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von Landrat Gerd W iesmann, (Kreis Borken) - Landkreistag NRW

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2.4 Verfahrenshemmnisse<br />

Gemäß § 16 Abs. 1 LPlG bedarf der<br />

Gebietsentwicklungsplan der Genehmigung<br />

der Landesplanungsbehörde, die<br />

über die Genehmigung im Einvernehmen<br />

mit den fachlich zuständigen Landesministerien<br />

entscheidet. Die Genehmigung <strong>von</strong><br />

Gebietsentwicklungsplänen ist dabei nicht<br />

an eine Fristsetzung gebunden; etwas<br />

anderes gilt nur für Änderungen <strong>von</strong><br />

Gebietsentwicklungsplänen gemäß § 15<br />

Abs. 4 LPlG. Hier beträgt die Genehmigungsfrist<br />

sechs Monate. Eine Genehmigungsfiktion<br />

für den Fall des Verstreichens<br />

dieser Frist enthält § 16 Abs. 1 LPlG nicht.<br />

Vielmehr ist – im Gegenteil – eine Fristverlängerung<br />

mit – jedenfalls nach dem Wortlaut<br />

des Gesetzes – keinem bestimmten<br />

Endzeitpunkt für den Fall vorgesehen, dass<br />

die Landesplanungsbehörde dem Bezirksplanungsrat<br />

die Gründe der Nichteinhaltung<br />

der Frist vor deren Ablauf mitteilt (vgl.<br />

§ 16 Abs. 1 Satz 3 LPlG).<br />

In der Praxis führt diese Regelung zu nicht<br />

unerheblichen Verzögerungen des Planungsverfahrens.<br />

So sind z. B. bis zur<br />

Genehmigung des Gebietsentwicklungsplanes<br />

Düsseldorf 14 Monate vergangen.<br />

Auch in anderen Fällen hat die Landesplanungsbehörde<br />

erhebliche Zeiträume für<br />

die Genehmigung benötigt. Schon dies<br />

kann nicht unerhebliche Probleme bei der<br />

Realisierung <strong>von</strong> Vorhaben zur Folge<br />

haben: Bauleitpläne, die nicht selten im<br />

Parallelverfahren mit der Aufstellung oder<br />

Änderung <strong>von</strong> Gebietsentwicklungsplänen<br />

aufgestellt werden, unterliegen dem<br />

Anpassungsgebot des § 20 LPlG bzw. § 1<br />

Abs. 4 BauGB. Sie dürfen deshalb nicht in<br />

Kraft treten, ehe eine Änderung des<br />

Gebietsentwicklungsplanes rechtsgültig erfolgt<br />

ist. Die Genehmigung <strong>von</strong> Vorhaben<br />

und hier insbesondere <strong>von</strong> strukturpolitisch<br />

bedeutsamen Großprojekten kann deshalb<br />

in der Tendenz durch die Verfahrensvorschrift<br />

des § 16 Abs. 1 LPlG erheblich verzögert<br />

werden. In Einzelfällen kann dies<br />

zum Scheitern <strong>von</strong> Projekten führen.<br />

Mit dem Genehmigungsverfahren des § 16<br />

Abs. 1 LPlG ist aber noch eine weitere Problematik<br />

verbunden: Die Maßstäbe für die<br />

Erteilung der Genehmigung sind in § 16<br />

Abs. 1 LPlG nicht benannt. Nach ganz<br />

überwiegender Auffassung reicht die<br />

Befugnis der Landesplanungsbehörde über<br />

eine reine Rechtskontrolle nicht hinaus; die<br />

Plankontrolle beschränkt sich auf die Übereinstimmung<br />

der Gebietsentwicklungspläne<br />

mit vorhandenen Zielen der Raumordnung<br />

und Landesplanung und gesetzlichen<br />

bundes- und landesrechtlicher Grundsätzen<br />

und allgemeinen Zielen 18 . In der Praxis<br />

wird an diesem Grundsatz – jedenfalls aus<br />

Sicht der Bezirksplanungsräte – nicht<br />

immer festgehalten. Das Genehmigungs-<br />

verfahren dient auch dazu, fachpolitische<br />

Entscheidungen unabhängig <strong>von</strong> ihrer Verankerung<br />

in Zielen der Raumordnung und<br />

Landesplanung durchzusetzen. Die Bindung<br />

der Genehmigungsentscheidung an<br />

das Einvernehmen der fachlich zuständigen<br />

Landesministerien trägt hierzu sicherlich<br />

auch nicht unerheblich bei.<br />

2.5 Neue Problemlagen<br />

In der jüngsten Vergangenheit sind einige<br />

Probleme aufgetreten, die landesplanerisch<br />

noch nicht – oder nicht in ausreichender<br />

Weise – gelöst zu sein scheinen. Zu nennen<br />

sind in diesem Zusammenhang z. B. Windenergieanlagen.<br />

In Nordrhein-Westfalen<br />

sind bislang lediglich im Gebietsentwicklungsplan<br />

Münster Vorrangzonen für Windenergieanlagen<br />

ausgewiesen worden. Die<br />

anderen Gebietsentwicklungspläne haben<br />

diese Problematik noch nicht aufgegriffen,<br />

so dass eine Steuerungsfunktion der<br />

Gebietsentwicklungspläne für diese Problematik<br />

in den meisten Teilräumen Nordrhein-<br />

Westfalens nicht gegeben ist. Ähnliches<br />

lässt sich über die Entwicklung für Factory-<br />

Outlet-Center sagen. Raumordnerisches<br />

Instrumentarium, das in den Gebietsentwicklungsplänen<br />

seinen Niederschlag<br />

gefunden hätte, gibt es bislang nicht in ausreichendem<br />

Umfang. Auch Probleme, die<br />

