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cthulhus ruf - Der dunkle Planet

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ingen? Nun, mein Samstag müffelte widerlich wie der<br />

Verfall am Fleischmarkt.<br />

Draußen goss es in Strömen. Sportwagen werden<br />

generell nicht für Regenwetter gebaut. Das Faltverdeck<br />

meines Midgets war undicht, und die Heizung hatte eine<br />

Woche zuvor den Geist aufgegeben. Damit nicht genug. Als<br />

ich über die Brücke nach Gateshead fuhr, verfiel der Radio-<br />

DJ gerade in den monotonen Reigen von Schnulzen, die den<br />

Einsamen dort draußen über die schlimmsten Stunden der<br />

Nacht hinweghelfen sollten. Allein schon die Augen<br />

aufzuhalten, bereitete mir Mühe. Ich war überhaupt nicht in<br />

der Stimmung, noch eine Runde weinerlichen Bullshit über<br />

mich ergehen zu lassen, also schaltete ich von Radio auf<br />

Tape um, und als ich die Split Crow Road erreichte, ließen<br />

mich The Surfing Brides wissen, alles werde gut, auch<br />

wenn die Welt untergehe.<br />

»Everything’s Fine (If The World Was Going To End)«<br />

ist ein erhebendes Lied, und die Wahl passte in diesem<br />

Augenblick recht gut zu meiner Laune. Dafür hatte ich das<br />

Auto voller Musik, die garantiert die Liebe mit keinem<br />

einzigen Wort bedachte.<br />

Ich wollte zu Hause sein und mich im Bett an Aimees<br />

weichen, zusammengerollten Körper kuscheln, statt<br />

verkrampft hinter dem Steuer durch Newcastles trostlose<br />

Parodie amerikanischer Großstadtgettos zu fahren – finstere<br />

Gassen, Brücken und Graffiti. Umrisse eines Vogels<br />

beanspruchten eine Seite der Fassade eines<br />

Wohnungshochhauses komplett für sich, da er mit seinen zu<br />

einem dreißig Fuß hohen V aufgespannten Flügeln am Dach<br />

des Gebäudes kratzte. Selbst der Schattenfall war bis ins<br />

Detail ausgearbeitet, wobei wohl nur Gott allein wusste, wie<br />

der Künstler dies hinbekommen hatte. Während der<br />

dreizehn Wochen, seit denen der Vogel dort prangte, war ich<br />

dieser Frage fast jeden Tag nachgegangen, ohne einer<br />

plausiblen Antwort näherzukommen.<br />

Die Ampel vorne am Kreisverkehr schaltete auf Rot um.<br />

Gähnend spielte ich noch mit dem Gedanken, sie zu<br />

überfahren, trat aber bereits auf die Bremse. Da sonst<br />

niemand unterwegs war, ließ ich die Grünphase<br />

verstreichen, während ich in den Taschen meiner Jacke auf<br />

dem Rücksitz kramte. Noch einen Tick weiter ausstrecken,<br />

schon hatte ich Zigarettenetui und Feuerzeug zur Hand. Die<br />

Vorliebe für Selbstgedrehte hege ich seit der guten alten Zeit<br />

als Student auf der Liverpooler Uni. Es ist ein beruhigender<br />

Prozess, seine eigenen Zigaretten zu drehen, sie anzuzünden<br />

und den Rauch wie einen Schleier vor die Augen steigen zu<br />

lassen. Ich kenne nach wie vor keine billigere Art der<br />

Therapie. Abgesehen davon bin ich kein Idiot. Ich lebe<br />

schon lange mit meiner Sucht und verglich die selbst<br />

gemachten Sargnägel immer gern mit Seelenklempnern für<br />

die Tasche. Falls jemand blöde genug war, mich darauf<br />

anzusprechen, sagte ich ihm: »So fällt es mir leichter<br />

aufzuhören.«<br />

Kann sogar sein, dass es stimmt, aber wenn nicht, ist es<br />

auch egal. Gelegentlich rauche ich gern mal eine und fühle<br />

mich gut dabei. Wenn die Ärzte sagen, meine Lungen seien<br />

vom Krebs zerfressen und meine Tage gezählt – nun, dann<br />

wäre es ohnehin zu spät. Vielleicht hätte ich längst anfangen<br />

sollen, meine hausgemachten Virginia-Leaf-Dübel im<br />

Akkord zu rauchen oder mir Nikotin intravenös zu spritzen.<br />

Während ich ein weiteres Gähnen unterdrückte,<br />

massierte ich mit der Faust mein schmerzendes Kreuz über<br />

dem Becken und streckte mich, um die Schultermuskulatur<br />

zu lockern. Ich war verbraucht und die vergangene Woche<br />

kam mir vor wie ein endloses Pendeln zwischen Gateshead<br />

und Klavierhockern in der Zivilisation. Zweimal London<br />

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