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Bildung für nachhaltige Entwicklung

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Praxis: <strong>Bildung</strong> <strong>für</strong> <strong>nachhaltige</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />

Jaqueline Simon, Toni Simon<br />

Auf in die (Stadt)Wildnis!<br />

Wildnisbildung als Beitrag zu einer <strong>Bildung</strong> <strong>für</strong> <strong>nachhaltige</strong><br />

<strong>Entwicklung</strong> (BNE) – auch in der Primarstufe<br />

Zur Lösung der globalen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts wie Klimawandel,<br />

Naturkatastrophen, Ressourcenverknappung wird dem Leitbild der<br />

<strong>nachhaltige</strong>n <strong>Entwicklung</strong> eine große Bedeutung zugesprochen. Für die Umsetzung<br />

einer BNE werden seit mittlerweile 20 Jahren die besonderen Potenziale<br />

der Wildnisbildung diskutiert – dennoch ist diese Konzeption in der Primarpädagogik<br />

bisher weitgehend unbeachtet geblieben.<br />

Wildnisbildung knüpft am Thema<br />

Wildnis an, das u. a. bezogen<br />

auf Kernprobleme des globalen<br />

Wandels öffentlich, politisch und<br />

wissenschaftlich diskutiert und als geeignetes<br />

Thema <strong>für</strong> eine BNE gilt (DUK<br />

2015). Sie zielt auf das sinnlich-leibliche<br />

Erleben von wilder bzw. verwildernder<br />

Natur sowie darauf, dass komplexe Systemzusammenhänge<br />

verstanden, Nachhaltigkeitsfragen<br />

hinsichtlich des Mensch-<br />

Bei Wildnisbildung sollen keine eigenen<br />

Spuren hinterlassen, fremde ggf. sogar<br />

beseitigt werden. Doch was passiert mit<br />

diesem Schuh? Entfernt man ihn, oder ist<br />

er bereits ein Teil der Natur geworden?<br />

Zentrale Themenfelder der Wildnisbildung sind:<br />

Natur-Verhältnisses kritisch reflektiert<br />

sowie Möglichkeiten und Grenzen <strong>nachhaltige</strong>ren<br />

Handelns erörtert werden (vgl.<br />

Lindau/Mohs/Reinboth 2021).<br />

Was ist das Besondere<br />

von Wildnisbildung?<br />

Wildnisbildung entstand Anfang der<br />

2000er-Jahre als ein eigenständiger<br />

Bereich der Natur- und Umweltbildung<br />

in Nationalparks. Beeinflusst wurde sie<br />

von Konzeptionen wie z. B. der Umwelterziehung,<br />

dem Flow-Learning, der<br />

Rucksackschule oder der Öko-Umwelt<br />

Erlebnis- und Wildnispädagogik (vgl.<br />

Hottenroth/van Aken/Hausig/Lindau<br />

2017). Von diesen grenzt sich Wildnisbildung<br />

allerdings wie folgt ab:<br />

1. Sie bezog sich ursprünglich nur auf<br />

Jugendliche und Erwachsene und wurde<br />

nur in Nationalparks umgesetzt.<br />

2. Das Erleben wilder Räume und der<br />

Wirkmächtigkeit von Natur wird durch<br />

(zum Teil extreme) Grenzerfahrungen,<br />

also unvorhergesehene Situationen, die<br />

das Überschreiten persönlicher Grenzen<br />

verlangen und stark belastend sein<br />

können, verstärkt.<br />

a) das Ökosystem Wildnis<br />

b) die Wertschätzung von Wildnis<br />

c) Gerechtigkeit, Verantwortung und Empathie<br />

d) Wildnis als „Gegenwelt“<br />

e) Suffizienz (gezielter Verzicht z. B. auf Komfort wie fließendes Wasser oder Handys<br />

bzw. sparsamer Umgang mit Ressourcen und die Reflexion von Konsumverhalten)<br />

f) das eigene und das gesellschaftliche Mensch-Natur-Verhältnis<br />

Bezogen auf diese Themenfelder werden ökologische, ökonomische, soziale und politische<br />

Fragen in Zusammenhang mit dem Erleben von wilden bzw. verwildernden<br />

Räumen erörtert.<br />

Jaqueline Simon,<br />

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg,<br />

Lehrkraft <strong>für</strong> besondere Aufgaben<br />

Dr. Toni Simon,<br />

Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg,<br />

wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

3. Das Erleben des Kontrasts zwischen<br />

wilden und anthropogen genutzten Räumen<br />

(Grenz- und Kontrasterfahrung)<br />

wird angeregt.<br />

4. Eingriffe in die Natur müssen stets<br />

minimal bleiben (Prinzip „minimal<br />

impact“) und sind kritisch auf ihre Notwendigkeit<br />

zu prüfen (das <strong>für</strong> tradierte<br />

Umweltbildung geläufige Bauen eines<br />

„Tipis“ aus Totholz oder Landart werden<br />

daher eher als problematisch gesehen).<br />

Wildnisbildung – auch in der Stadt?<br />

Seit 2016 hält Wildnisbildung auch Einzug<br />

in den (sub)urbanen Raum sowie<br />

damit einhergehend in die Bereiche<br />

der Elementar- und Primarpädagogik.<br />

Wichtige Impulse hier<strong>für</strong> wurden mit<br />

dem durch die Deutsche Bundesstiftung<br />

Umwelt (DBU) von 2016 bis 2021 geförderten<br />

Projekt „Wilde Nachbarschaft“<br />

(www.mlu.de/495g7) gesetzt. Das Projekt<br />

verfolgte u. a. die Ziele der Wildnisbildung<br />

noch stärker als Strömung von<br />

BNE zu etablieren und sie auf Basis eines<br />

modernen Wildnisverständnisses räumlich<br />

zu entgrenzen – raus aus Nationalparks,<br />

rein in (sub)urbane Räume. Dem<br />

liegt das Verständnis zugrunde, dass<br />

Wildnis auch in kleinen Räumen und i. S.<br />

verwildernder Flächen vorkommt. Hier-<br />

28<br />

GS aktuell 166 • Mai 2024

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