Volltext (PDF) - Deutsches Institut für Erwachsenenbildung
Volltext (PDF) - Deutsches Institut für Erwachsenenbildung
Volltext (PDF) - Deutsches Institut für Erwachsenenbildung
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
30<br />
Hannes Kallenborn:<br />
„Und dadurch wird der Tag <strong>für</strong> mich unwahrscheinlich<br />
in die Länge gezogen, wo Zeiten dazwischen<br />
sind, wo man zwar was machen kann, aber so richtig<br />
zum Zuge hinternander ooch nicht kommt. Man gerade<br />
mal was zwischenschieben, aber irgendwie sind<br />
die Tage länger geworden, so daß wir <strong>für</strong> die Kinder<br />
am Nachmittag relativ wenig Zeit haben, früher hatten<br />
wir mehr Zeit über den Nachmittag oder konnten<br />
uns das so einrichten. Das hat sich, glaube ich, in der<br />
Entwicklung der großen Tochter sehr positiv bemerkbar<br />
gemacht. Wir müssen eben jetzt ziemlich stark daran<br />
arbeiten, daß wir auch die Kleene nicht ganz vergessen,<br />
vor lauter beruflicher Arbeit hinten runter rutschen<br />
lassen. Und das ist im Moment eine ganz schwierige<br />
Geschichte, das hinzukriegen.“<br />
Hannes Kallenborn:<br />
„Grundprinzip bleibt bis zum bitteren Ende der<br />
humane Gedanke. Früher war daneben auch noch der<br />
Gemeinschaftsgedanke dabei. Der Gedanke ist eigentlich<br />
damals ganz stark im Vordergrund gewesen, daß<br />
es nicht nur um einen selber geht, sondern daß das<br />
Wohl-Sein in der Gemeinschaft da reinerzogen wird.<br />
Und daß man da in der Gemeinschaft auch mal zurückstecken<br />
muß. Daß da nicht jeder der erste sein<br />
kann. Das sind diese Probleme, und die würde ich heute,<br />
aus der heutigen Sicht, doch etwas abgeschwächt<br />
sehen wollen und in der Erziehung umsetzen. Ich würde<br />
eigentlich heute neben dem humanen Gedanken<br />
auch einen Gedanken, ich sag mal, Ellenbogenegoismus<br />
mit reinbringen wollen. Zwar nicht vordergründig so,<br />
daß nur dieser Gedanke eine Rolle spielt, aber daß der<br />
in einem ganz gesunden Verhältnis, in ganz bestimmten<br />
Situationen auch da sein muß. Und auch die<br />
Fähigkeit, das zu tun an der richtigen Stelle, muß auch<br />
erziehungsmäßig eingebracht werden.“<br />
Anja Kallenboren:<br />
„Da hab ich eigentlich nur gefragt, dann wollte Vati<br />
was antworten und Mutti was antworten, und da haben<br />
sie sich so in die Wolle gekriegt, weil jeder was anderes<br />
gedacht hat, und da wußte ich am Schluß nicht,<br />
was ich nehmen soll als Antwort. Ich meine, das passiert<br />
öfter, daß man keine Antwort kriegt.“<br />
In den akustischen Materialien wird deutlich,<br />
daß spezifische Beziehungsmuster, die sich in der<br />
DDR-Zeit herausgebildet haben, brüchig werden,<br />
wenngleich der einzelne sich das nicht immer eingesteht.<br />
So resümiert Hannes Kallenborn über seine<br />
veränderte Tätigkeit als Lehrer.<br />
Die Besonderheiten der Umbruchsituation wirken<br />
sich belastend auf die Betroffenen aus. Gerade<br />
in den Familien der 30- bis 45jährigen Eltern mit<br />
schulpflichtigen Kindern zeigen sich deutliche<br />
Spannungsfelder bei der Bewältigung der familialen<br />
Anforderungen. Der Einfluß, die Erfahrungen und<br />
der Lebensweg mit unterschiedlichen gesellschaftlichen<br />
Systemen, erworbene Denk- und Handlungsweisen,<br />
Verhaftetbleiben in der Vorstellungswelt lassen<br />
sich in allen Porträts und Themenschwerpunkten,<br />
graduell unterschiedlich, als Ursache da<strong>für</strong><br />
erkennen. Das drückt sich sowohl im reinen<br />
Sachgehalt als in der Wahl der stilistischen Mittel<br />
aus. Als Beleg hier<strong>für</strong> mag der Gedankengang von<br />
Hannes Kallenborn stehen.<br />
Die erhöhten Spannungen in der Familienkommunikation<br />
wirken sich auch auf die Kinder aus.<br />
Autorität wird brüchig, wenn die beiden Elternteile<br />
sich widersprechen. Davon berichtet Anja Kallenborn.