Gemälde Alte Meister Teil 1
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JOSEF HEINTZ D. J.,
UM 1600 AUGSBURG – UM 1678 VENEDIG
DER BUCINTORO WÄHREND DES
AUFERSTEHUNGSFESTES IN VENEDIG
Öl auf Leinwand.
58 x 74,4 cm.
Beigegeben eine Expertise von Dario Succi, Gorizia.
Die Darstellung überrascht durch eine nahezu geheimnisvolle
Wirkung, indem sich die Prachtbarke des
Dogen, der „Bucintoro“ wie angeleuchtet vom dunklen
Grund des Wassers abhebt, umgeben von zahlreichen
Schiffen und Gondeln.
Das Gemälde stellt ein Festereignis dar. Anlass dazu
war ein in Venedig seit dem 12. Jahrhundert vollzogener
mythischer Brauch: Alljährlich fuhr der Doge mit
Gefolge im Prunkschiff anlässlich des Festes der Auferstehung
Christi vom Canal Grande aufs Meer hinaus,
um dort in feierlicher Handlung einen Goldring in
die Fluten zu werfen. Dieser mythische Akt galt als
Symbol der Vermählung der Stadt Venedig mit der Adria.
Erhofft war damit der Schutz der Seemacht Venedig
für die gesamte Adria, auch als mythische Hilfe gegen
Kriege und die Türkengefahr.
Der Brauch geht aufs Jahr 1172 zurück, als Papst
Alexander III dem Dogen Sebastiano Ziani zu diesem
Zweck einen Goldring übergab, auch zum Zeichen des
Bündnisses mit Kaiser Friedrich Barbarossa. Dieser Vermählungsakt
mit dem Meer erfolgte stets am Auslauf
des Canal Grande gegenüber der Kirche San Giorgio
Maggiore, die daher auch hier im Bild rechts zu sehen
ist.
Abgesehen von der historischen Bedeutung des Gemäldes,
zählt es aufgrund der Entstehungszeit zu den
frühen Vorläufern der venezianischen Vedutenmalerei.
Der Malstil verrät den Manierismus der Werke des
Künstlers.
Joseph Heintz d. J. war Sohn des gleichnamigen
Vaters. Er wirkte zunächst ganz in der Tradition der
Werke eines Hieronymus Bosch. Früh verwaist, studierte
er bei seinem Stiefvater Matthäus Gundelach
in Augsburg, ging dann nach Rom (1630-40), konvertierte
zum katholischen Glauben, wurde 1644 von
Papst Urban VIII. zum Ritter geweiht. Anschließend
zog er nach Venedig. Sein Altarbild in San Fantino
weist ihn noch 1632 in Venedig nach, wo er in die
Künstlerbruderschaft aufgenommen wurde.
Die äußerst detailreich geschaffene Darstellung zeigt
das Paradeschiff in leuchtendem Rot mit Vergoldung,
am Bug eine Figur der Justitia, seitlich im Relief der
Markuslöwe, auf dem Vorderdeck die sechs Senatoren.
Das im Jahr 1601 vom Dogen Marino Grimani veranlasste
Spectaculum ist auch für den 10. Mai 1606
verbürgt, und setzte sich bis ins 18. Jahrhundert fort.
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