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7. Jahrgang, Heft 2 (Juli 1977) - CatholicaPedia

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DER AUFSTAND DER MASSEN<br />

von<br />

Dr. Joachim May<br />

- 85 - VII<br />

I.'<br />

"Europa glaubt an keine sittliche Normen mehr. Nicht daß der Massenmensch eine veraltete<br />

Moral zugunsten einer emportauchenden verachtete; im Zentrum seiner Lebensführung<br />

steht gerade der Anspruch, ohne moralische Bindung zu leben. Glaubt der Jugend<br />

kein Wort, wenn ihr sie von der neuen Moral reden hört! Ich leugne rundweg,<br />

daß heute in irgendeinem Winkel des Erdteils eine Gruppe existiert, die ihr Gesetz<br />

von einem neuen Ethos empfinge. Wenn man von der neuen Moral spricht, begeht man eine<br />

Unmoral mehr, indem man auf die billigste Weise eine Moral einzuschmuggeln versucht<br />

.... Unsittlichkeit steht äußerst niedrig im Preis, und jeder beliebige prunkt damit.<br />

Man (wird) unter allen denen, die wahrhaft in dieses Jahrhundert gehören,<br />

keinen einzigen finden, dessen Haltung zum Leben sich nicht dahin zusammenfassen<br />

ließe, daß er jedes Recht und keine Pflicht zu haben glaubt. Gleichgültig ob er<br />

als Reaktionär oder als Revolutionär maskiert ist, nach einigem Hin und Her wird<br />

er mit Entschiedenheit jede Verpflichtung ablehnen und sich, ohne daß er selbst<br />

den Grund dafür ahnte, als Träger unbeschränkter Rechte fühlen."<br />

2. "Dies ist in der Tat ein Zeitalter der universellen Erpressung, die sich zweier<br />

einander ergänzender Mittel bedient: es gibt eine Erpressung durch Gewalt und eine<br />

Erpressung vermöge des Nichternstnehmens. Eines wie das andere geht auf das gleiche<br />

Ziel: daß das Inferiore, der gewöhnliche Mensch, sich von dem Zwang jeder Unterordnung<br />

befreit fühlen kann."<br />

3. "Sich der Moral schlechthin zu entschlagen, ist unmöglich. Was man mit einem<br />

selbst grammatisch verkehrten Wort Amoral nennt, ist ein Dinge, das es nicht gibt.<br />

Wenn Sie keine Norm anerkennen wollen, müssen Sie, nolens volens, zu dieser Norm<br />

stehen, daß Sie jede Moral leugnen; und das ist nicht Amoral, sondern Unmoral ...<br />

Wie konnte man an die Amoralität des Lebens glauben? Zweifellos weil die ganze<br />

moderne Kultur und Zivilisation zu dieser Überzeugung hinführen. Jetzt erntet Europa<br />

die schmerzlichen Folgen seines geistigen Verhaltens. Es hat sich vorbehaltlos<br />

einer glänzenden, aber wurzellosen Kultur verschrieben ..."<br />

Zu den Geistern, die den Untergang des Abendlandes, dessen Zeugen wir sind, prophetisch<br />

vorausgesehen und angekündigt haben, gehört neben Kierkegaard, Nietzsche,<br />

Spengler auch der spanische Kulturphilosoph Ortega y Gasset, von dem die oben zitierten<br />

Zeilen (aus Aufstand der Massen) stammen.<br />

Die Entartung der Freiheit zu Enthemmung, nicht nur im sexuellen Bereich, der Materialismus<br />

im Denken und Tun, die Deformation der Religion zu einr verschwommenen<br />

Art von Ethik, der Irrweg von der Nächstenliebe über die "Mitmenschlichkeit" zum<br />

Kollektiv, der fortschreitende Sieg der Mittelmäßigkeit, ja der Massen, die sich<br />

ihrer Gewöhnlichkeit und Primitivität bewußt, erfolgreich danach streben, das Recht<br />

der Gewöhnlichkeit überall durchzusetzen (heute gibt es Funktionäre in höchsten<br />

Ämtern, auch im katholischen Klerus, die es vor einigen Jahrzehnten nicht weiter<br />

gebracht hätten als bis zum Unteroffizier, Kanzleivorsteher oder Parterre-Akrobaten)<br />

und alles Elitäre verdrängen - das und andere Entwicklungen führen in den<br />

Abgrund. Zwar fehlt es nicht an Warnern, und gerade unter den katholischen Bischöfen<br />

gibt es der Lamentierer genug, die jammern und klagen, aber: "Man spielt Tragödie,<br />

weil man die wirkliche Tragödie in unserer zivilisierten Welt für unwahrschein-><br />

lieh hält." (Ortega) Diese besteht darin, daß technisch-zivilisatorische, politische,<br />

wirtschaftliche usw. Entwicklung und geistig-seelische, sittlich-moralische Entwicklung<br />

des Menschen weit auseinanderklaffen. "Bleibt dieser Menschentypus weiter<br />

Herr in Europa, gibt er endgültig den Ausschlag, so werden dreißig Jahre genügen,<br />

damit unser Erdteil in die Barbarei zurückfällt."<br />

Es kann nur ein Ziel geben: die Änderung des Menschen in Geist, Gemüt und Seele.<br />

Der Weg dazu besteht einzig und allein in der unverfälschten Verkündigung und Beachtung<br />

der Gebote Gottes. Bis zum letzten Konzil war die katholische Kirche die<br />

einzige Institution, die die Wahrheit der göttlichen Offenbarung besaß und vertrat.<br />

Seitdem ist auch die Wahrheit zerschlissen, umgemodelt, verfälscht oder geleugnet,<br />

niemand hat sie mehr, alle sind auf der Suche nach ihr, das Chaos des "Dialogs"<br />

herrscht.

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