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cthulhus ruf - Der dunkle Planet

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Am Rande von Garmisch stand die „Villa Diana“, ein<br />

Haus aus der Jahrhundertwende, das mit seinen<br />

Stuckverzierungen, Türmchen und Erkern keineswegs in<br />

seine Umgebung passte, dafür aber vollkommen jene<br />

architektonische Meinung ausdrückte, das Haus des<br />

Menschen sei eine künstliche, zu dekorierende Höhle. Im<br />

Innern wirkte es erheblich weniger panoptikal, da Elisabeth<br />

Achleitner eine lichte Behaglichkeit liebte und zum<br />

fassungslosen Entsetzen ihrer Haushälterin sogar auf Stores<br />

verzichtete, wenn sie auch noch weit davon entfernt war,<br />

wie unsere jungen Frauen von heute die Wohnung<br />

vorzugsweise als Maschine in Anspruch zu nehmen. Sie<br />

besaß keine Befugnisse, sich um Laboratorium und<br />

Menagerie zu kümmern., aber der Laborant Franz<br />

Niederreither duldete glücklicherweise auch dann keine<br />

Unsauberkeiten in seinem Bereich, wenn sie das Auge<br />

seines Herrn nicht wahrgenommen hätte – und Professor<br />

Ludwig Achleitner sah selten mehr als seinen Schreibtisch<br />

und seine Arbeitsplatte im Labor. Er bemerkte nicht einmal,<br />

wie sich Elisabeth Achleitner ständig bemühte, seine<br />

Umgebung zu verschönen, und überließ es seinem<br />

Assistenten, die passenden Lobesworte zu finden. Dr. Georg<br />

Loeser fand sie leicht, denn es fiel ihm täglich schwerer, die<br />

„Villa Diana“ zu einer schicklichen Stunde zu verlassen.<br />

Nun, Elisabeth Achleitner war eine bezaubernde junge Frau,<br />

ein noch mädchenhaftes Geschöpf mit schlanken Hüften<br />

und schönen Beinen, mit ausdrucksvollen grauen Augen in<br />

einem sehr hellen Gesicht und leicht bräunlichem Haar, das<br />

sich nach der Mode auf ihrem Kopf bauschte. Sie war etwas<br />

zart, aber völlig gesund, besaß ein heiteres Temperament,<br />

das durch eine damenhafte Haltung gebunden wurde, und<br />

verfügte über eine bewegliche Klugheit, ohne sie<br />

aufdringlich zur Geltung zu bringen. Kein Wunder, dass<br />

Ludwig Achleitner sie liebte, wenn er sie auch<br />

ursprünglich mehr deshalb geheiratet hatte, um die Sorge<br />

für das verwaiste Kind eines lieben Freundes auf ehrenhafte<br />

Weise zu bereinigen.<br />

Kein Wunder auch, dass Georg Loeser sie liebte. Ludwig<br />

Achleitner hatte die Fünfzig bereits überschritten. Für<br />

unsere heutigen Maßstäbe würde er trotzdem noch zur<br />

jungen Generation gehören, aber in seiner Zeit galt er schon<br />

fast als alter Mann und sah auch entsprechend aus. Er hielt<br />

seinen schmalen, etwas engbrüstigen Körper schlecht,<br />

hüstelte oft aus einer beginnenden Kurzatmigkeit heraus<br />

und wäre wohl kaum noch fähig gewesen, sich sportlich zu<br />

betätigen. Ein gestutzter, von grauen Haaren durchsetzter<br />

Vollbart und sehr graues Kopfhaar betonten sein Alter<br />

ebenso wie die tiefen Falten in den Wangen und die<br />

schlaffen Tränensäcke unter den Augen. Auch die zweifellos<br />

bedeutende Stirn trug tiefe Furchen, die sich nicht mehr<br />

glätteten.<br />

Ludwig Achleitner fand diesen Zustand angemessen,<br />

obgleich er seit Jahrzehnten danach strebte, ihn bei anderen<br />

zu ändern. Er kümmerte sich kaum um sich selbst und hätte<br />

wohl auch vor dem Spiegel kaum etwas Bedenkliches an<br />

sich gefunden. Die durchschnittliche Lebenserwartung lag<br />

damals bei sechzig Jahren, und während es unter der<br />

Herrschaft der Konservatoren für einen Angestellten unter<br />

vierzig praktisch unmöglich war, schon eine Anstellung zu<br />

erhalten, galt es zu seinen Lebzeiten für einen Angestellten<br />

über vierzig als<br />

ebenso unmöglich, noch eine Arbeit zu finden. Man<br />

unterstellte eine absinkende Leistungsfähigkeit, und vor<br />

diesem Maßstab durfte Ludwig Achleitner nicht unzufrieden<br />

mit sich sein, denn er fühlte sich wenigstens geistig noch<br />

vollkommen rüstig.<br />

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