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7. Jahrgang, Heft 2 (Juli 1977) - CatholicaPedia

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"WIE SOLLTE ICH DAS VERSTEHEN KÖNNEN WENN MICH NIEMAND ANLEITET?"<br />

(APOG.8,31)<br />

von<br />

Hermann Schrott<br />

- 89 - VII<br />

So antwortete einst der Schatzmeister der Königin von Äthiopien<br />

auf die Frage des Philippus, ob er den Propheten Isalias, den er gerade<br />

las, auch vprstihe. So müssen heute aber auch wir sagen, obwohl wir<br />

keine Heiden mehr sind. Denn weder unsere Theologen leiten uns zum<br />

rechten Verständnis der Hl. Schrift an, noch tun dies unsere sog.<br />

Bischöfe. Man schreit zwar lautstark, der Tisch des Wortes werde nun<br />

reichlicher gedeckt, aber das ist pure Heuchelei. Denn wer genauer<br />

hinsieht, bemerkt, daß man aus der Hl. Schrift heute eine ganz einseitige<br />

Auswahl trifft, daß die Übersetzungen häufig gefälscht sind<br />

und daß man die traditionelle Auslegung völlig fallen läßt. Und gerade<br />

auf letztere hat die Kirche von jeher den allergrößten Wert gelegt<br />

und sie hat sich stets gegen die protestantische Vorstellung<br />

gewehrt, daß das<br />

ben sei. Der hl.<br />

Zusammenhang den<br />

stände verkünden<br />

werker, nur die<br />

Verstehen der Hl.Schrift mit dem Lesen schon gege-<br />

Bellarmin (De verbo Dei VI, 15) zitiert in diesem<br />

hl. Hieronymus, der gesagt hat: "Ärztliche Gegendie<br />

Ärzte, handwerksmäßige behandeln die Hand-<br />

Kunst der Schriftauslegung maßen sich allenthalben alle<br />

an", und fährt dann fort: "Diese Klage des Hieronymus findet hauptsächlich<br />

Anwendung in Deutschland und Frankreich. Denn alle Handwerker<br />

nicht nur Männer, sondern auch Frauen haben die Schriften in<br />

der Hand, lesen dieselben und verbinden sofort mit der Unwissenheit<br />

noch unge lehrigkeit und Anmaßung. Weil sie nämlich die Worte des<br />

Apostels hersagen und die Bücher und Kapitel anführen können, so<br />

glauben sie alles zu wissen und dulden gar keine Belehrung ...<br />

Aber das Volk versünde die Propheten, Psalmen und das Andere, was<br />

in der Kirche gelesen wird auch in der Muttersprache nicht. Denn<br />

wir verstehen wegen der Kenntnis des Lateinischen nicht sogleich die<br />

Schriften, außer wir lesen oder hören die Aus leger".Wer sind nun<br />

diese Ausleger, die uns von unseren Theologen und Bischöfen vorenthalten<br />

werden?<br />

1. Der Matthäuskommentar des hl. Joh. Chrysostomos wertvoller als<br />

die Stadt Paris!<br />

Bekannt ist jene Szene aus dem Leben des hl. Thomas<br />

von Aquin, die sich einst auf dem Weg nach Paris abspielte, als<br />

Thomas von einem Ordensbruder auf die (damalige!) Schönheit dieser<br />

Stadt hingewiesen wurde mit den Worten: "Vater, wie schön ist die<br />

Stadt Paris! Wenn sie doch euer wäre!" und darauf trocken erwiderte:<br />

"Was sollte ich schon mit ihr machen!" "Ihr könntet sie dem König von<br />

Frankreich verkaufen und von dem Geld könntet ihr lauter Häuser der<br />

Predigerbrüder bauen," meinte nun der Bruder, aber Thomas entgegnete<br />

seelenruhig: "In Wahrheit möchte ich viel lieber die Erklärung des<br />

hl. Johannes Chrysostomos zum Matthäus-Evangelium haben".<br />

Heute hat man zwar viele Kommentare der Kirchenväter,<br />

die Thomas so sehnlich begehrte, aber man möchte nun auf einmal doch<br />

lieber die Stadt Paris haben, sei es, weil man sich zu der Eitelkeit<br />

der Welt doch mehr hingezogen fühlt, sei es weil man ganz in<br />

äußerer Betriebsamkeit aufgehen möchte unter größtmöglicher Zurückstellung<br />

der Betrachtung der Wahrheit.Die Geschichte hat freilich<br />

schon ihr Urteil gesprochen, denn der Bau, den Thomas von Aquin<br />

mit Hilfe der Hl. Schrift, der Kirchenväter aufgebaut hat, erwies<br />

sich als unendlich segensvoller für die Kirche als Hunderte von Gebäuden,<br />

die man damals für die Dominikaner hätte bauen lassen können!

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