Volltext (PDF) - Deutsches Institut für Erwachsenenbildung
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‚Gleichberechtigung‘ als Propaganda abgetan: dergleichen<br />
braucht ‚man‘ sich nicht mehr gefallen zu<br />
lassen.<br />
– Chance/Risiko: er hat seit dem Mauerfall familiär<br />
‘Nasse’ gemacht, <strong>für</strong> ihn ging es seitdem bergab; er<br />
hat daran weiterhin zu knacken und wartet ab,<br />
Chancen sieht er in seinem persönlichen Bereich<br />
sehr wenige<br />
– Kommunikation: Außendruck / Binnenkommunikation:<br />
ob während der DDR-Zeiten oder in der<br />
Umbruchperiode nach 1989 – das Zusammenstehen<br />
der Partner führt nicht zu einer engen, nahen<br />
Kommunikation; nachdem die Phase materieller<br />
Unsicherheit <strong>für</strong> die Liedtkes vorbei ist, machen<br />
sich heute Kommunikationslücken, wenn nicht<br />
-leere im Verhältnis zu den Kindern bemerkbar<br />
– Kinder: der Vater glänzt durch äußere bzw. innere<br />
Abwesenheit; zwar macht er zwischen seinem<br />
leiblichen Sohn und den beiden älteren Kindern<br />
keinen Unterschied, doch entsteht vom Vater her zu<br />
den Kindern über lange Jahre kein inneres Verhältnis;<br />
die Kinder fühlen sich im Laufe der Zeit mit<br />
ihren Wünschen abgestoßen und geben es auf, sich<br />
an den Vater zu wenden; erst in der Krisensituation<br />
erinnert sich der Vater der Kinder: im Streit wird um<br />
die Kinder gezerrt<br />
– Gewalt in der Familie: auch <strong>für</strong> Disziplin und Bestrafung<br />
ist nicht das männliche ‚Familienoberhaupt‘<br />
zuständig; ‚man‘ schaut zu, wie frau die Kinder<br />
prügelt und sich dabei selbst wehtut<br />
– Familiengründung: um schnell weg von den eigenen<br />
Eltern zu kommen, gründet ‚man‘ wie ‚frau‘<br />
eine Familie; das Single-Sein wird erst nach Scheitern<br />
der Ehe zum ersten Mal ausprobiert.<br />
– Westverwandte: vor der Wende gab es lustige Familienfeiern<br />
mit Tantchen aus dem Westen<br />
– Scheidung: zu DDR-Zeiten als Makel empfunden;<br />
enge moralische Maßstäbe aus seinem Herkunftsdorf<br />
(Mark Brandenburg) machen nach der Wende<br />
westlichen, großstädtischen Vorstellungen Platz<br />
Christian Liedtke<br />
Angaben <strong>für</strong> Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer:<br />
– 15 Jahre, Schüler, Potsdam<br />
– Bruder Mike, 16 Jahre, Auszubildender<br />
– Bruder Tino, 10 Jahre, Schüler<br />
Interpretationsangebot <strong>für</strong> Kursleiterinnen und<br />
-leiter:<br />
– Kinder a) Kommunikation: Christian spricht nicht<br />
mit Eltern über Probleme, erhielt von klein auf wenig<br />
Zuwendung: viele Wohnortwechsel sorgten <strong>für</strong><br />
Beziehungsunsicherheit, von früh an in Hort und<br />
Kindergarten, Schlüsselkind; entzieht sich bei Problemen;<br />
nach Bestrafung muß er <strong>für</strong> sich allein „abstinken“;<br />
rasch wechselnde Interessen (CB-Funk,<br />
Schülerfunk, Disko etc.)<br />
– Kinder b) Autorität der Erwachsenen zerbricht:<br />
Christian kommt nicht nach Hause, nachmittags<br />
nicht und teils auch nachts nicht; Strafen der Mutter;<br />
auch Autorität der Lehrer angeknackst: Christian<br />
entzieht sich der Schule<br />
– Kinder c) eigene Welt aufbauen: Interesse <strong>für</strong> CB-<br />
Funk; sich in Cliquen herumtreiben; Interesse an<br />
illegalen Autorennen in Ludwigsfelde; nachts nicht<br />
nach Hause kommen: sucht Vaterersatz bei älteren<br />
Männern<br />
– Gewalt: Christian schreibt einen brutalen, blutrünstigen<br />
Schulaufsatz nach dem Motto: „ist doch<br />
besser, nur in der Phantasie...“<br />
8.2 Familie Schindler<br />
Annegret und Rudolf Schindler<br />
Angaben <strong>für</strong> Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer:<br />
– Annegret Schindler: 44 Jahre, Polizeibeamtin in<br />
Berlin (Ost)<br />
– Rudolf Schindler: 45 Jahre, ehemaliger Polizeibeamter,<br />
heute Fahrlehrer, Berlin (Ost)<br />
Interpretationsangebot <strong>für</strong> Kursleiterinnen und<br />
-leiter:<br />
– Risiken der Umbruchzeit: Mann wegen Übergewicht<br />
nicht übernommen, dann zeitweise arbeitslos;<br />
sie: starke ideologische Umorientierung als (Ex-<br />
Volks-)Polizistin notwendig, er: Saisonarbeiter; sehen<br />
sich als Einheitsverlierer: starke Identifizierung<br />
mit der DDR, Nostalgie<br />
– Kommunikation: doppelte Kommunikation zu<br />
DDR-Zeiten: kein West-Fernsehen; heute macht<br />
sich im Verhältnis von Außendruck und Binnenkommunikation<br />
eine Verhärtung gegenüber der<br />
feindlichen Außenwelt bemerkbar, die Eltern über-