Volltext (PDF) - Deutsches Institut für Erwachsenenbildung
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eingewachsen. In der Generation, in der wir hier sind,<br />
die wir reine DDR-Kinder sind, hatten die Frauen in<br />
der Gesellschaft eine ganz andere Bedeutung, als wie<br />
sie in der altbundesdeutschen Gesellschaft vielleicht da<br />
ist. Die Frau war ja verplant mit in der Industrie.<br />
Ohne Frau wäre ja vieles nicht gelaufen. Und das ist<br />
eben das, was die Frauen nicht unbedingt einbüßen<br />
wollen. Das ist eine Sache, wo ich sagen muß, da büßen<br />
sehr viele Frauen jetzt ein. Wir haben uns ergänzt<br />
zuhause. Wir haben uns ergänzt. Ich hatte genau meine<br />
Anteile hier in dem Haushalt. Gewaschen hab ich,<br />
gewischt, also – jede Arbeit wie eine Frau im Prinzip,<br />
Wäsche abgenommen, Wäsche aufgehängt. Bestimmte<br />
Sachen, also Fenster geputzt hab ich nicht, also da hat<br />
die Frau schon – bestimmte Arbeiten gehabt, die sie da<br />
gemacht hat. Konflikte haben wir jetzt auch mit unserem<br />
Jungen. Man hat eben in einem gewissen Alter<br />
Lebenserfahrung gesammelt, die man gerne an seinen<br />
Nachwuchs weitergeben möchte. Das ist ja das Problem,<br />
daß der Nachwuchs dann sagt, ‘das waren deine<br />
Lebenserfahrungen, laß mich mal meine selber machen’.<br />
Von der Erziehung her war ich beim Jungen eigentlich<br />
ein bißl intensiver, hab versucht, ihn intensiver<br />
zu beeinflussen, das hab ich bei der Tochter<br />
dann, mache ich heute nimmer so. Das merkt man<br />
auch, die Tochter hängt vielleicht mehr an mir, weil<br />
ich nicht so intensiv war wie beim Jungen. Der Junge<br />
ist ein bißl – da ist die Differenz zu mir ein bißl größer,<br />
als wenn ich jetzt von der Tochter her zu mir gehe.<br />
Das hat sich vielleicht ergeben, daß der Junge vielleicht<br />
zu straff von mir angepackt worden ist, ein bißchen zu<br />
autoritär in mancher Situation. Wo man hinterher<br />
gesagt hat, ‘laß es mal lieber’.“<br />
Friederike Rink:<br />
„Es ist hoffentlich nur eine Altersphase, daß unser<br />
Junge sich mit Gleichaltrigen eher treffen will als mit<br />
uns Eltern. Man muß sich erst mal dran gewöhnen, er<br />
will ja jetzt nicht mehr mit in den Urlaub fahren. Das<br />
sind eben solche Sachen, wo man langsam denkt, irgendwann<br />
verliert man ihn doch einmal, es ist nicht<br />
mehr so weit hin. Da tut er sich nun ooch schon äußern,<br />
‘wenn ich 18 bin, nehme ich mir eine Wohnung’.“<br />
Arbeitsbelastung des Vaters und die Teilzeitbeschäftigung<br />
der Mutter in den Nachmittagsstunden<br />
hat sich heute das Rollenverhalten in seiner Auswirkung<br />
auf die Kommunikation gewandelt: Haushalt<br />
und Kindererziehung werden ausschließlich zu Angelegenheiten<br />
der Frau. Der halbwüchsige Junge<br />
entflieht aus dem Elternhaus in die Clique. Beide<br />
Elternteile sind über die neue Rollenaufteilung nicht<br />
glücklich, sehen sie auch nicht als endgültig an. Aber<br />
wie lange der prekäre Zustand andauert, können sie<br />
nicht sagen. Sowohl bei Hubert Rink wie bei seiner<br />
Frau Friederike klingen Zukunftsängste durch: Sie<br />
ist ganz unmittelbar von Arbeitslosigkeit bedroht,<br />
aber er – trotz seiner zahlreichen Überstunden –<br />
mittelfristig auch. Doch sehen sie keine Möglichkeit,<br />
dies zu ändern.<br />
Zu diesen Existenzsorgen kommen Ängste um<br />
die Entwicklung ihres bisher sehr braven, 15jährigen<br />
Sohnes. Wie bei der Arbeit scheinen ihnen auch<br />
in den persönlichen Beziehungen die Dinge aus dem<br />
Ruder zu laufen. Da die Ursache <strong>für</strong> diese beiden<br />
Prozesse mit der Einführung der Marktwirtschaft<br />
und ihren Begleiterscheinungen zusammenhängt,<br />
wird vieles, was aus dem Westen kommt von den<br />
Rinks nun als bedrohlich und übermächtig interpretiert.<br />
Das denkt die Mutter über die neuen Gewohnheiten<br />
ihres Sohnes. In ihren Äußerungen kommt<br />
Besorgnis zum Ausdruck. Gleichzeitig zeigen sich<br />
deutlich Generationsprobleme. Altersspezifische<br />
Ablöseerscheinungen mischen sich mit der Umbruchsituation,<br />
die unterschwellig durchklingt.