Volltext (PDF) - Deutsches Institut für Erwachsenenbildung
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tionelle Ein-Verdiener-Familie mit dem Mann als<br />
Familienoberhaupt gedrängt. Die Familie kann dies<br />
bisher zwar auffangen (Versuch der sanften Anpassung),<br />
aber es droht die Gefahr eines Auseinanderdriftens:<br />
Mann mit außerhäusigen Hobbys, Frau als<br />
Verliererin. Innerhalb des größeren Familienverbandes:<br />
Frauen geraten in Konflikte mit den<br />
Frauen der Vor-Generation (Schwiegermütter-Syndrom)<br />
– Kinder: Erziehungsmaßstäbe liberalisiert; Sohn:<br />
entzieht sich mehr und mehr; (übergroße) Sorge um<br />
schädliche Einflüsse aus dem Westen (Drogen, Gewalt)<br />
– Gewalt: taucht in der Familie nicht auf, aber die<br />
Frau erlebt sie sehr stark bei der Arbeit<br />
– Familiengründung: sehr vieles „hat sich ergeben“,<br />
scheint wenig bewußt gewählt oder gar geplant zu<br />
sein<br />
– Westverwandte: gibt es nicht, die Rinks sind noch<br />
kein einziges Mal in den Westen gereist (außer <strong>für</strong>’s<br />
Begrüßungsgeld)<br />
Ralf und Stefanie Rink<br />
Angaben <strong>für</strong> Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer:<br />
– Ralf Rink: 15 Jahre, Schüler, Glauchau<br />
– Stefanie Rink: 9 Jahre, Schülerin, Glauchau<br />
Interpretationsangebot <strong>für</strong> Kursleiterinnen und<br />
-leiter:<br />
– Kinder: Kommunikation Stefanie: Kommunikation<br />
mit ihrem Bruder tendiert gegen Null, hängt<br />
ansonsten vor dem Fernseher; Ralf: ehemals strenge<br />
Erziehung liberalisiert sich; entzieht sich Eltern,<br />
kommunikative Leere; es gibt keinen offenen Konflikt,<br />
Ralf bleibt „brav“, doch er flüchtet aus der<br />
Langeweile des Elternhauses in den Jugendtreff<br />
– Kinder: eigene Welt Ralf: baut sich eine eigene Welt<br />
mit seiner Clique auf; sieht sich als Gewinner der<br />
Wende; Gewalt kein Problem in der Provinz<br />
8.4 Familie Kallenborn<br />
Franziska und Hannes Kallenborn<br />
Angaben <strong>für</strong> Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer:<br />
– Franziska Kallenborn: 36 Jahre, Sprachtherapeutin,<br />
Cottbus<br />
– Hannes Kallenborn: 40 Jahre, Lehrer, Cottbus<br />
Interpretationsangebot <strong>für</strong> Kursleiterinnen und<br />
-leiter:<br />
– Chancen/Risiken er: sehr von Kontinuität bestimmt;<br />
sie: sah sich wegen Intrigen und Konkurrenz<br />
gezwungen, Arbeitsplatz zu wechseln; beide:<br />
nach der Wende von der Arbeit sehr angestrengt,<br />
deutlich weniger Zeit; Familie als Ablaßventil <strong>für</strong><br />
Spannungen aus der Arbeitswelt<br />
– Kommunikation erster Eindruck: hohes Maß an<br />
Verbalisierung – das „angemessene, vernünftige<br />
Maß“ entscheidet; aber er: ist relativ verschlossen,<br />
spricht Konflikte nicht aus, ist deprimiert und leicht<br />
entmutigt; sie: Zusammenhalten ist das Wichtigste,<br />
offene Probleme kommen dabei „um des lieben<br />
Friedens willen“ zu kurz; beide: betonen Normalität,<br />
Zusammenrücken in sozial schwieriger Zeit; früher:<br />
Ordentlichkeit als vorgegebener staatlicher<br />
Maßstab, heute: Ordentlichkeit freiwillig gewählt<br />
– Kinder/Erziehung: beide Elternteile: jetzt zählt Ellenbogen<br />
und Individualität; diese Botschaft des<br />
Westens wollen sie an ihre Kinder weitergeben. Mit<br />
der Liberalisierung sind neue Erziehungsmaßstäbe<br />
verknüpft: nicht mehr Sich-Einordnen, sondern Ellenbogen<br />
als oberstes Gebot<br />
– Kinder/Kommunikation: jüngere Tochter Dana:<br />
kommt seit dem Umbruch’89 in Zuwendung und<br />
Kommunikation zu kurz (Fernsehen); ältere Tochter<br />
Anja: schert mit eigenen Interessen aus, schwächt<br />
diese aber wieder ab auf ein „vernünftiges Maß“; die<br />
Notwendigkeit eines wohlbehüteten Elternhauses<br />
scheint aufgrund der latenten bis manifesten Gewalttätigkeit<br />
auf der Straße plausibel zu sein.<br />
– Gewalt: an Gewalt auf den Straßen in Cottbus<br />
gewöhnt; ältere Tochter wurde bereits von rechtsextremen<br />
Jugendlichen verprügelt<br />
– Familiengründung: zog sich über längeren Zeitraum<br />
hin<br />
– Westverwandte: nein, aber Westbekannte, halbjähriger<br />
herzlicher Besuch