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von Landrat Gerd W iesmann, (Kreis Borken) - Landkreistag NRW

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für Menschen mit Behinderungen durch<br />

eine Gesamtbetrachtung stationärer<br />

und ambulanter Betreuungsformen und<br />

damit verbundener kostenorientierter,<br />

optimierter Gewichtung und flexibler<br />

Ausgestaltung erreicht werden muss.<br />

Dazu bedarf es eines möglichst gleichmäßigen<br />

Ausbaus der Strukturen ambulanter<br />

Hilfeformen in allen Regionen des<br />

Landes sowie damit verbunden der entsprechenden<br />

Reduzierung stationärer<br />

Betreuungsformen.<br />

2. Der <strong>Landkreistag</strong> Nordrhein-Westfalen<br />

geht bei seiner Positionierung da<strong>von</strong> aus,<br />

dass die Darlegungen der Landschaftsverbände,<br />

ambulante Hilfeformen für die<br />

in Betracht kommenden Personengruppen<br />

seien im Vergleich zu stationärer (einschließlich<br />

teilstationärer) Unterbringung<br />

deutlich günstiger, zutreffend sind. Die<br />

Richtigkeit dieser Prämisse wird sich<br />

durch ein laufendes Kostencontrolling<br />

bzw. die Schaffung <strong>von</strong> entsprechenden<br />

Kostenvergleichsmöglichkeiten erweisen.<br />

3. Der <strong>Landkreistag</strong> bekräftigt seine Beschlusslage<br />

vom 18.09.2001, dass für<br />

alle <strong>Kreis</strong>e und kreisfreien Städte mit<br />

besonderen strukturellen Belastungen<br />

im Hinblick auf die Personenzahl, die<br />

für ambulant betreute Wohnformen in<br />

Betracht kommt, eine angemessene<br />

Kostenerstattungsmöglichkeit gegenüber<br />

insofern überdurchschnittlich begünstigten<br />

kommunalen Gebietskörperschaften<br />

geschaffen werden muss.<br />

4. Der <strong>Landkreistag</strong> Nordrhein-Westfalen<br />

hält ein verbindliches quantitatives und<br />

qualitatives Ausbauprogramm zum<br />

ambulant betreuten Wohnen in allen<br />

Regionen des Landes mittels einer Rahmen-Zielvereinbarung<br />

auf Landesebene<br />

sowie örtlicher Zielvereinbarungen<br />

auf <strong>Kreis</strong>ebene für einen überzeugenden<br />

Lösungsansatz, um sowohl im<br />

fachlichen als auch im finanzpolitischen<br />

Interesse aller Beteiligten zu mehr Effizienz<br />

zu kommen. Insbesondere durch<br />

Flexibilisierung und Durchlässigkeit der<br />

stationären und ambulanten Hilfeformen<br />

sowie der verbindlichen Festlegung<br />

<strong>von</strong> Personalschlüsseln bzw.<br />

Betreuungsrelationen dürften substantielle<br />

Fortschritte bei der präziseren<br />

Steuerung der Kosten der Eingliederungshilfe<br />

für die Gesamtheit der Sozialhilfeträger<br />

zu erwarten sein.<br />

5. Der Sozial- und Jugendausschuss des<br />

<strong>Landkreistag</strong>es Nordrhein-Westfalen<br />

wird beauftragt, die Inhalte des erarbeiteten<br />

Entwurfs der Rahmen-Zielvereinbarung<br />

auf Landesebene (Stand:<br />

01.03.2002) im Einzelnen zu prüfen<br />

und insbesondere etwaige Modifikationen<br />

für eine einvernehmliche Lösung<br />

mit den Landschaftsverbänden zu for-<br />

mulieren. Der Vorstand erwartet insofern<br />

zu gegebener Zeit eine entsprechende<br />

Beschlussvorlage.<br />

6. Der <strong>Landkreistag</strong> Nordrhein-Westfalen<br />

hält den nunmehr vorliegenden Antrag<br />

der Landtagsfraktionen <strong>von</strong> SPD und<br />

Bündnis 90/DIE GRÜNEN vom 08.03.<br />

2002 zur Verlagerung der Zuständigkeit<br />

beim ambulant betreuten Wohnen <strong>von</strong><br />

den <strong>Kreis</strong>en und kreisfreien Städte auf<br />

die Landschaftsverbände für ungeeignet,<br />

der im Bereich der Eingliederungshilfe<br />

festzustellenden erheblichen Kostensteigerung<br />

wirksam durch optimierte<br />

Verzahnung und verbesserte Effizienz<br />

der Hilfesysteme entgegenzutreten.<br />

Der <strong>Landkreistag</strong> Nordrhein-Westfalen<br />

fordert die Landesregierung und<br />

den Landtag auf, gerade auch unter<br />

konsequenter Beachtung der Prinzipien<br />

der in den letzten Jahren in Nordrhein-<br />

Westfalen durchgeführten Verwaltungsmodernisierung<br />

und Verwaltungsstrukturreform<br />

die Kompetenz der<br />

örtlichen Ebene in allen Belangen<br />

ambulanter Hilfeformen im Sozialhilferecht<br />

zu stärken und diesen Grundsätzen<br />

durch das Instrument <strong>von</strong> Zielvereinbarungen<br />

mit den <strong>von</strong> den kommunalen<br />

Spitzenverbänden vorgeschlagenen<br />

Inhalten Rechnung zu tragen.<br />

VIII. Ausblick und Perspektiven<br />

