von Landrat Gerd W iesmann, (Kreis Borken) - Landkreistag NRW
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lich erklärte Abfallwirtschaftspläne stellen<br />
wiederum im Anlagengenehmigungsverfahren<br />
nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 BimSchG<br />
beachtliche öffentlich-rechtliche Vorschriften<br />
dar. 11<br />
Das Zusammenspiel unterschiedlicher Planungs-<br />
und Genehmigungsebenen im Hinblick<br />
auf dieselbe Angelegenheit rechtfertigt<br />
es, ein Bürgerbegehren gegen ein einzelnes<br />
Element dieses gestuften Verfahrens<br />
dann nicht zuzulassen, wenn – wie vorliegend<br />
– die Angelegenheit selbst in einem<br />
der in § 23 Abs. 5 Nr. 5 KrO <strong>NRW</strong> genannten<br />
Verfahren zu entscheiden ist. Denn<br />
gerade auf eine zwingende Bindung des<br />
<strong>Kreis</strong>es im Hinblick auf bereits getroffene<br />
oder zukünftige Entscheidungen kommt es<br />
dem Bürgerbegehren an. Die Begründung<br />
des Bürgerbegehrens lässt unzweideutig<br />
erkennen, dass einerseits eine MVA verhindert<br />
und andererseits eine BMA verwirklicht<br />
werden soll. Beide Vorhaben sind nur<br />
im Rahmen eines immissionsschutzrechtlichen<br />
Verfahrens zu verwirklichen. Vor<br />
diesem Hintergrund kann es nicht maßgebend<br />
darauf ankommen, dass sich das<br />
Begehren formal nicht gegen die MVA<br />
selbst, sondern gegen deren planerischen<br />
Voraussetzungen richtet.<br />
Zwar mag einzuräumen sein, dass durch<br />
§ 23 Abs. 5 Nr. 5 KrO <strong>NRW</strong> der Anwendungbereich<br />
und die Möglichkeiten des<br />
Bürgerbegehrens erheblich eingeschränkt<br />
werden. Denn gerade die im Rahmen<br />
eines der dort genannten Verwaltungsverfahren<br />
zu entscheidenden Angelegenheiten<br />
auf kommunaler Ebene sind in<br />
besonderer Weise konfliktträchtig und<br />
geeignet, Emotionen für oder gegen eine<br />
bestimmte Lösung hervorzurufen. Gleichwohl<br />
ist es dem Gesetzgeber nicht verwehrt,<br />
bestimmte Sachbereiche <strong>von</strong> der<br />
plebiszitären Mitwirkung auszunehmen<br />
und die Entscheidung der kommunalen<br />
Repräsentativorgane insoweit als vorrangig<br />
anzusehen. Gerade im Bereich raumrelevanter<br />
Planungen wie der Abfallplanung<br />
sind die kommunalen Vertretungskörperschaften<br />
dazu aufgerufen, gegenläufige<br />
Interessen abzuwägen. Diesem<br />
Ziel sind Initiativen, die ausschließlich ein<br />
Anliegen verfolgen, nicht <strong>von</strong> vornherein<br />
verpflichtet. 12<br />
Zudem gilt es, widerstreitende Sachentscheidungen<br />
zwischen dem Bürgerbegehren<br />
auf der einen und dem förmlichen<br />
Verwaltungsverfahren auf der anderen<br />
Seite zu vermeiden. Die Kläger gehen<br />
11 Erbguth, Aspekte der Abfallwirtschaftsplanung<br />
und ihre Auswirkungen auf die Zulassung <strong>von</strong><br />
Abfallanlagen, UPR 1997, 60 (66).<br />
12 Hofmann, Erfolgsquote <strong>von</strong> Bürgerbegehren,<br />
VR 2001, 51 (53).<br />
selbst da<strong>von</strong> aus, dass die Grundsatzentscheidung<br />
für oder gegen ein Projekt im<br />
Gegensatz zu einem Planungs- oder<br />
Genehmigungsverfahren grundsätzlich<br />
keinen spezifischen Sachverstand erfordere.<br />
Es ist daher keineswegs ausgeschlossen,<br />
dass sich ein durch ein erfolgreiches<br />
Bürgerbegehren angestoßenes<br />
Projekt im nachträglichen Verwaltungsverfahren<br />
als unzulässig oder undurchführbar<br />
erweist. Solchermaßen divergierenden<br />
Ergebnisse liefen dem gesetzgeberischen<br />
Ziel, mit der Bürgerbeteiligung<br />
das kommunalpolitische Interesse der<br />
Bürger zu stärken und die Akzeptanz der<br />
getroffenen Entscheidungen zu stärken,<br />
gerade zuwider. 13<br />
Das Bürgerbegehren ist zudem gemäß § 23<br />
Abs. 5 Nr. 8 KrO <strong>NRW</strong> unzulässig, weil es<br />
ein gesetzwidriges Ziel verfolgt. Denn<br />
gemäß § 5a Abs. 1 Satz 2 LAbfG sind die<br />
Festlegungen eines Abfallwirtschaftsplans<br />
bei der Aufstellung kommunaler Abfallwirtschaftskonzepte<br />
zu beachten. Der – im<br />
Übrigen sogar auf Grund der Ermächtigung<br />
des § 29 Abs. 4 und 8 KrW-/AbfG<br />
i.V.m. § 18 Abs. 1 Satz 1 LAbfG mit Ordnungsbehördlicher<br />
Verordnung vom 9.<br />
April 1998 für verbindlich erklärte – Abfallwirtschaftsplan<br />
Teilplan Siedlungsabfälle<br />
