cthulhus ruf - Der dunkle Planet
cthulhus ruf - Der dunkle Planet
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Die Erzählung bettet Elemente des Aberglaubens, der sich<br />
anhand einer Massensuggestion zur handfesten Wirklichkeit<br />
versteigert, in eine pseudo-dokumentarische<br />
Berichterstattung ein. Allerdings soll so das Geschehen<br />
nicht als Fabel entblößt werden. Vielmehr dient diese Art<br />
der Berichterstattung dazu, den Wahrheitsgehalt zu<br />
untermauern.<br />
In einem Dorf im italienischen Piemont geht die<br />
Befürchtung um, dass ein Vampir sein Unwesen treibt. Es<br />
folgen Attacken auf „aufgeregte Mädchen und junge<br />
Frauen“, schließlich stirbt eine Betschwester „ohne<br />
Priesterbeistand“. Ein winziges Loch im großen Zeh verrät<br />
den Vampir, der tatsächlich kurz darauf unterm Bett hervor<br />
gekrochen kommt. Die Dorfbewohner stellen dem Biest<br />
nach und bringen es nach einer wilden Jagd in der<br />
Bergeinsamkeit zur Strecke.<br />
Als Chronisten führt Kubin einen Heidelberger Studenten<br />
ein, der das Untier nach dessen Tode zu Gesicht bekommen<br />
haben will. Die akkurate Beschreibung, mit präziser<br />
Gewichtsangabe des Kadavers („24 ¾ Kilo“), unterstreicht<br />
noch den dokumentarischen Charakter der Geschichte.<br />
In dieser kleinen Skizze sitzt einfach alles. Sie ist ein<br />
Beispiel für Kubins Talent zur effektvollen Komposition.<br />
Verschiedene Stränge und Ebenen werden geschickt<br />
zusammengeführt und verwoben. Die Pseudo-<br />
Dokumentation durch die Be<strong>ruf</strong>ung auf den Studenten ist<br />
ein humoristischer Kunstgriff. Am Ende kann niemand<br />
nachweisen, dass es den Vampir nicht gegeben hat; der<br />
Versuch, den Balg zur Untersuchung nach Turin zu schicken<br />
scheitert jedenfalls: „Denn schon nach einigen Minuten<br />
entwickelte sich unter furchtbarem Geruch eine Zersetzung,<br />
die rapid auch Knochen und Haare ergriff, so dass nach<br />
wenigen Stunden nur noch eine unkenntliche, leimartige<br />
Fäulnismasse auf dem Boden lag.“<br />
Die Zitate stammen aus der Erzählung Die Jagd auf den<br />
Vampir. Entnommen: Alfred Kubin. Aus meiner Werkstatt.<br />
Gesammelte Prosa mit 71 Abbildungen. Herausgegeben von<br />
Ulrich Riemerschmidt. Nymphenburger Verlagshandlung.<br />
1973<br />
Literatur: Wilfried Seipel. Alfred Kubin. <strong>Der</strong> Zeichner. 1877<br />
– 1959. Edition Christian Brandstätter, Wien, München.<br />
1988<br />
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