Am 21.03.2002 – nach Redaktionsschluss<br />

der vorliegenden EILDIENST-Ausgabe –<br />

steht die Einbringung des Antrags der<br />

Landtagsfraktionen <strong>von</strong> SPD und Bündnis<br />

90/Die Grünen auf der Tagesordnung des<br />

Landtages. Es bleibt zu hoffen und zu wünschen,<br />

dass die erneut und vertieft <strong>von</strong> den<br />

kommunalen Spitzenverbänden gegenüber<br />

Landtag und Landesregierung vorgebrachten<br />

Argumente und der <strong>von</strong> ihnen<br />

dargelegte Lösungsweg im weiteren parlamentarischen<br />

Verfahren eine so überzeugende<br />

Wirkung haben, dass noch eine<br />

Chance auf Verwirklichung besteht.<br />

Nach der Überzeugung der kommunalen<br />

Spitzenverbände bleibt unerlässliche Voraussetzung<br />

für eine zumindest kostendämpfende<br />

Wirkung beim Ausbau betreuter<br />

Wohnformen die Implementierung<br />

<strong>von</strong> transparenten Kostenvergleichsystemen<br />

und Controllingmechanismen zwischen<br />

den Ebenen der örtlichen Sozialhilfeträger<br />

und der überörtlichen Sozialhilfeträger.<br />

Eine reine Hochzonung der Zuständigkeit<br />

auf die Landschaftsverbände ohne<br />

konstitutive Mitwirkungsrechte der örtlichen<br />

Sozialhilfeträger bei der Steuerung<br />

der Kosten der Eingliederungshilfe wird<br />

auch bei einer möglichen quasi-befristeten<br />

Zuständigkeitsveränderung keine adäquate<br />

Problemlösung schaffen.<br />

Themen<br />

Bei der jetzt dargelegten komplexen Thematik<br />

– die in manchen Aspekten in diesem<br />

Rahmen vereinfacht skizziert werden musste<br />

– darf schließlich jedoch die dahinterstehende<br />

Gesamtproblematik nicht außer acht<br />

bleiben: So sehr die Bemühungen der<br />

Gesamtheit der Sozialhilfeträger, also der<br />

kommunalen Familie, hinsichtlich <strong>von</strong> Kostendämpfungseffekten<br />

sowie der verbesserten<br />

Verzahnung der Hilfesysteme und<br />

damit nach Möglichkeit zugleich Stärkung<br />

des Selbstbestimmungsrechts der betroffenen<br />

Menschen auch optimiert werden,<br />

muss sich die Einsicht durchsetzen, dass es<br />

sich bei der Eingliederungshilfe insgesamt<br />

um eine gesamtgesellschaftliche und damit<br />

auch staatliche Aufgabe handelt. Die Kommunen<br />

und ihre Spitzenverbände fordern<br />

schon seit langem ein eigenes Bundesleistungsrecht<br />

für Menschen mit Behinderungen,<br />

das durch das neue, seit dem<br />

01.07.2001 geltende Rehabilitationsrecht,<br />

dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB<br />

IX), entgegen ursprünglicher Absichten der<br />

Bundesregierung noch zu Beginn der laufenden<br />

Legislaturperiode im Jahre 1998 im<br />

Ergebnis nicht geschaffen wurde. Denn das<br />

Sozialhilferecht ist sozialpolitisch und<br />

rechtssystematisch die falsche rechtliche<br />

Verortung für Belange <strong>von</strong> Menschen mit<br />

Behinderungen. Die Eingliederungshilfe<br />

gehört nicht in den Kontext des BSHG als<br />

nachrangiges Notfallauffangnetz für Menschen<br />

in außergewöhnlichen prekären und<br />

zudem – so die Grundintention des Sozialhilferechts<br />

– kurzfristigen Krisensituationen.<br />

Die Entwicklung der erheblichen Kostensteigerungen<br />

in der Eingliederungshilfe aufgrund<br />

steigender Fallzahlen, der höheren<br />

Lebenserwartung der betroffenen Menschen<br />

und des medizinischen Fortschritts<br />

kann weder allein <strong>von</strong> der örtlichen<br />

Gemeinschaft beeinflusst noch durch diese,<br />

nämlich alleine <strong>von</strong> den Kommunen, getragen<br />

werden. Leistungen für Menschen mit<br />

Behinderungen müssen als gesamtstaatliche<br />

Verantwortung aller begriffen und deshalb<br />

auch angemessen <strong>von</strong> den staatlichen<br />

Ebenen – Bund und Ländern – finanziell<br />

mitgetragen werden; den Kommunen bleiben<br />

schon aus ihrer Verantwortung für die<br />

örtliche Infrastruktur und die in ihrem<br />

Gebiet lebenden Einwohnerinnen und Einwohnern<br />

auch bei einem bundeseinheitlichen<br />

vorrangigen Leistungsrecht für Menschen<br />

mit Behinderungen genügend – auch<br />

finanzwirksame – Aufgaben- und Handlungsfelder.<br />

Es wird insofern darauf ankommen,<br />

dieser skizzierten Grundüberlegung<br />

eine politische Mehrheitsfähigkeit zu verschaffen<br />

und daraus folgend eine entsprechende<br />

rechtliche Umsetzung zu erreichen.<br />

EILDIENST LKT NW Nr. 3/März 2002<br />

– 50 32-30 –<br />

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