Sigrid Leuschner (Landtag) und Belgin Zaman - Kleeblatt
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VON KRÜMELN IN DER TASTATUR UND DEM EWIG GESTRIGEN<br />
Günter von Lonski zu seinem aktuellen HannoverKrimi „Eis!“<br />
Felder, Bäume <strong>und</strong> ein Stückchen Deister; das ist es, was man<br />
sieht, wenn man aus Günter von Lonskis Wohnzimmerfenster<br />
blickt. Eine idyllische Umgebung, in der Mord <strong>und</strong><br />
Prostitution so weit weg zu sein scheinen wie eine vietnamesische<br />
Reisplantage. Aber genau hier, an seinem Esstisch vor<br />
dem Fenster ist Günter von Lonskis Hannover-Krimi „Eis!“<br />
entstanden, in dem es um die Zwangsprostitution von Schulmädchen<br />
<strong>und</strong> brutale Zuhälter geht.<br />
Ein Tatort ist das Eisstadion am Pferdeturm. Hier wird ein<br />
Eishockeyspieler der Hannover Indians tot aufgef<strong>und</strong>en. Er<br />
war tief in das Geschäft der so genannten Loverboy-Szene<br />
verstrickt. Junge Mädchen werden emotional abhängig gemacht<br />
<strong>und</strong> zu Huren herangezogen; gehörig, für ein bisschen<br />
Zuneigung oder Drogen.<br />
Das KLEEBLATT sprach mit Günter von Lonski über die<br />
Entstehung seines neusten Krimis.<br />
KLEEBLATT: (ironisch) „Herr von Lonski, ich nehme an, die<br />
Hannover Indians waren schwer begeistert von Ihrem Buch?“<br />
Günter von Lonski: (lacht) „Nein, am Anfang waren sie das<br />
tatsächlich nicht. Ich glaube, als ich bei ihnen zu meinem Buch<br />
recherchiert habe, war ihnen nicht klar, was dabei herauskommen<br />
könnte. Aber die Geschichte ist völlig frei erf<strong>und</strong>en <strong>und</strong><br />
das haben am Ende auch alle verstanden.“<br />
Irgendwer muss ja schließlich das Böse verkörpern...<br />
Günter von Lonski: „In meinem Buch „Mord auf dem Schützenfest“<br />
sind die Schützen nicht besonders gut weg gekommen.<br />
Bei einer Lesung im Mosaiksaal im Rathaus Hannover<br />
waren viele von ihnen da <strong>und</strong> plötzlich wurde es ganz still im<br />
Saal. Das ist aber meistens nur der erste Schock, nach spätestens<br />
acht Wochen fragen alle, wann denn das nächste Buch<br />
raus kommt.“<br />
Warum die Indians? Sie hätten ja auch die Hannover 96 Spieler<br />
zu Loverboys machen können.<br />
Günter von Lonski: „Nein, ich hatte von Anfang an die Idee,<br />
dass das Buch etwas mit Eis zu tun haben muss. Ich habe mir<br />
die Kommissarin Kalenberger vorgestellt, in ihrer Bedrängnis<br />
<strong>und</strong> Hilflosigkeit <strong>und</strong> hatte plötzlich das Bild im Kopf, wie sie<br />
von meterhohem Eis umgeben ist.“<br />
Die Kommissarin Kalenberger ist ja auch recht speziell. Wie<br />
kommen Sie zu Ihren Figuren?<br />
Günter von Lonski: „Ich schreibe intuitiv. Wenn ich eine Figur<br />
entwickele,dann fließen da unterschiedliche Charaktere<br />
zusammen, die mir irgendwo einmal begegnet sind.“<br />
Erkennen Sich denn manche Menschen in Ihren Büchern<br />
wieder?<br />
Günter von Lonski: „Ja, das ist verrückt. Manchmal spricht<br />
mich jemand an <strong>und</strong> sagt: „Den kenne ich, über den Du da<br />
Foto: Carsten Schick<br />
BÜCHERECKE<br />
geschrieben hast! Ich weiß genau wen Du meinst!“ Tatsächlich<br />
ist die Figur aber frei erf<strong>und</strong>en.“<br />
Warum musste es ein Buch über die Loverboy-Szene sein?<br />
Günter von Lonski: „Ich mag Themen, die nicht so plakativ im<br />
Vordergr<strong>und</strong> stehen. Die Problematik der Loverboy-Szene ist<br />
vielen Menschen gar nicht bekannt <strong>und</strong> dass es so etwas auch<br />
in Hannover gibt, wollen sie gar nicht wissen.“<br />
Um welches nicht plakative Thema geht es dann im nächsten<br />
Buch?<br />
Günter von Lonski: „Um Betrug im Altenheim, um Abzocke,<br />
zum Beispiel durch Ärzte <strong>und</strong> kriminelle Rechtsanwälte.“<br />
Ich mache mir ernsthaft Sorgen um Sie, bald hängen Sie selber<br />
tot überm Zaun...<br />
Günter von Lonski: „Hoffentlich nicht. Bis jetzt hat mir noch<br />
nie jemand gedroht. Nur mal eine große Hannoversche Finanzfirma<br />
– hintenrum.“<br />
Ach, das geht ja noch. Kennen Sie eigentlich so etwas wie eine<br />
Schreibblockade?<br />
Günter von Lonski: „Schreibblockade? Ja, wenn mir Krümel<br />
in die Tastatur fallen <strong>und</strong> das S streikt. Das ist für mich eine<br />
Schreibblockade.“<br />
Worüber können Sie Sich so richtig ärgern?<br />
Günter von Lonski: „Über Menschen, die am Stammtisch mal<br />
eben die Weltprobleme lösen, die nicht wählen gehen <strong>und</strong> über<br />
politische Entscheidungen meckern <strong>und</strong> dann noch eben „die<br />
Griechen“ aus der EU schmeißen. Über Menschen, die im<br />
ewig Gestrigen leben, Vorurteile pflegen <strong>und</strong> vermessen sind.<br />
Darüber kann ich mich richtig ärgern.“<br />
Vielen Dank! Text <strong>und</strong> Interview: ela<br />
KLEEBLATT · AUSGABE 12/2012 61