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Sigrid Leuschner (Landtag) und Belgin Zaman - Kleeblatt

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Eine Tasse Luxus<br />

Dirk Ulbrich sortiert seinen Kaffee noch mit der Hand<br />

Krrr, krr. Es rattert leise, als die abgekühlten Kaffeebohnen über<br />

das Kühlsieb wandern. Die vier Metallarme drehen sich langsam,<br />

um auch ja keine Bohne zu übersehen. Das r<strong>und</strong>e Sieb ist so groß<br />

wie ein Kutschenrad. Direkt darüber befindet sich das Herzstück<br />

des alten Kaffeerösters aus dem Jahre 1949: Die zylinderförmige<br />

Trommel aus Metall. Der Trommelröster steht im Lager von Ulbrichs<br />

Kaffeehaus in der Südstadt. An den Wänden stapeln sich<br />

Metallboxen in den Schränken; eine Espressomaschine liegt neu<br />

lackiert auf dem Boden neben den Jutesäcken aus aller Welt. Der<br />

Duft von frischgeröstetem Kaffee liegt in der Luft.<br />

Geschäftsführer Dirk Ulbrich öffnet mit einer Kurbel eine Luke an<br />

der Seite der Trommel <strong>und</strong> zeigt ins Innere: „Das Ganze funktioniert<br />

wie eine sich drehende Bratpfanne.“ Nur das in diese Bratpfanne<br />

bis zu 21 Kilogramm Kaffee passen. In den alten Kaffeeröster<br />

füllt Ulbrich aber nicht mehr als 15 Kilo, um die Maschine<br />

nicht zu überlasten. Der Kaffee wird dann bei 180° bis 200° zwischen<br />

zehn <strong>und</strong> fünfzehn Minuten geröstet. Während sich dabei<br />

langsam das Aroma entfaltet, bauen sich ungewollte Bitterstoffe<br />

<strong>und</strong> Säuren ab.<br />

Die Bohnen auf dem Metallsieb haben die Röstung schon hinter<br />

sich <strong>und</strong> sind soweit abgekühlt, dass Ulbrich sie mit den Fingern<br />

berühren kann. An der rechten Seite öffnet er eine Klappe, durch<br />

die der Kaffee in einen Jutesack fällt. Erst wenn eine Röstung<br />

komplett abgekühlt <strong>und</strong> in Säcken verschw<strong>und</strong>en ist, kommt die<br />

nächste Ladung Kaffee in die Trommel.<br />

Die Kaffeebohnen glänzen dunkelbraun. Je nachdem, wie lange<br />

der Kaffee geröstet wird, entfaltet sich ein ganz eigenes Aroma.<br />

Hellbraune Bohnen schmecken milder, wohingegen fast schwarze<br />

Bohnen sich besonders gut für starken Espresso eignen. Durch die<br />

längere Röstung treten ätherische Öle aus den Bohnen aus.<br />

„Wenn der dann länger lagert wird der auch sauer“, erklärt Ulbrich.<br />

Er vergleicht den frisch gerösteten Kaffee mit einem Stück<br />

Butter, dass auch voller Fette <strong>und</strong> Öle steckt. „Das möchten Sie ja<br />

auch nicht mehr essen, nachdem es ein halbes Jahr einfach so im<br />

Regal gelegen hat.“<br />

Aber genau das ist Alltag in den Großröstereien. Bis zu einem halben<br />

Jahr lagert dort der Kaffee in vakuumierten Paketen. Vorher<br />

ist er fast im Minutentakt mit Heißluft bei 500° geröstet worden.<br />

Unangenehmer Nebeneffekt der schnellen Röstung: Hierbei entstehen<br />

Bitterstoffe <strong>und</strong> mehr Acrylamid, was schädlich für den<br />

Körper sein kann. Deshalb versucht Ulbrich den Kaffee schonend<br />

<strong>und</strong> langsam zu rösten.<br />

20 KLEEBLATT · AUSGABE 12/2012<br />

Handverlesene Kaffeebohnen<br />

Sein Betrieb ist eine von fünf privaten Röstereien in Hannover.<br />

Doch einen Fertigungsschritt gibt es nur noch bei Ulbrichs in<br />

der Südstadt. Die passende Maschine dafür steht vorne im Lager<br />

direkt an der breiten Fensterfront. Eine alte Sortiermaschine aus<br />

dem letzten Jahrh<strong>und</strong>ert, denn in der Südstadt wird jede Kaffeebohne<br />

noch mit der Hand verlesen. Dazu füllt der 47­Jährige den<br />

geröstete Kaffee in den hohen Trichter. Danach bewegen sich die<br />

Bohnen über ein Förderband direkt auf Ulbrich zu. Eine kleine<br />

Leselampe spendet Licht für die präzise Handarbeit. Dirk Ulbrich<br />

setzt seine dunkle Brille ab, um genauer hinschauen zu können.<br />

Mit geübtem Blick <strong>und</strong> flinken Fingern fischt er kleine Steinchen,<br />

zu helle oder zu dunkle Bohnen sowie Kaffeekirschen, also kugelr<strong>und</strong>e<br />

Bohnen, vom Förderband.<br />

Ulbrich beherrscht diese Arbeit fast im Schlaf, schließlich sortiert<br />

er Kaffeebohnen schon seit seinem achten Lebensjahr. Mit 13 Jahren<br />

hat er zum ersten Mal Kaffee geröstet. Für ihn war es selbstverständlich<br />

als Junge im Betrieb seiner Eltern mitzuarbeiten <strong>und</strong><br />

sich so etwas Taschengeld zu verdienen. Die Kaffeerösterei ist ein<br />

echter Familienbetrieb. Die kleinen braunen Bohnen bestimmen<br />

nun seit 2 Generationen die Arbeit der Ulbrichs.<br />

„Nur mein Bruder ist Teetrinker“, merkt der gelernte Einzelhandelskaufmann<br />

an. Dirk Ulbrich dagegen trinkt den ganzen Tag<br />

Kaffee, am liebsten schwarz.<br />

Von der Gartenlaube zum eigenen Kaffeehaus<br />

Angefangen hat 1955 alles in einer kleinen Gartenlaube in Hannover­Davenstedt.<br />

Dort betrieb Dirks Vater Erhard Ulbrich einen<br />

5­Kilo­Trommelröster, den er mit Propangasflaschen erhitzte.<br />

Seinen Kaffee verkaufte der Geschäftsmann an einem Stand ganz<br />

außen in der Markthalle. Ulbrich zeigt eine Originalwerbeanzeige<br />

aus den 50er Jahren.<br />

Ein Jahr später eröffnete Ulbrich in der Südstadt seine eigene Rösterei.<br />

Da das Geschäft hervorragend lief, weitete er sein Geschäft<br />

nach Limmer aus <strong>und</strong> kaufte den großen Trommelröster, der heute<br />

in der Südstadt steht.<br />

Als Dirk Ulbrich 1965 geboren wurde, gab Ulbrich Senior den<br />

Marktstand auf <strong>und</strong> konzentrierte sich aufs Rösten des Kaffees.<br />

Auch den Sohn ließ das Thema Kaffee nicht mehr los. Nach einer<br />

Ausbildung im Feinkostgeschäft Backhaus fing er 1988 als Angestellter<br />

im Betrieb seiner Eltern an <strong>und</strong> wurde schließlich der<br />

Nachfolger seines Vaters. Auch Ulbrichs Frau Heike bedient die<br />

K<strong>und</strong>en im Kaffeehaus, das seit 13 Jahren an die Rösterei angeschlossen<br />

ist.

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