Bildung für nachhaltige Entwicklung
GSa166_Mai24_ES
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Thema: <strong>Bildung</strong> <strong>für</strong> <strong>nachhaltige</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />
Konkrete Praxisbeispiele finden sich<br />
in der Zeitschrift Eine Welt in der Schule<br />
(siehe auch Oltmanns und Rentz in diesem<br />
Heft, S. 9, und ergänzend den Sammelband<br />
von Wulfmeyer 2020).<br />
Nachhaltige <strong>Bildung</strong> ist mehr als<br />
die Vermittlung von Wissen<br />
Ein zweites Missverständnis: Schule hat<br />
nicht nur fachlich über die Bedeutung<br />
der 17 Ziele zu informieren, vielmehr<br />
sind sie in drei Perspektiven zu entfalten,<br />
wenn Nachhaltigkeit auch didaktisch<br />
und pädagogisch wirksam werden soll:<br />
– als Thema von Unterricht und Projekten,<br />
– als methodisches Prinzip in alle Fächern<br />
(„<strong>nachhaltige</strong>s Lernen“) und<br />
– als Anspruch an die Gestaltung des<br />
Schullebens („<strong>nachhaltige</strong>r Alltag“).<br />
Das ist nicht anders als bei „demokratischer<br />
<strong>Bildung</strong>“. Will Schule lebenstaugliche<br />
Kompetenzen vermitteln,<br />
also auch zur Veränderung von<br />
Einstellungen und Verhalten beitragen,<br />
darf sie sich nicht in Wissensvermittlung<br />
erschöpfen. Sie muss konkrete<br />
Erfahrungsmöglichkeiten bieten.<br />
Auch bei <strong>nachhaltige</strong>r <strong>Bildung</strong><br />
geht es nicht nur um das Was, also die<br />
Frage nach den Themen einer fachlichen<br />
Aufklärung, sondern ebenso um<br />
das Wie – ganz analog zur Thematisierung<br />
der Kinderrechte in der Schule<br />
(s. Grundschule aktuell H. 159/ 2022, 3–<br />
6). „Nachhaltig“ ist <strong>Bildung</strong> erst dann,<br />
wenn sie etwas mit den Interessen und<br />
den Erfahrungen eines Menschen zu tun<br />
hat, seinen Fragen und Problemen, seinen<br />
Wünschen und Hoffnungen. Damit<br />
verbindet der Grundschulverband<br />
(2024) die Hoffnung:<br />
„Der Anspruch der Kinder auf allseitige<br />
<strong>Bildung</strong> verlangt die Schaffung von<br />
konkreten Erfahrungsräumen <strong>für</strong> <strong>nachhaltige</strong>s<br />
und umweltgerechtes Handeln.<br />
Die Partizipation der Kinder zu stärken<br />
und reflexives Handeln zu erzeugen, sind<br />
Aspekte der <strong>Entwicklung</strong> von Gestaltungskompetenz<br />
<strong>für</strong> die Zukunft. Dies betrifft<br />
auch und in besonderer Weise das Zusammenleben<br />
und -lernen im Ganztag.“<br />
Nachhaltigkeit ist dann nicht nur zeitlich<br />
im Sinne eines dauerhaft verfügbaren<br />
Wissens und Könnens zu verstehen, z. B.<br />
durch Üben und Wiederholen (Bönsch<br />
2014), sondern als qualitative Anforderung<br />
an die Art des Lernens – ganz im<br />
Sinne des „Orientierungsrahmens <strong>für</strong> den<br />
Lernbereich Globale <strong>Entwicklung</strong>“:<br />
„Wenn Schülerinnen und Schüler bei<br />
der <strong>Entwicklung</strong> von Kompetenzen <strong>für</strong> die<br />
Gestaltung ihres eigenen Lebens im Sinne<br />
<strong>nachhaltige</strong>r <strong>Entwicklung</strong> unterstützt und<br />
aktiv beteiligt werden sollen, kommt dem<br />
Miteinander in der Schule besondere Bedeutung<br />
zu. Schüler-Beteiligung an der Planung<br />
und Gestaltung von schulischen Vorhaben<br />
und Unterricht hat einen hohen Wert.“<br />
(Schreiber/Siege 2016, 419)<br />
Auch hier wird deutlich, dass „<strong>nachhaltige</strong><br />
<strong>Bildung</strong>“ nicht als bloß additives<br />
Plus zum traditionellen Fächerkanon<br />
missverstanden werden darf, sondern<br />
eng mit Konzepten wie „Friedenserziehung“<br />
(s. Grundschule aktuell H.<br />
161/2023), „Demokratie lernen“ und<br />
„Menschenrechtsbildung“ (s. Grundschule<br />
aktuell H. 159/2022) und „Öffnung<br />
des Unterrichts“ verbunden ist.<br />
Nachhaltigkeit als<br />
Anforderung im Alltag<br />
