11.01.2013 Aufrufe

Umweltethische Begründungen und praktisches Akteursverständnis ...

Umweltethische Begründungen und praktisches Akteursverständnis ...

Umweltethische Begründungen und praktisches Akteursverständnis ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Natur durchgeführt werden soll, durch den sich der Hemerobiegrad gegenüber dem Ist-Zustand<br />

erhöht (Ott 2008: Kap. 15.4.5). Befürworter dieses Eingriffs verweisen zumeist auf die<br />

ökonomischen Vorzüge, während Naturschützer an die damit verb<strong>und</strong>enen naturschutzfachlichen<br />

Einbußen erinnern. Die Beteiligten müssen nun Pro <strong>und</strong> Kontra gegeneinander „abwägen“. Im<br />

Rahmen derartiger Debatten können die Möglichkeiten geltend gemacht werden, dass der<br />

beabsichtigte Eingriff durch Renaturierungsmaßnahmen an gleicher Stelle rückgängig gemacht<br />

oder an anderer Stelle ausgeglichen werden kann. Diese Optionen werden oft mit einem „qualifier“<br />

ergänzt: „größtenteils“, „weitgehend“, „im Wesentlichen“, „überwiegend“ etc. Die Möglichkeit der<br />

Renaturierung erscheint demnach auf der Pro-Seite der Kontroverse. Die Rolle der<br />

Ökosystemrenaturierung wird nachgewiesenermaßen für Naturschützer wie BT 9 <strong>und</strong> BT 5, die<br />

solchen Eingriff missbilligen, dadurch ambivalent.<br />

Zwischen dem ursprünglichen Zustand <strong>und</strong> demjenigen, den man durch Renaturierung anstrebt,<br />

lässt sich keine Identität herstellen (Ott 2008: Kap. 15.4.1). Zwischen beiden Zuständen kann stets<br />

lediglich das Verhältnis einer Ähnlichkeit bzw. Entsprechung bestehen. Dies können funktionale<br />

Entsprechungen, Entsprechungen bezüglich des Artenspektrums <strong>und</strong> auch<br />

Entsprechungsverhältnisse ästhetischer oder kultureller Art sein. Ähnlichkeiten herzustellen kann<br />

immer dann erschwert <strong>und</strong> möglicherweise nicht zweckmäßig sein, wenn sich die<br />

Standortvoraussetzungen geändert haben bspw. durch Klimawandel, Bodenerosion, Neobiota oder<br />

massive menschliche Eingriffe zu Zwecken der Landwirtschaft, Ökonomie oder Industrie (Aronson<br />

& van Andel 2006: 229). Landschaftliche Entwicklungen sind meist einmalig <strong>und</strong> nicht reversibel<br />

(Brux et al. 2001: 14). Fast alle Ökosysteme, die als Referenz für Renaturierung dienen, sind<br />

schädlichen menschlichen Einwirkungen ausgesetzt, die nicht nachgebildet werden sollten (SER<br />

2004: 8). In solchen Fällen darf man einen anderen „naturnäheren“ Zustand bevorzugen, wofür<br />

Interpretation erforderlich ist (Ott 2008: Kap. 15.4.1). Für die meisten Befragten sind<br />

Entsprechungen in Artenvielfalt <strong>und</strong> funktionale Entsprechungen wesentlich für den Erfolg einer<br />

Renaturierung. Weniger bedeutsam sind für sie Entsprechungen ästhetischer <strong>und</strong> kultureller Art.<br />

Die Hälfte der Befragten geht nicht von der (annähernden) Gleichwertigkeit einer vom Menschen<br />

weitgehend unbeeinflussten Landschaft im Vergleich zu einer renaturierten Landschaft aus,<br />

während vier Akteure dies allerdings für gegeben halten <strong>und</strong> demnach für die Renaturierungsthese<br />

sind. Von diesen nimmt der Mitarbeiter BT 5 die „Herstellung alter Zustände durch Renaturierung“<br />

an. Der ehemalige Mitarbeiter BT 1 bleibt realistisch <strong>und</strong> konstatiert, dass es diese weitgehend<br />

unbeeinflusste Landschaft in Deutschland bzw. Mitteleuropa nicht gibt. Von einer Wertsteigerung<br />

durch eine spezifische Renaturierungsmaßnahme kann gesprochen werden, sobald dadurch<br />

naturschutzfachlich wertvollere Ökosysteme bzw. Landschaftselemente erhalten werden können.<br />

Im Gegensatz zu dieser Stellungnahme wird aber durch viele US-amerikanische Autoren Natur mit<br />

Wildnis gleichgesetzt (Ott 2008: Kap. 15.5.3), um so den menschlichen Eingriff in die unberührte<br />

(ressourcenhaltige, heilige, göttliche, intrinsisch wertvolle) Natur abzulehnen <strong>und</strong> insofern eine<br />

75

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!