ANZEIGEN 14 KLEEBLATT · AUSGABE 12/2012
ÜBER GOTT UND DIE WELT Das KLEEBLATT sprach mit Uwe KellerDenecke Herr Keller-Denecke, was hat ein Pastor mit Erwachsenenbildung zu tun? Uwe Keller-Denecke: „Bildung hat einen sehr großen Stellenwert. Im Zentrum für Erwachsenenbildung bieten wir Seminare für Management, Kommunikation, Therapeutische Kompetenz, Altenhilfe, Ges<strong>und</strong>heit, Pädagogik, Glaubens <strong>und</strong> Lebensfragen, Kunst <strong>und</strong> Kreativität an. Dieses Arbeitsfeld hat mich sehr interessiert, deshalb habe ich mich nach 19 Jahren in der Auferstehungsgemeinde Döhren dazu entschlossen, einen neuen Weg zu gehen. Deshalb bezeichne ich mich selber gerne als BildungsPastor.“ Seelsorge ist auch ein Schwerpunkt Ihrer Arbeit. Sie haben eine Fortbildung in klinischer Seelsorge <strong>und</strong> haben für die Chatseelsorge der Landeskirche Hannover gearbeitet. Was kann man sich darunter vorstellen? Uwe Keller-Denecke: „Die Chatseelsorge mache ich noch immer, zusammen mit einem Team von Kollegen. Das ist ein anonymer Chatroom, in dem Menschen sich einem Pastor anvertrauen können. Montags <strong>und</strong> mittwochs in der Zeit von 20 bis 22 Uhr sind wir in dem Chat anzutreffen. Die Seite heißt www.chatseelsorge.de.“ Auf was für Menschen treffen Sie in diesem Chat? Uwe Keller-Denecke: „Das sind vor allen Dingen Menschen, die sich sonst eher nicht einem Pastor anvertrauen würden. Jedenfalls nicht, indem sie an der Pfarrhaustür klingeln. Aber durch die Anonymität trauen sie sich, zu erzählen. Häufig geht es um Beziehungssorgen, Trauer <strong>und</strong> Missbrauch.“ Einem Missbrauchsopfer können Sie aber schlecht im Chat helfen. Uwe Keller-Denecke: „Das ist richtig. Ich kann nur erste Hilfe leisten <strong>und</strong> versuche dann, Wege mitzugehen, die zu weiteren Hilfen in Beratung oder Therapie von Angesicht zu Angesicht führen. Was halten Sie persönlich eigentlich von Menschen, die nur zu Weihnachten in die Kirche gehen <strong>und</strong> sich sonst das ganze Jahr über nicht blicken lassen? Uwe Keller-Denecke: „Ich beginne meine Gottesdienste immer mit den Worten, „Seid alle ohne Ausnahme herzlich willkommen“ <strong>und</strong> das meine ich auch so. Die Menschen sind frei in ihrer Entscheidung, ob sie nun täglich in die Kirche gehen möchten, oder nur ein Mal im Jahr. Im übrigen heiße ich auch Mitglieder anderer Religionsgemeinschaften in der Kirche herzlich willkommen.“ In Ihrer Rolle als Pastor <strong>und</strong> als Seelsorger; wie erklären Sie Eltern von todkranken Kindern, dass es einen Sinn haben soll, dass ihr Kind sterben wird? Uwe Keller-Denecke: „Ich weiß nicht, ob dahinter ein Sinn steckt. Ich kann nur versuchen, bei der Suche nach Antworten zu helfen. Aber es gibt auch Momente im Leben, die bleiben stumm.“ LOKALES Sein neues Büro im Kellergeschoss des Stephansstifts wirkt noch etwas leer, beinahe spartanisch ist es eingerichtet. „Das passt doch zu einem Pastor. Bescheidenheit.“, sagt Uwe Keller-Denecke <strong>und</strong> grinst. Tatsächlich hatte er aber einfach noch keine Zeit, sich einzurichten. Seit dem 1. Oktober 2012 ist er der neue Pastor im Stephansstift Kleefeld, einer evangelischen Einrichtung für Alten- <strong>und</strong> Jugendhilfe sowie für Aus-, Fort- <strong>und</strong> Weiterbildung in Sozialberufen. Uwe Keller-Denecke hat hier den pfarramtlichen Dienst übernommen <strong>und</strong> arbeitet im pädagogischen Team des Zentrums für Erwachsenenbildung. Er ist verantwortlich für Gottesdienste, Seelsorge an Bewohnern <strong>und</strong> Mitarbeitern der Einrichtung <strong>und</strong> kirchlich-religiöse Angebote im Bildungsbereich. Unter anderem begleitet er den fünften Geburtstag des Sozialkaufhauses fairKauf in Hannover im kommenden Jahr. Aber die Religion hat doch sonst immer eine Antwort auf alles. Uwe Keller-Denecke: „Ich sage immer, „Wir antworten mit unserem Glauben auf die Zumutung des Lebens“. Wir wurden geboren ohne gefragt zu werden <strong>und</strong> wir sterben ohne gefragt zu werden. Alles, was dazwischen passiert, versuchen wir zu verstehen <strong>und</strong> zu gestalten. Der Glaube hilft vielen Menschen bei der Suche nach Antworten.“ Was ist eigentlich Nächstenliebe? Uwe Keller-Denecke: „Die Fähigkeit, dass mich das Schicksal eines anderen Menschen berührt, dass ich mich anrühren lasse <strong>und</strong> dann helfe, damit der andere sein Leben wieder selbst bestimmt führen kann.“ Dann ist es in unserer Gesellschaft aber schlecht um die Nächstenliebe bestellt. Warum fällt es vielen Menschen so schwer, zum Beispiel dem älteren Nachbarn Hilfe anzubieten? Uwe Keller-Denecke: „Da ist natürlich die Angst vor Zurückweisung. Vielleicht möchte der alte Herr ja gar keine Hilfe haben? Vielleicht weist er sie sogar weit von sich? Außerdem müssen wir uns mit uns selber auseinandersetzen, wenn wir einem fremden Menschen Hilfe anbieten. Es könnte passieren, dass wir dadurch Bekanntschaft mit uns selbst <strong>und</strong> unserer eigenen Not <strong>und</strong> Verletzlichkeit machen. Das schreckt viele Menschen ab.“ Vielen Dank! KLEEBLATT · AUSGABE 12/2012 15 ela