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Gruppe in Hochstimmung. Asiatische Kampfkunst hat zum Ziel, sich stark zu<br />
fühlen. In <strong>de</strong>n Pausen wer<strong>de</strong>n manche ganz schön übermütig.<br />
auf <strong>de</strong>n eigenen Körper zu hören und die<br />
Körpersprache <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>ren zu <strong>de</strong>uten.<br />
„Führen mit Elementen <strong>de</strong>r asiatischen<br />
Kampfkunst“ heißt das Seminar, das Anja<br />
Gräfin von Kanitz (langjährige Trainerin,<br />
2. Kyu im Karate/Shotokan; www.vonkanitz.<strong>de</strong>)<br />
gemeinsam mit Carola Kamuff<br />
(selbstständige Managementtrainerin,<br />
2. Dan im Karate/Shotokan; www.kamuff.<strong>de</strong>),<br />
zum ersten Mal für die <strong>Haufe</strong><br />
Aka<strong>de</strong>mie Freiburg ausprobierte. Sie <strong>de</strong>monstrieren<br />
eindrucksvoll, wie man mit<br />
wenigen Selbsverteidigungsgriffen aus<br />
schwierigen Situationen herauskommt.<br />
Die Teilnehmer sind von Anfang an begeistert.<br />
Mit je<strong>de</strong>m Griff steigt die Kampflust.<br />
„Auch in <strong>de</strong>r Wirtschaft wird attackiert<br />
und erobert, warum nicht einmal<br />
Karatemeister um Rat fragen?“, begrün<strong>de</strong>t<br />
ein Teilnehmer sein Interesse.<br />
Eine Abend- und eine Morgeneinheit sind<br />
genug, dass aus mühsam gespeicherten<br />
Abwehrgriffen Reflexe wer<strong>de</strong>n. In einigen<br />
Fällen reicht es schon, Stärke zu zeigen.<br />
Wer um seine stählerne Handkante und<br />
die tiefe Ruhe weiß, die aus <strong>de</strong>r asiatischen<br />
Kampfphilosophie resultiert, verkörpert<br />
automatisch mehr Selbstbewusstsein,<br />
ohne dass ein Kampf überhaupt<br />
noch nötig wer<strong>de</strong>n muss.<br />
Ein weiteres Zitat von Meister Funakoshi<br />
lautet: „Im Karate gibt es keinen ersten<br />
Angriff.“ Die Erfahrung ist erstaunlich,<br />
sagen die Teilnehmer. Tief ausatmen,<br />
wenn <strong>de</strong>r Hieb kommt. Schreien sollen<br />
wir. Den Kiai, <strong>de</strong>r Kampfschrei <strong>de</strong>r japanischen<br />
Karatekämpfer. Man kommt<br />
sich idiotisch vor, aber es hilft. Irgendwann<br />
traut sich selbst <strong>de</strong>r ruhigste in <strong>de</strong>r<br />
Gruppe lauter zu brüllen. Der Kraftzuwachs<br />
in diesem Moment ist enorm. Man<br />
kann die Kraft beeinflussen. Geschlagen<br />
wird nicht auf die Seminarteilnehmer. Wir<br />
tragen brav gepolsterte Handpratzen. Die<br />
wer<strong>de</strong>n bei Zielübungen, Geschwindigkeits-<br />
und Reaktionstraining eingesetzt.<br />
„Konzentriere dich auf das Ziel“, heißt es<br />
immer wie<strong>de</strong>r. Auch im Führungsalltag<br />
ein wichtiger Ansatz. Nicht auf die Pratze<br />
starren, wir konzentrieren <strong>de</strong>n Blick auf<br />
das Dahinter: Dort wollen wir hin. Je<br />
mehr wir durch das Hin<strong>de</strong>rnis wollen,<br />
<strong>de</strong>sto härter <strong>de</strong>r Schlag. Langsam einatmen,<br />
Muskeln anspannen. Manchmal tut<br />
es trotz<strong>de</strong>m weh.<br />
Beson<strong>de</strong>rs die meditativen Elemente<br />
haben einen positiven Effekt auf die psychische<br />
Stabilität. Am zweiten Tag erfahren<br />
