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epd Dokumentation online - Der Deutsche Koordinierungsrat der ...

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10 10/2007 <strong>epd</strong>-<strong>Dokumentation</strong><br />

im Geschehen des Sinnverstehens und <strong>der</strong> Sinnverständigung.<br />

Es wird hieran deutlich, dass auch<br />

für Rosenzweig die Offenbarung nicht etwas Irrationales<br />

ist, er aber trotzdem nicht wie Cohen<br />

Offenbarung und Vernunft zusammenfügt, denn<br />

für Rosenzweig ist Sprache mehr als Vernunft.<br />

Die Sprache ist etwas allein dem Menschen von<br />

Gott Gegebenes, im Sprachgeschehen des Miteinan<strong>der</strong>-Sprechens<br />

ereignet sich darüber hinaus<br />

jegliche Sinnerschließung – in <strong>der</strong> Sprache »gibt<br />

sich Gott«, ist Gottes Offenbarung gegenwärtig.<br />

Rosenzweig verfolgt mit dem dritten Teil des<br />

Stern ganz an<strong>der</strong>e Ziele als Cohen, die mehr aus<br />

dem Gespräch mit seinen christlichen Freunden<br />

erwachsen, doch stellt auch dieser Teil eine Antwort<br />

auf Cohen dar. Ausdrücklich bezieht Rosenzweig<br />

neben dem Judentum, das in Treue an dem<br />

ursprünglichen Bund mit Gott festhält, das<br />

Christentum – und nur das Christentum – in den<br />

messianischen Auftrag mit ein, die Völker zum<br />

einzigen Gott zu führen. Damit wird aber deutlich,<br />

dass keine dieser beiden Glaubensgemeinschaften,<br />

die beide aus <strong>der</strong> Offenbarung Gottes<br />

leben, bereits im Besitz <strong>der</strong> absoluten Wahrheit<br />

sein können. Daher kann keine <strong>der</strong> beiden Glaubensgemeinschaft<br />

je die ganze Wahrheit Gottes<br />

erfassen, son<strong>der</strong>n immer nur soviel davon, als ihr<br />

als Glaubensgemeinschaft zur praktischen Erfüllung<br />

aufgegeben ist.<br />

Die absolute Wahrheit – so führt Rosenzweig aus<br />

– ist nur bei Gott, und sie offenbart sich in <strong>der</strong><br />

Liebe Gottes zu den Menschen. »Gott ist die<br />

Wahrheit – dieser Satz, mit dem wir ein Äußerstes<br />

des Wissens zu erschwingen meinten – sehen<br />

wir näher zu, was denn Wahrheit sei, so finden<br />

wir, dass jener Satz nur das innigst Vertraute<br />

unserer Erfahrung uns mit andrem Wort wie<strong>der</strong>bringt<br />

[...], dass er Wahrheit ist, sagt uns zuletzt<br />

doch nichts an<strong>der</strong>es, als dass er – liebt.« (GS II<br />

Wir konnten hier nur in einer groben Skizze den<br />

Argumentationsgang von Rosenzweig im Stern<br />

<strong>der</strong> Erlösung aufweisen, um aufzuzeigen, dass<br />

das, was bei Cohen als Einheit von Vernunft,<br />

Offenbarung, Glaubensbekenntnis und Glaubenspraxis<br />

verstanden wird, von Rosenzweig in eine<br />

Stufenfolge aufgelöst wird, wobei die eigentliche<br />

Begründung bei Rosenzweig nicht aus <strong>der</strong> Folge<br />

<strong>der</strong> Stufen geschieht, son<strong>der</strong>n jeweils erst aus <strong>der</strong><br />

nächstfolgenden erfolgt, so dass im letzten die<br />

messianische Wahrheitstheorie, die nur in <strong>der</strong><br />

Praxis bewährt zu werden vermag, die Begrün-<br />

III. Schlussbemerkung<br />

432) In dieser Aussage liegt eine gewisse Übereinstimmung<br />

mit Cohen, aber an<strong>der</strong>s als bei Cohen<br />

fällt bei Rosenzweig die Wahrheit nicht mit<br />

<strong>der</strong> Vernunft zusammen, denn es handelt sich<br />

nicht um eine theoretische Erkenntnis, son<strong>der</strong>n<br />

eher um das, was Cohen als den Halt umschreibt,<br />

den das Denken aus <strong>der</strong> Bejahung <strong>der</strong> Einzigkeit<br />

Gottes erfährt.<br />

Insofern ist nach Rosenzweig das Höchste, wozu<br />

je<strong>der</strong> Mensch zu kommen vermag, die Bewährung<br />

<strong>der</strong> Wahrheit, <strong>der</strong>en Konkretionsgewissheit<br />

ihm im Gebet, aus <strong>der</strong> Zwiesprache mit Gott,<br />

offenbar wird – auch hierin liegt Rosenzweig<br />

ganz dicht bei Cohen und setzt doch an<strong>der</strong>e Akzente.<br />

Ausdrücklich spricht auch Cohen ganz im<br />

Sinne des Kantischen Primats <strong>der</strong> praktischen<br />

Vernunft von <strong>der</strong> Bewährung <strong>der</strong> Wahrheit gerade<br />

auch in <strong>der</strong> Religion und verweist in diesem<br />

Zusammenhang insbeson<strong>der</strong>e auf das Gebet.<br />

Aber ohne dies zu intendieren, fallen bei Cohen<br />

das religionsphilosophische Verständnis des Gebets<br />

und <strong>der</strong> Vollzug des Gebets zusammen, o<strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>s gesagt: die Vernunft und die Glaubenspraxis<br />

verschmelzen bei Cohen in eins.<br />

Demgegenüber versucht Rosenzweig in einer<br />

letzten Wende über jegliche philosophische Aussage<br />

hinaus zur Bewährung <strong>der</strong> Praxis selbst zu<br />

führen. Dies ist <strong>der</strong> Sinn des Schlusskapitels<br />

»Tor« im Stern, das mit <strong>der</strong> Auffor<strong>der</strong>ung »Ins<br />

Leben« endet. In seinen späteren Erläuterungen<br />

zum Stern, <strong>der</strong> Abhandlung »Das neue Denken«<br />

(1925) hat Rosenzweig die Absicht des Schlusskapitels<br />

nochmals ausdrücklich unterstrichen.<br />

»Wahrheit hört so auf, zu sein, was wahr ´ist´,<br />

und wird das, was als wahr – bewährt werden<br />

will. <strong>Der</strong> Begriff <strong>der</strong> Bewährung <strong>der</strong> Wahrheit<br />

wird zum Grundbegriff dieser neuen Erkenntnistheorie«.<br />

(GS III 159 f)<br />

dung für die begrenzte Wahrheit <strong>der</strong> Glaubensgemeinschaft<br />

abgibt und diese wie<strong>der</strong>um die<br />

Begründung des religionsphilosophischen Verständnisses<br />

<strong>der</strong> Offenbarung ermöglicht, das seinerseits<br />

wie<strong>der</strong>um die Vernunft in <strong>der</strong> Begrenztheit<br />

ihrer Selbsterkenntnis fundiert. Was Franz<br />

Rosenzweig in dieser Weise darlegt, versteht er<br />

nicht in Gegnerschaft zu Hermann Cohen, son<strong>der</strong>n<br />

ganz im Gegenteil meint er damit, das aufzudecken,<br />

was Cohens Denken, von seinem<br />

Spätwerk <strong>der</strong> Religion <strong>der</strong> Vernunft her gelesen,<br />

implizit zugrunde liegt.

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