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Bildung für nachhaltige Entwicklung

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Praxis: <strong>Bildung</strong> <strong>für</strong> <strong>nachhaltige</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />

Michael Töpler (links)<br />

M. A. der Philosophie, Geschichte und<br />

Literatur wissenschaft<br />

Dr. Christoph Schmitz,<br />

Sozialunternehmer, Agrarökonom,<br />

Mentor<br />

MT: Hat die Arbeit der GemüseAckerdemie<br />

vor Ort in erster Linie Projektcharakter,<br />

oder wirkt sich das Angebot<br />

auch auf den Fachunterricht aus?<br />

CS: Der Acker bietet sich als fächerübergreifender<br />

Lernort an. Mathematische<br />

Fragen lassen sich hier ebenso bearbeiten<br />

wie Themen, die im Sachunterricht oder<br />

im Kunstunterricht verortet sind.<br />

MT: Kann man sagen, wie sich die<br />

Arbeit auf dem Acker auf die Kinder<br />

konkret auswirkt?<br />

CS: Wir beobachten, dass die Sozialkompetenzen<br />

der Kinder steigen. Insbesondere<br />

das eigenverantwortliche Arbeiten<br />

in Kleingruppen hat positive Effekte.<br />

Die Selbstwirksamkeitserfahrungen<br />

beim Anbauen und beim Ernten sind<br />

enorm, das stärkt die Kinder.<br />

MT: Wirkt die Arbeit auch in die<br />

Familien hinein?<br />

CS: Natürlich. Die Kinder tragen ihre<br />

Erfahrungen als Botschafter:innen<br />

nach Hause und bringen auch manche<br />

Eltern intensiver in Kontakt mit saisonalem<br />

Gemüse. Dieses kann ja zu Hause<br />

unmittelbar verarbeitet werden.<br />

MT: Kann auch das Schulessen vom<br />

Acker aus bereichert werden?<br />

CS: Das ist <strong>für</strong> besondere Anlässe möglich,<br />

zum Beispiel mit einer Kürbisaktion<br />

im Herbst. Für die alltägliche Versorgung<br />

einer Mensa reichen die Erträge<br />

nicht. Das ist aber auch nicht der<br />

Anspruch.<br />

MT: Inwiefern wirkt sich Ihre Arbeit<br />

auf das Leben und das Arbeiten an der<br />

Schule insgesamt aus?<br />

CS: Ein wichtiger Baustein sind regelmäßige<br />

Fortbildungen <strong>für</strong> die Lehrkräfte,<br />

die durch unsere Onlineplattform<br />

flexibel gestaltet werden können.<br />

Dadurch kommt das Thema Nachhaltigkeit<br />

immer wieder ins Bewusstsein. Die<br />

kontinuierliche Beschäftigung mit unseren<br />

Angeboten gibt häufig Anstöße zu<br />

unterrichtlichen und außerunterrichtlichen<br />

Aktivitäten.<br />

MT: Nachhaltigkeit scheint schon fast<br />

ein Modewort zu sein, dass nicht unbedingt<br />

mit der Transformation verbunden<br />

wird, die wir vor uns haben.<br />

Besteht die Gefahr, dass die Schulen zu<br />

sehr an der Oberfläche bleiben?<br />

CS: Das Problem sehen wir, aber wir<br />

sehen noch stärker die sichtbaren Fortschritte.<br />

Alle müssen sich dem Thema<br />

widmen und tun dies in unterschiedlicher<br />

Intensität. Im Rahmen der Gemüse<br />

Ackerdemie wird zum einen der Lernort<br />

„draußen“ als Standard etabliert, der<br />

Garten, der Schulhof und die Umgebung<br />

werden verstärkt zum pädagogischen<br />

Raum.<br />

MT: Bedeutet das, dass es eine Standardlösung<br />

<strong>für</strong> alle Schulen gibt, wie<br />

das jeweilige Gelände gestaltet werden<br />

muss?<br />

CS: Nein, das ist sehr individuell und<br />

bietet Raum <strong>für</strong> viele Ideen. Es gibt tolle<br />

Beispiele, wo Schulen noch weit über<br />

unsere Initiative hinausgegangen sind.<br />

Jede Schule ist in der Umsetzung ein<br />

Unikat.<br />

MT: Gibt es Probleme mit der Frage,<br />

wie man die Angebote der Gemüse<br />

Ackerdemie im Rahmen der Lehrpläne<br />

umsetzt?<br />

CS: Nein, das ist vollkommen unproblematisch.<br />

Auf unserer Plattform ist die Verankerung<br />

in den jeweiligen Lehrplänen<br />

der Länder hinterlegt. In diesem Bereich<br />

hat sich einiges getan. BNE ist zwar in<br />

unterschiedlicher Weise formuliert, die<br />

Umsetzung ist aber meist sehr offen.<br />

MT: Bereitet der Föderalismus Probleme?<br />

CS: Auf der inhaltlichen Seite nicht.<br />

Lediglich im Bereich der Förderung<br />

unseres Angebotes gibt es einige Unterschiede,<br />

das kann manchmal etwas<br />

komplizierter werden.<br />

MT: Wie sieht die Verteilung im Bundesgebiet<br />

inzwischen aus? Kann<br />

grundsätzlich jede Schule in Deutschland<br />

teilnehmen?<br />

CS: Ja, inzwischen sind wir flächendeckend<br />

aktiv. In einigen Bundesländern<br />

sind wir schon stark vertreten, andere<br />

ziehen aber allmählich nach. Durch<br />

unser Netz von 520 Coaches mussten<br />

wir seit 2020 keiner Schule mehr aus<br />

Kapazitätsgründen absagen.<br />

MT: Wie sieht die Nachfrage im<br />

Bereich der Grundschulen aus?<br />

CS: Grundschulen haben weiter großes<br />

Interesse, die Nachfrage ist eher steigend.<br />

MT: Hat sich das Programm in den<br />

letzten zehn Jahren grundsätzlich<br />

geändert?<br />

CS: Wir haben uns kontinuierlich weiterentwickelt,<br />

insbesondere auch durch<br />

die zahlreichen Rückmeldungen aus den<br />

Schulen. So konnten Programm und<br />

Materialien immer weiter verbessert<br />

werden.<br />

MT: Kommen Sie selbst noch hin und<br />

wieder auf den Acker?<br />

CS: Zum Glück kommt das immer wieder<br />

vor, bei größeren Events oder in der<br />

Schule meiner Kinder vor Ort. Jede:r<br />

unserer Mitarbeiter:innen muss einmal<br />

pro Saison auf den Acker, damit der<br />

Kontakt zur Basis lebendig bleibt. Das<br />

macht weiterhin viel Freude!<br />

MT: Herr Dr. Schmitz, ich danke<br />

Ihnen sehr <strong>für</strong> dieses Gespräch.<br />

16<br />

GS aktuell 166 • Mai 2024

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