cthulhus ruf - Der dunkle Planet
cthulhus ruf - Der dunkle Planet
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lief wie ein Schauer über seinen Körper und erstickte in<br />
einem Hüsteln.<br />
„Ja, ja“, sagte er nach einer Pause fahrig. „Nun, wir<br />
werden sehen, wir werden sehen. Ich möchte jetzt einige<br />
Stunden schlafen.“<br />
„Ja, das ist gut“, nickte sie ihm erleichtert zu und stand<br />
auf, um ihm fürsorglich behilflich zu sein. „Du musst in der<br />
nächsten Zeit viel schlafen. Und bitte, versprich mir, dass<br />
du nicht mehr an diesen Selbstversuch denkst.“<br />
„Ja, gewiss“, murmelte er wie geistesabwesend und<br />
drückte sich hoch. „Nein, danke, du brauchst mir nicht<br />
behilflich zu sein. Ich bin noch nicht so gebrechlich.“<br />
Damit ging er hinaus.<br />
Er schlief bis gegen Abend. Zum Abendessen erschien er<br />
recht frisch und verhielt sich so, wie ihn Elisabeth schon<br />
immer kannte. Er war ruhig, sanft und freundlich. Die<br />
Nervosität in ihm schien völlig abgeklungen zu sein. Nichts<br />
an ihm verriet seinen ungewöhnlichen Entschluss. Sie ließ<br />
ihn denn auch ohne Bedenken gehen, als er sich für eine<br />
halbe Stunde in sein Arbeitszimmer zurückziehen wollte.<br />
Er blieb keine halbe Stunde aus. Während Elisabeth<br />
ahnungslos über ihrem Stickrahmen saß, injizierte er sich<br />
nebenan fünf Kubikzentimeter Vitin. Er hätte sich ebenso<br />
gut einen Liter blanke Salzsäure in die Adern drücken<br />
können. Die ungeheuerliche Fahrlässigkeit und<br />
Maßlosigkeit dieses unkontrollierten Selbstversuches ließ<br />
nachträglich auf die Tiefe seiner inneren Verstörung<br />
schließen. Er war ein Amokläufer gegen sich selbst, ein<br />
durch jahrzehntelange Überarbeitung entnervter, brüchiger<br />
Mann, den jener Anblick der Liebenden zu einem<br />
manischen Kurzschluss gebracht hatte.<br />
Elisabeth Achleitner sah ihn plötzlich in der<br />
Verbindungstür stehen. Die Finger seiner rechten Hand<br />
krallten sich in das Holz, als müssten sie den Körper halten.<br />
Die andere Hand riss den Kragen auf. Sein sonst so blasses<br />
Gesicht glühte gefährlich rot. Die Augen quollen weit vor.<br />
Die Brille baumelte noch mit einem Bügel am rechten Ohr.<br />
Schweiß floss in Strömen über das Gesicht. <strong>Der</strong> Atem kam<br />
schwer und keuchend.<br />
„Ludwig?!“, schrie sie entsetzt auf, sprang hoch und eilte<br />
zu ihm hin. Er schwankte. Seine Knie knickten ein, aber er<br />
hielt sich noch.<br />
„Zuviel!“, lallte er. „Die Dosierung – zu stark.“<br />
Sie griff mit beiden Armen unter seine Achseln und<br />
versuchte, ihn zu halten. Sein Körper war wie in eine<br />
Dampfwolke gehüllt.<br />
„Herrgott, Ludwig?“, stammelte sie, während sie sich<br />
unter ihn stemmte. „Komm, auf den Diwan. Du hast doch<br />
nicht etwa …?“<br />
„Selbstversuch“, röchelte er, während er die linke Hand<br />
in seine Brust krallte. „Zu viel! Das Herz …!“<br />
Sie konnte ihn nicht halten. Er drehte sich seitlich ab,<br />
glitt aus ihren Armen und schlug auf den Boden. Sie blickte<br />
eine Sekunde lang verwirrt um sich, bevor ihr einfiel, dass<br />
die Haushälterin und Niederreither das Haus bereits<br />
verlassen hatten. Dann zerrte sie ihn hoch. Er war nicht sehr<br />
schwer, so dass sie ihn auf den Diwan ziehen konnte. Er<br />
rang schrecklich keuchend nach Luft und schien nicht bei<br />
Besinnung zu sein. Wieder blickte sie verwirrt um sich,<br />
dann rannte sie ins Arbeitszimmer zum Telefon. Auf dem<br />
Schreibtisch stand die Flasche mit dem Vitin. Daneben lag<br />
eine Injektionsspritze. Sie schreckte davor zurück, dann<br />
wählte sie mit zitternden Fingern. <strong>Der</strong> Arzt!<br />
Als sie ins Wohnzimmer zurückkam, hatte sich nichts an<br />
Achleitner verändert, nur wirkte das Gesicht jetzt mehr<br />
bläulich und die krallende Hand hatte das Hemd über dem<br />
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