br />

Und am zweiten Tag liefs nicht ganz so gut?<br />

Ja, die ersten drei Disziplinen, Hürden, Diskus und Stab liefen<br />

nicht so gut. Ich hatte an den beiden Tagen das Gefühl, dass es<br />

technisch nicht so gut lief.<br />

Wo ganz konkret?<br />

Bezeichnend ist, dass die 100 Meter und die 1.500 Meter – also<br />

die Disziplinen, bei denen man am wenigsten denken muss – am<br />

besten gelaufen sind. Als ich den Gedanken auf eine<br />

Bestleistung fallen ließ, lief es besser. Ich habe den Speerwurf<br />

genossen, obwohl der mit knapp über 60 Meter auch nicht gut<br />

war. Wenigstens über 1.500 Meter wollte ich noch eine<br />

Bestleistung, das ist mir mit 4:33,70 Minuten auch gelungen.<br />

Was nehmen Sie als Konsequenz aus dem Wettkampf mit?<br />

Ich werde irgendwann bei einem solchen Wettkampf performen<br />

und dann noch mehr Spaß haben. Ich muss früher zufrieden<br />

sein, ich bin selbst mein größter Kritiker.<br />

Wie war der Kontakt mit den Teamkollegen Niklas Kaul und Leo<br />

Neugebauer während des Wettkampfs?<br />

Am ersten Tag hatten wir viel Kontakt untereinander und haben<br />

es auch genossen, hatten viel gesprochen und haben uns<br />

motiviert. Am zweiten Tag war Niklas raus, da habe ich mit Leo<br />

gut harmoniert.<br />

Ist ein WM-Zehnkampf etwas anderes?<br />

Definitiv ja, aber ich weiß im Moment gar nicht warum. Auf jeden<br />

Fall hat die Ehrenrunde bei dieser Kulisse Spaß gemacht. Ich<br />

freue mich auf weitere Zehnkämpfe.<br />

Ist Zehnkampf eigentlich toll?<br />

(lacht) Zehnkampf ist schlimm und schön.<br />

Interview: Ewald Walker<br />

Kommentar: Debakel in Eugene, Scherbenhaufen in Budapest<br />

Die deutsche Leichtathletik erlebte in Budapest ein historisches<br />

Debakel. Zwei Medaillen in Eugene (USA) folgte die Nullnummer<br />

in Budapest. Keine Medaille für deutsche Leichtathleten – das hat<br />

es in 40 Jahren WM-Geschichte noch nicht gegeben. Ein Scherbenhaufen.<br />

Im 70-köpfigen DLV-Aufgebot fehlten acht Leistungsträger verletzungsbedingt.<br />

Es enttäuschten aber erneut zahlreiche Athleten,<br />

die dem Anspruch einer WM nicht genügten.<br />

Der DLV ist in den neun Tagen von Budapest von der einstigen<br />

Leichtathletik-Macht zum Zwerg geschrumpft. Underdogs wie Burkina<br />

Faso, Grenada, Peru oder die Britischen Jungferninseln stehen<br />

im Medaillenspiegel vor dem DLV. Ehemalige Athlet:innen,<br />

Trainer:innen an der Basis und viele Leichtathletik-Fans sind<br />

sprachlos und enttäuscht ob dieser Entwicklung.<br />

„Wir sind gegenüber vielen anderen Ländern deutlich im Hintertreffen“,<br />

räumt DLV-Präsident Jürgen Kessing ein, der Leistungssport<br />

habe bei uns leider nicht mehr diesen Stellenwert wie früher.<br />

Der DLV selber hat aber auch hausgemachte Probleme.<br />

„Wir haben ein gesellschaftliches Problem mit Leistung bzw.<br />

Leistungssport“, sagt Isabelle Baumann, Bundestrainerin und<br />

Gymnasial-Lehrerin aus Tübingen.<br />

Der Widerspruch zwischen dem ersten Platz des DLV in der Potas-<br />

Bewertung zur Leistungsförderung und deren strukturellen<br />

Voraussetzungen im DOSB, und die Ergebnisse von Eugene und<br />

Budapest ist deutlich. Offensichtlich wurde auch das Sommermärchen<br />

2022 bei der EM in München mit 16 Medaillen überbewertet.<br />

Die eingehende Analyse von Budapest ist ausgeblieben. Die<br />

Erklärung „die Spitzen wie Vetter und Mihambo haben nicht gestochen“,<br />

so Präsident Kessing, greift zu kurz.<br />

Die Tatsache, dass Athleten wie der Zehnkämpfer Leo Neugebauer<br />

mit Sportstipendien in die USA gehen und dort mit besten<br />

Bedingungen für Studium und Leistungssport Weltklasse werden,<br />

offenbart Schwächen in der Leistungsförderung hierzulande.<br />

Welche Konsequenzen muss es nach dem Scherbenhaufen von<br />

Budapest geben? Es wird immer von strukturellen Änderungen<br />

geredet, wann greifen diese in der Praxis?<br />

Es sind personelle Konsequenzen notwendig und in einem Fall<br />

erfolgt. Die Leichtathletik-Familie fordert Köpfe in der Spitze des<br />

Verbands.<br />

Ewald Walker<br />

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