epd Dokumentation online - Der Deutsche Koordinierungsrat der ...
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54 10/2007 <strong>epd</strong>-<strong>Dokumentation</strong><br />
war , als die Sache anfing«, das die Christenheit<br />
nicht nur an die Unerlöstheit <strong>der</strong> Welt erinnert,<br />
son<strong>der</strong>n auch, son<strong>der</strong>n auch an sein eigenes Erbe,<br />
das dem Judentum zu enteignen hieße, es zu<br />
verschleu<strong>der</strong>n. 32 . Es ist das Alte Testament. Es<br />
wurde und bleibt für das Christentum <strong>der</strong> inhaltliche<br />
Ausgangspunkt, eine christliche Kirche,<br />
christlichen Staat, christliche Wirtschaft, christliche<br />
Gesellschaft« zu begründen. 33 Das ist kein<br />
Plädoyer für einen Gottesstaat o<strong>der</strong> eine Christianisierung<br />
von allen gesellschaftlichen Einrichtungen,<br />
son<strong>der</strong>n ein Plädoyer für das Ganze <strong>der</strong> biblischen<br />
Botschaft und Ethik. Was wären wir heute<br />
z.B. angesichts des ökumenischen Programms<br />
»Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung <strong>der</strong><br />
Schöpfung – ohne die Grundentscheide <strong>der</strong> Hebräischen<br />
Bibel? Daran erinnert das »enfant terrible«<br />
die Christenheit, wenn sie sich auf ihren<br />
Weg in die Welt macht, um Gottes Offenbarung<br />
zu hören und auszubreiten. Sie gestaltet die Realitäten<br />
des Staates und <strong>der</strong> Kirche und zwar um<br />
des Rechtes in <strong>der</strong> Welt willen. Die gestaltende<br />
Kulturkraft verdankt das Christentum dem Alten<br />
Testament. Dazu gehört <strong>der</strong> Grundgedanke: Erhält<br />
sich das Judentum durch Subtraktion, so das<br />
Christentum durch Ausdehnung. 34<br />
Dann liegt »die<br />
Bibel weiter bereit, dass die Menschheit auf ihrem<br />
Weg sie um eben diesen Weg befrage und, sie<br />
um- und umwendend, ‚alles in ihr‘ finde!« 35<br />
Offenbarung ist für Rosenzweig ein Geschehen<br />
eigener Dignität und Wirklichkeit auch zur Weltgestaltung.<br />
We<strong>der</strong> braucht sie zu ihrer Begründung<br />
die Vernunft noch die Vernunft die Offenbarung.<br />
Sie haben »ein geschwisterliches« Verhältnis.«<br />
»Gott ist Geist« dieser Satz wurde dem<br />
Christentum »zum Verhängnis.« Damit werde<br />
Gott in eine »Ferne gebannt«, was zur Folge habe,<br />
dass <strong>der</strong> »Mensch meint, den göttlicher Kraftströme<br />
vollen Raum zwischen Gott und sich mit<br />
allerlei Halb- und Viertelgöttern bevölkern zu<br />
dürfen.« 36<br />
Rosenzweig schreibt <strong>der</strong> Christenheit die Aufgabe<br />
zu, den Namen Gottes und seinen Willen in aller<br />
Welt bekannt zu machen. Er wie<strong>der</strong>holt die Aussage<br />
des Maimonides (Mischne Tora, Wie<strong>der</strong>holung<br />
des Gesetzes) 37 , dass die Anhänger Jesu und<br />
Mohammeds bis an die Enden <strong>der</strong> Erde Gott bekannt<br />
machen, auch wenn sie in <strong>der</strong> messianischen<br />
Frage irren. »Wenn aber erst <strong>der</strong> wahre<br />
Messias kommen wird, und es wird ihm gelingen<br />
und er wird sein und erhaben, dann kehren sie<br />
alle heim und erkennen, was Wahn gewesen ist.«<br />