Insofern sind die 17 Ziele auch als<br />
Anspruch an die Gestaltung des Schullebens<br />
insgesamt zu lesen, wie der „Orientierungsrahmen<br />
<strong>für</strong> den Lernbereich<br />
Globale <strong>Entwicklung</strong>“ deutlich fordert<br />
(vgl. Schreiber/Siege, 2016, 412 ff.).<br />
Wieder in der Fokussierung des Schweizer<br />
„Lehrplans 21“:<br />
„Die Schülerinnen und Schüler engagieren<br />
sich in der schulischen Gemeinschaft<br />
und gestalten diese mit. Sie lernen,<br />
sich eine eigene Meinung zu bilden, eigene<br />
Anliegen einzubringen und diese begründet<br />
zu vertreten. Sie befassen sich mit dem<br />
Verhältnis von Macht und Recht, diskutieren<br />
grundlegende Werte und Normen<br />
und setzen sich mit Konflikten, deren<br />
Hintergründe sowie möglichen Lösungen<br />
auseinander.“<br />
Die Kinder gewinnen Einsichten und<br />
Kompetenzen, und sie übernehmen Verantwortung:<br />
● ob in einem Repair-Café, in dem sie<br />
sich kritisch mit dem eigenem Konsumverhalten<br />
auseinandersetzen, wenn<br />
sie Defektes selbst reparieren statt<br />
gleich wegzuwerfen, was nicht mehr<br />
funktioniert (s. Eine Welt in der Schule,<br />
Nr. 149/2021);<br />
● ob über die Versorgung von Pflanzen<br />
am Beispiel eines Nahrungsmittels<br />
(wie im „Kartoffelprojekt“, s. Eine Welt<br />
in der Schule, Nr. 143/2018) bzw. über<br />
die Versorgung von Haustieren (s. das<br />
„Hühnerprojekt“ in Eine Welt in der<br />
Schule, Nr. 151/2022), oder<br />
● ob über Erfahrungen mit Recycling<br />
und Weiternutzung bei der Organisation<br />
von Kleidertauschpartys, nachdem<br />
sie sich mit dem Kreislauf unserer<br />
Kleidung und <strong>nachhaltige</strong>n Ansätzen<br />
im Herstellungsprozess auseinandergesetzt<br />
haben (s. Eine Welt in der Schule,<br />
Nr. 147/2020).<br />
Es ist dieser Dreiklang von Aufklärung<br />
in der Sache, von Beteiligung an<br />
Entscheidungen und von Mitverantwortung<br />
<strong>für</strong> das Zusammenleben, der<br />
<strong>Bildung</strong> <strong>für</strong> eine <strong>nachhaltige</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />
erst nachhaltig macht.<br />
Quellen:<br />
Bönsch, M. (2014): Nachhaltiges Lernen<br />
durch Üben und Wiederholen. Schneider<br />
Hohengehren: Baltmannsweiler (3. Aufl.).<br />
GDSU (Gesellschaft <strong>für</strong> die Didaktik des<br />
Sachunterrichts) (Hrsg.) (2013): Perspektivrahmen<br />
Sachunterricht. Vollständig überarbeitete<br />
und erweiterte Ausgabe. Klinkhardt:<br />
Bad Heilbrunn (s. zum Überblick:<br />
https://gdsu.de/node/251, Abruf: 2.2.2024).<br />
Grundschulverband (2024): Standpunkt<br />
<strong>Bildung</strong> <strong>für</strong> Nachhaltige <strong>Entwicklung</strong> in der<br />
Grundschule – Auf dem Weg zu einer<br />
<strong>nachhaltige</strong>n Zukunft der <strong>Bildung</strong> (Entwurf).<br />
Schreiber, J.-R./Siege, H. (Red.) (2016):<br />
Orientierungsrahmen <strong>für</strong> den Lernbereich<br />
Globale <strong>Entwicklung</strong>. Hrsg. von Engagement<br />
Global im Auftrag der KMK und des BMZ.<br />
Cornelsen: Berlin (2. akt. und erw. Aufl.).<br />
Download: https://www.globaleslernen.de/<br />
sites/default/files/files/pages/orientierungsrahmen_fuer_den_lernbereich_globale_entwicklung_barrierefrei_0.pdf<br />
(Abruf: 2.2.2024).<br />
UNICEF (o. J.): Die globalen Ziele Für<br />
<strong>nachhaltige</strong> <strong>Entwicklung</strong>. Die zehn wichtigsten<br />
Fragen und Antworten. Download:<br />
https://www.unicef.de/informieren/<br />
ueber-uns/unicef-international/neueentwicklungsziele/entwicklungszieleverstaendlich-erklaert<br />
(Abruf: 2.2.2024)<br />
Wulfmeyer, M. (Hrsg.) (2020): <strong>Bildung</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>nachhaltige</strong> <strong>Entwicklung</strong> im Sachunterricht.<br />
Grundlagen und Praxisbeispiele. Schneider<br />
Hohengehren: Baltmannsweiler/Stuttgart.<br />
4 GS aktuell 166 • Mai 2024