für den Regierungsbezirk D. schreibt zur<br />
Vorbehandlung unvorbehandelter Siedlungsabfälle<br />
die Nutzung der im Regierungsbezirk<br />
vorhandenen Müllverbrennungsanlagen<br />
ab dem 1. Januar 2000<br />
zwingend vor. Für den Bereich des <strong>Kreis</strong>es<br />
W. geht der Plan <strong>von</strong> der Nutzung der<br />
MVA A. ab deren Inbetriebnahme aus und<br />
bestimmt, dass der <strong>Kreis</strong> W. seine thermisch<br />
zu behandelnden Restabfälle<br />
(weiterhin) in der genannten MVA entsorgt<br />
(Nrn. 1.2.4.4, 4.3.1.15 und 6.3.3 des<br />
Plans).<br />
Bei dieser Sachlage besteht kein Raum für<br />
die Festschreibung einer biologischmechanischen<br />
Restabfallbehandlung im<br />
Abfallwirtschaftskonzept des <strong>Kreis</strong>es. § 5a<br />
Abs. 1 Satz 2 LAbfG lässt schon seinem<br />
Wortlaut nach nur die Interpretation im<br />
Sinne eines strikten Gesetzesbefehls zu.<br />
Der Gesetzgeber hat mit der Formulierung,<br />
dass die Festlegungen des Abfallwirtschaftsplans<br />
„zu beachten“ sind,<br />
deutlich gemacht, dass der überörtlichen<br />
Planung vor örtlichen Konzepten – nicht<br />
zuletzt um der Effizienz überörtlicher<br />
raumbezogener Planung willen – der Vorrang<br />
zukommt. 14<br />
13 Ritgen, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid,<br />
1997, S. 205.<br />
14 Zur Bedeutung überörtlicher Abfallplanung s.<br />
Beschluss des Senats vom 16. März 1995 – 15 B<br />
2839/93 –, NWVBI. 1995, 300 (302).<br />
15 Erbguth, Aspekte der Abfallwirtschaftsplanung<br />
Themen<br />
Denkbare Bestrebungen mit dem Ziel<br />
geänderter Entsorgungskonzepte sind<br />
damit auf die überörtliche Ebene verwiesen.<br />
Dort kommt den betroffenen Städten,<br />
<strong>Kreis</strong>en und kreisangehörigen Gemeinden<br />
bei Aufstellung und Änderung<br />
der Abfallwirtschaftspläne das in § 17<br />
Abs. 1 Satz 2 LAbfG eingeräumte Beteiligungsrecht<br />
zu. Die Möglichkeit widersprechender<br />
eigener Planung besteht<br />
hingegen nicht.<br />
Die Festschreibung der thermischen<br />
Abfallbehandlung im Abfallwirtschaftsplan<br />
unterliegt keinen Bedenken. Ungeachtet<br />
der Frage, ob und in welchem<br />
Umfang eine Inzidentkontrolle einzelner<br />
planerischer Festsetzungen im vorliegenden<br />
Verfahren möglich ist, gehört die<br />
Darstellung der erforderlichen Abfallbeseitigungsanlagen<br />
sowie die Ausweisung<br />
zugelassener Anlagen und geeigneter<br />
Flächen für sonstige Abfallbeseitigungsanlagen<br />
ebenso zum zulässigen Planinhalt<br />
wie die Bestimmung, welcher Anlage<br />
sich die Beseitigungspflichtigen zu bedienen<br />
haben (§ 29 Abs. 1 Sätze 2 - 4 KrW-<br />
/AbfG). Hierzu zählen auch Festsetzungen<br />
zur Entsorgungstechnik und zur Art<br />
der Anlage selbst. 15<br />
Für das vorliegende Verfahren unerheblich<br />
ist es, dass der Abfallwirtschaftsplan<br />
für den Regierungsbezirk erst 1998<br />
und damit zu einem Zeitpunkt in Kraft<br />
trat, in welchem die ablehnende Entscheidung<br />
des Beklagten über die Zulässigkeit<br />
des Bürgerbegehrens bereits<br />
getroffen war. Denn bei der hier streitbefangenen<br />
Verpflichtungsklage ist für die<br />
Beurteilung der Sach- und Rechtslage<br />
grundsätzlich auf den Zeitpunkt der, letzten<br />
mündlichen Verhandlung abzustellen,<br />
es sei denn, das dem Streit zu Grunde<br />
liegende materielle Recht ordnet anderes<br />
an. 16<br />
Hierfür bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte.<br />
Insbesondere ist es mit Sinn und<br />
Zielsetzung eines Bürgerbegehrens nicht<br />
vereinbar, durch eine stattgebende gerichtliche<br />
Entscheidung den Weg zu einem die<br />
Entscheidung des <strong>Kreis</strong>tages ersetzenden<br />
Bürgerentscheid (§ 23 Abs. 8 Satz 1 KrO<br />
<strong>NRW</strong>) zu eröffnen, wenn sich das Bürgerbegehren<br />
im Zeitpunkt der mündlichen<br />
Verhandlung auf ein gesetzwidriges Ziel<br />
richtet.<br />
EILDIENST LKT NW Nr. 3/März 2002<br />
– 70 22-08 –<br />
und ihre Auswirkungen auf die Zulassung <strong>von</strong><br />
Abfallanlagen, UPR 1997, 60 (61).<br />
16 Vgl. BVerwG, Urteil vom 3. November 1994 – 3<br />
C 17.92 –, BVerwGE 97, 79 (81 f.); Urteil vom<br />
20. März 1996 – 6 C 4.95 –, BVerwGE 100, 346<br />
(347 f.).<br />
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