Jesus <strong>der</strong> Christus ist Gottes Gesandter für die<br />
Völker. Die Kirche sein Leib. Er wird, so zitiert<br />
Rosenberg immer wie<strong>der</strong> Paulus zustimmend<br />
(1 Kor 15,28), wenn er sein von Gott ihm aufgetragenes<br />
Werk getan hat und alles dem Vater<br />
unterworfen hat, sich selbst Gott unterwerfen,<br />
damit »Gott sei alles in allem!« Es fällt auf, dass<br />
die Auferweckung Christi durch Gott (im Gegensatz<br />
zu Golgata) eine geringe Rolle in Rosenzweigs<br />
Wahrnehmung des Christentums spielt. Es<br />
ist <strong>der</strong> Anfang <strong>der</strong> Erlösung, in <strong>der</strong>en Verwirklichung<br />
Gott seine Menschen mit einbezieht.<br />
Judentum und Christentum haben die gemeinsame<br />
Hoffnung auf die Endzeit, »wo Christus aufhört,<br />
<strong>der</strong> Herr zu sein, hört Israel auf, erwählt zu<br />
sein.; an diesem Tag verliert Gott den Namen, mit<br />
dem ihn allein Israel anruft; Gott ist dann nicht<br />
mehr ‚sein‘ Gott.« 38 Gemeinsam ist ihnen die universale<br />
Hoffnung für die Welt. Sie sind fest davon<br />
überzeugt, dass es eine »restitutio ad integrum«,<br />
eine Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> durch Unrecht und<br />
Gewalt, Egoismus und Schuld korrumpierten<br />
Welt gibt, wie es die altprotestantische Dogmatik<br />
nennt. Die Vollendung <strong>der</strong> Welt, ihre Erlösung ist<br />
das gemeinsame Ziel <strong>der</strong> Geschichte.<br />
Die von Rosenzweig gelegentlich am Begriff <strong>der</strong><br />
Erbsünde geübte Kritik besteht zu Recht. Es gibt<br />
keine Erbsünde, die – gar noch durch die Frau! –<br />
als quasi biologische Erblast das Menschheit vergiftet<br />
und als Lehrsatz die bequemste Entlastung<br />
von je<strong>der</strong> Verantwortlichkeit für Gott, Mensch<br />
und Welt liefert. Wohl aber gibt es eine Vielfalt<br />
<strong>der</strong> Sünden, zu <strong>der</strong> je<strong>der</strong> Mensch fähig ist. »Je<strong>der</strong><br />
Mensch ist ein Sün<strong>der</strong>«, heißt es bei Rosenzweig.<br />
39<br />
Gemeinsam ist Juden und Christen ihr je spezifisches<br />
Leiden, das sich einem ernst genommenen<br />
Auftrag Gottes verdankt in heidnischer Welt verdankt.<br />
Die Synagoge leidet an ihrer »Weltverneinung«,<br />
die Kirche an ihrer »Weltbejahung«. Bernhard<br />
Casper 40 betont: Mit dieser Unterscheidung<br />
in <strong>der</strong> Gemeinsamkeit des Leidens verneint Rosenzweig<br />
keineswegs eine jüdische Weltverantwortung.<br />
Nur, die Berufung durch Gott als sein<br />
Zeuge in <strong>der</strong> Welt als jüdisches Volk zu leben,<br />
bringt Leiden. Diese Erfahrung aller Zeugen<br />
rechtfertigt keine ihrer Verfolgungen. Leiden<br />
bringt auch <strong>der</strong> Weg in die Welt, den die Christenheit<br />
zu gehen hat. Rosenzweig betont gerade<br />
gegenüber den Christen und ihrer Schöpfungsvergessenheit<br />
– die Geschichte als Weltgeschichte zu<br />
verstehen. Er schreibt dem Judentum keine Weltflüchtigkeit,<br />
keine Flucht vor <strong>der</strong> bösen Welt in<br />
eine Innerlichkeit o<strong>der</strong> in ein besseres Jenseits<br />
zu. Die Trias Gott – Welt – Mensch spielt bei<br />
Rosenzweig eine große Rolle. Sie ist nicht zu