grenzüberschreitende kommunale Planungen<br />

aufwerfen, sind allenfalls rudimentär im<br />

Landesplanungsrecht abgearbeitet. Spezielle<br />

Aussagen zu den genannten Problemen<br />

fehlen sowohl im Landesplanungsrecht als<br />

auch in den Gebietsentwicklungsplänen.<br />

Zur Verbesserung der Steuerungsfunktion<br />

<strong>von</strong> Raumordnung und Landesplanung<br />

wären Zielfestlegungen in den vorgenannten<br />

Bereichen indessen mindestens sinnvoll.<br />

2.6 Abschichtungswirkung <strong>von</strong><br />

Raumordnung und<br />

Landesplanung<br />

Eine wichtige Funktion des gestuften Planungssystems<br />

in der Bundesrepublik<br />

Deutschland besteht in der Abschichtungswirkung<br />

höherstufiger Pläne zugunsten<br />

nachfolgender Stufen. Angesichts der<br />

Komplexität <strong>von</strong> Planungsprozessen ist das<br />

deutsche Planungssystem dadurch gekennzeichnet,<br />

dass die Komplexität <strong>von</strong><br />

Planungen und Vorhaben ebenenspezifisch<br />

in verschiedenen Planungsstufen abgearbeitet<br />

und bewältigt wird. Sinnvoll ist es,<br />

die Problemstellungen, die bereits auf der<br />

Ebene der Raumordnung und Landesplanung<br />

abschließend bewältigt werden können,<br />

dort auch zu lösen und nicht nachfolgenden<br />

Planungsstufen zu überlassen.<br />

Dabei kann es auch um eine Teillösung<br />

gehen, die auf nachfolgenden Planungsstufen<br />

ergänzt werden muss. Sinnvoll sind solche<br />

stufenweise Bewältigungen <strong>von</strong> Kom-<br />

Themen<br />

plexität insbesondere im Umweltbereich.<br />

Zu nennen sind in diesem Zusammenhang<br />

die Umweltverträglichkeitsprüfung und die<br />

Verträglichkeitsprüfung nach der Fauna-<br />

Flora-Habitat-Richtlinie sowie Fragestellungen,<br />

die sich aus dem naturschutzrechtlichen<br />

Vermeidungs- und Ausgleichsgebot<br />

nach der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung<br />

ergeben. So ist anerkannt, dass dem<br />

naturschutzrechtlichen Vermeidungsgebot<br />

in der Planung großflächig nur auf die<br />

Gebietsentwicklungsplanung Rechnung<br />

getragen werden, da die Flächennutzungspläne<br />

ihrerseits an die Vorgaben <strong>von</strong> Raumordnung<br />

und Landesplanung gebunden<br />

sind und bei Festlegung <strong>von</strong> Siedlungs-,<br />

Gewerbe- und Freiraumbereichen insoweit<br />

wenig Spielräume verbleibt. Noch mehr gilt<br />

dies für die Bebauungsplanung: Das naturschutzrechtliche<br />

Vermeidungsgebot kann<br />

insoweit nur auf den eigentlichen Planungsraum<br />

beschränkt bleiben. Alternativlösungen<br />

zur großmaßstäblichen Vermeidung<br />

<strong>von</strong> Eingriffen in bestimmte Landschaftsräume<br />

lassen sich auf der Ebene des<br />

Bebauungsplanes in keiner Weise verwirklichen.<br />

Die eigentliche Ebene für die Umsetzung<br />

des Vermeidungsgebotes nach der<br />

naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung in<br />

Planungsprozessen ist deshalb, soll dieses<br />

Gebot auch großräumig wirken, die Ebene<br />

der Regionalplanung und damit in Nordrhein-Westfalen<br />

die Gebietsentwicklungsplanung.<br />

Ähnliche Aussagen lassen sich zur<br />

Bedeutung des Kompensationsgebotes<br />

treffen: Soll die Kompensation nicht innerhalb<br />

des Bebauungsplanungsgebietes, sondern<br />

an anderer Stelle im Gebiet der<br />

Gemeinde oder darüber hinaus erfolgen,<br />

wie es das geltende Bauplanungsrecht<br />

ermöglicht 19 , bedarf es einer Steuerung<br />

durch Raumordnung und Landesplanung,<br />

damit die Ausgleichswirkungen in die dafür<br />

geeigneten Landschaftsräume gelenkt werden<br />

können und dort ihre volle Wirksamkeit<br />

entfalten. Es ist derzeit zumindest zweifelhaft,<br />

ob die Gebietsentwicklungspläne<br />

den vorgenannten Aufgaben wirklich<br />

gerecht werden. Es erscheint sinnvoll, die<br />

Freiraumplanung darauf hin zu überdenken,<br />

ob wertvolle Landschaftsräume auch<br />

unter dem Gesichtspunkt des naturschutzrechtlichen<br />

Vermeidungsgebotes geschont<br />

wurden und die Planaussagen im Hinblick<br />

auf sinnvolle und ökologisch weiterführende<br />

Kompensationsmaßnahmen, die dem<br />

Gedanken des Biotopverbundes verpflichtet<br />

sind, zu ergänzen.<br />

18 Zu den räumlichen Möglichkeiten der Festsetzung<br />

<strong>von</strong> Kompensationsmaßnahmen: Louis,<br />

BNatSchG, 2. Aufl. 2000, § 8 a, Rdnrn. 56 ff.;<br />

Jäde/Dirnberger/Weiß, BauGB, 2. Aufl.<br />

1999, § 1 a, Rdnrn. 11 ff.<br />

19 Dazu Schink, DÖV 2002, 45 ff. m. w. Nachw.<br />

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