cthulhus ruf - Der dunkle Planet
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andere. Erst der Eintritt Elisabeths machte das, was ihn<br />
untergründig trieb, wieder unruhig.<br />
„Herr Loeser sagte mir, dass du dich nicht wohl fühlst,<br />
Ludwig?“, begann sie vorsichtig. „Möchtest du nicht lieber<br />
herüberkommen? Du kannst es doch Niederreither allein<br />
überlassen, aufzuräumen?“<br />
Achleitner nickte stumm und stand auf, steckte die<br />
Flasche mit dem Vitin in seine Jackentasche und ging neben<br />
seiner Frau zum Wohnzimmer hinüber. Er sah grau und<br />
zerfallen aus und setzte die Füße, als sei er seiner Knie nicht<br />
mehr sicher. Es fiel nicht schwer, Mitleid mit ihm zu haben.<br />
Und Elisabeth Achleitner besaß außerdem ein schlechtes<br />
Gewissen.<br />
„Du siehst nicht gut aus, Ludwig“, tadelte sie besorgt.<br />
„Warum schonst du dich nicht mehr? Ich glaube, du bist<br />
wirklich überarbeitet.“<br />
„Hat er gesagt.“<br />
„Ja. Und dass du etwas tun willst, was du nicht<br />
verantworten kannst.“<br />
Achleitner behielt den Kopf gesenkt, aber er schielte<br />
unter den Brauen hindurch zu seiner Frau hinüber. Man sah<br />
ihr nichts an. Sie war frisch, rosig und harmlos wie jeden<br />
Tag. Man sah ihr nicht an, dass sie gestern Loeser<br />
leidenschaftlich geküsst hatte. Und sie hatte ihn sicher<br />
vorhin auch wieder geküsst, Man sah es ihr nicht an. Das<br />
verwirrte Achleitner und reizte ihn zugleich. Er gehörte<br />
noch zu den Männern, die in erotischen Angelegenheiten<br />
noch völlig in der Schablone ihrer Erziehung und ihrer Zeit<br />
dachten, und erwartete, dass ein ehebrecherischer Kuss ein<br />
Brandmal oder ein Kainszeichen hinterlassen müsste. Es<br />
wäre ihm völlig unmöglich gewesen, zu begreifen, dass eine<br />
Frau ebenso wie ein Mann – und noch viel besser als ein<br />
Mann – durch ein Abenteuer hindurchgehen kann, ohne sich<br />
dabei wesentlich zu verändern.<br />
Trotz seiner zunehmenden Gereiztheit neigte Achleitner<br />
nicht dazu, seiner Frau eine Szene zu machen. Auch das<br />
widersprach den Auffassungen seiner Zeit, die zwar die<br />
Frau nicht als vollwertig betrachtete, aber zugleich<br />
deswegen verlangte, dass man ihr eine besondere Nachsicht<br />
und Rücksichtnahme zubilligte. Frauen zählten mehr zu den<br />
törichten Kindern als zu den Erwachsenen, und Achleitner<br />
war dank seines Alters mehr als ein anderer bereit, die<br />
Unklugheit seiner Frau wie die eines Kindes zu behandeln.<br />
Gegen diese pädagogische Absicht flutete freilich immer<br />
wieder ein Schwall unklarer, wilder Erregungen an und<br />
gefährdete sie.<br />
„Du brauchst dich nicht zu beunruhigen“, sagte er ruhig.<br />
„Ich war vielleicht doch etwas nervös. Einige Stunden<br />
Schlaf werden das wieder in Ordnung bringen.“<br />
„Sicher“, atmete sie auf and lächelte ihn an. „Und dann<br />
unternehmen wir zusammen etwas, damit du einmal einige<br />
Tage lang nicht ins Labor kommst. Ich möchte gern wieder<br />
einmal nach München fahren, um Einkäufe zu erledigen.“<br />
„Ja, gewiss“, murmelte er, „wenn du Wert auf meine<br />
Begleitung legst …?“<br />
„Aber Ludwig?“, schüttelte sie nachdrücklich den Kopf,<br />
„Ich kann doch nicht in München allein im Hotel wohnen?<br />
Das gäbe ein Geschwätz! Bitte sei so lieb. Wir könnten<br />
gleich morgen fahren, nicht wahr?“<br />
„Ja, gewiss“, murmelte er abermals und überlegte dabei,<br />
welche Nebenabsichten sie wohl mit diesem Vorschlag<br />
verband. Hoffte sie, sich in München heimlich in<br />
irgendeinem fremden Hotel mit Loeser treffen zu können?<br />
„Wie nett von dir!“, freute sie sich. „Weißt du, ich<br />
komme mir schon schrecklich altmodisch vor.“<br />
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