wir noch vor <strong>de</strong>m Frühstück <strong>de</strong>n<br />
Transfer von weiteren Grundprinzipien<br />
<strong>de</strong>s Karate auf eine erfolgreiche Führung.<br />
Wir lernen, uns aus Angriffen und Zangengriffen<br />
zu befreien und aus Umklammerungen<br />
zu entkommen. Dabei ist es<br />
wichtig, einen stabilen Stand und eine<br />
gute Körperspannung zu haben, aber <strong>de</strong>nnoch<br />
flexibel zu sein. Selbstverteidigung<br />
und Entspannung wechseln sich ab.<br />
Halb wach lernen wir die nächste Weisheit:<br />
„Vergiss nie: Karate beginnt mit<br />
Respekt und en<strong>de</strong>t mit Respekt.“ Rituale<br />
schaffen Strukturen. Etwas bewusst beginnen<br />
und been<strong>de</strong>n taugt auch als Gesprächstechnik.<br />
Eine Geste <strong>de</strong>s Respekts<br />
vor <strong>de</strong>m Menschen, gegen <strong>de</strong>n wir gleich<br />
kämpfen sollen. Toni, <strong>de</strong>r Geschäftsführer,<br />
nimmt vor allem die mentalen Inputs<br />
mit. Im Kampf hat er für sich gelernt,<br />
Perfekte Koordination. Training in Kamuffs Frankfurter Dojo,<br />
<strong>de</strong>m Budocenter von Bun<strong>de</strong>strainer Efthimios Karamitos.<br />
Warnsignale früh zu erkennen, wenn ein<br />
Angriff auf ihn zukommt. Dirk, Führungskraft<br />
in einer großen Bank, fin<strong>de</strong>t die versprochene<br />
Souveränität. Wer ruhig bleibt,<br />
wenn ihm einer die Hän<strong>de</strong> um <strong>de</strong>n Hals<br />
legt und zudrückt, geht auch entspannt<br />
in schwierige Meetings – davon ist er jetzt<br />
überzeugt. Ergänzt wer<strong>de</strong>n die Kampfeinheiten<br />
durch klassische Gesprächstechniken<br />
und Rollenspiele, bei <strong>de</strong>nen etwa<br />
Stresssituationen wie Entlassungsgespräche<br />
nachgestellt wer<strong>de</strong>n.<br />
Zur Überraschung <strong>de</strong>r Teilnehmer reicht<br />
<strong>de</strong>r zweitägige Crashkurs, um ein großes<br />
Stück selbstbewusster und mutiger zu<br />
wer<strong>de</strong>n. Wir erfahren durch die vielfältigen<br />
Übungen, dass Kämpfen zum Erfolg<br />
führt. Dabei geht es immer um Verteidigung,<br />
nie um Angriff. Selbst aus <strong>de</strong>r Position<br />
<strong>de</strong>s Schwächeren kann man etwas<br />
machen. Ein Geheimnis <strong>de</strong>s Seminars:<br />
Schwäche kann durch die richtige Geisteshaltung<br />
– aber auch durch die richtige<br />
Technik – in Stärke verwan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n.<br />
„Bei mir wur<strong>de</strong> die Bereitschaft erhöht,<br />
mich nicht einschüchtern zu lassen, son<strong>de</strong>rn<br />
mich zu wehren“, sagt ein Teilnehmer,<br />
<strong>de</strong>r sich häufig als zu weich im Umgang<br />
mit Menschen fühlt und <strong>de</strong>r gerne<br />
lernen wollte, Nein zu sagen. Ein an<strong>de</strong>rer<br />
Teilnehmer lernte, in heiklen Situationen<br />
hektisches Verhalten abzulegen. Er erfuhr,<br />
dass Entspannung ein ganz wesentliches<br />
Element <strong>de</strong>r Krisenbewältigung sein<br />
kann. Wer sich entspannt, kann plötzlich<br />
die Lage beeinflussen. Selbst, wenn man<br />
nicht <strong>de</strong>r martialische Typ ist: Kämpfen<br />
macht Spaß.<br />
Mirjam Fischer<br />
06_2009 wirtschaft + weiterbildung 31