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epd Dokumentation online - Der Deutsche Koordinierungsrat der ...

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26 10/2007 <strong>epd</strong>-<strong>Dokumentation</strong><br />

Ehemalige Dozenten wie Nahum Glatzer und<br />

Martin Goldner waren überzeugt, dass Rosenzweigs<br />

Konzept sehr viel mit Eugen Rosenstock-<br />

Huessys Ansatz zu tun. 6<br />

Auch nach den Worten des Rosenstockforschers<br />

Dr. Eckart Wilkens haben »beide an und miteinan<strong>der</strong><br />

die Andragogik gefunden haben, die dann<br />

sowohl für die Akademie <strong>der</strong> Arbeit als auch das<br />

Freie Jüdische Lehrhaus in Frankfurt Richtung<br />

und Rahmen gab.« 7 (Rosenstock war 1921/22<br />

Leiter <strong>der</strong> Akademie <strong>der</strong> Arbeit)<br />

Rosenstock- Huessy (Jurist, Theologe, Soziologe<br />

und Sprachforscher) hat die Neue Richtung <strong>der</strong><br />

deutschen Volksbildungsbewegung nach dem<br />

1. Weltkrieg entscheidend mitgeprägt.<br />

Sie verstand sich als individualisierend (beim<br />

konkreten Menschen mit seinen existentiellen<br />

Fragen ansetzend), intensivierend (statt vieler<br />

Vorträge in die Tiefe gehend), gestaltend und als<br />

Laienbildung.<br />

Rosenzweigs Konzept »Bildung und kein Ende«<br />

ist fast zeitgleich entstanden mit Rosenstocks<br />

Schrift »Dreigestirn <strong>der</strong> Bildung«. 8<br />

Gemeinsam sind diesen Schriften die Metaphern<br />

<strong>der</strong> Rettung und Heilung durch Bildung, <strong>der</strong> Abschied<br />

von einem zu lernenden Wissenskanon,<br />

<strong>der</strong> Abschied von dem Ideal des hochspezialisierten<br />

Fachmannes und <strong>der</strong> Rollenwechsel zwischen<br />

Lehrenden und Lernenden.<br />

Was macht Rosenstocks Leistung als<br />

Erwachsenenbildner aus?<br />

Bei ihm beginnt Erwachsenenbildung als das, was<br />

wir heute darunter verstehen. Nicht mehr als<br />

nachgereichte Bildung für das ungebildete Volk,<br />

son<strong>der</strong>n als lebenslange Aufgabe, die uns alle<br />

angeht. In seinem Aufsatz vom »Sinn <strong>der</strong> Akademie<br />

<strong>der</strong> Arbeit« heißt es: »Bildung hat man nicht<br />

und nie an und für sich, son<strong>der</strong>n man hat sie nur<br />

dadurch, dass man sich als Forscher, als Hörer,<br />

als Leser täglich neu ausbildet.« 9 Rosenstock hat<br />

auf die beson<strong>der</strong>e Bildsamkeit des Erwachsenen<br />

aufmerksam gemacht: <strong>Der</strong> Erwachsene ist ein<br />

Mensch, <strong>der</strong> gelitten hat und <strong>der</strong> Enttäuschungen<br />

erlebt hat, <strong>der</strong> Verantwortung übernimmt und<br />

sich um des Überlebens willen engagiert.<br />

<strong>Der</strong> Kern des neuen Volkshochschulgedankens<br />

ist die Arbeitsgemeinschaft, wobei es hier unterschiedliche<br />

Auffassungen gibt. Bei Rosenstock<br />

handelt es sich immer eine sozial und altersmäßig<br />

heterogen zusammengesetzte Forschungs/Lehr/-<br />

Lern und Aktionsgruppe. Als Suchbewegung von<br />

Fachleuten und Laien, in <strong>der</strong> erkennendes Erfahren,<br />

verwandelndes Lernen und reflektiertes<br />

Handeln möglich ist.<br />

Zurück zu einem Vergleich von Lehrhaus und<br />

Akademie <strong>der</strong> Arbeit. Aus <strong>der</strong> Fülle an Vergleichsmöglichkeiten<br />

greife ich einige Punkte<br />

exemplarisch heraus.<br />

Rosenstock und Rosenzweig sind von einer existenzphilosophischen<br />

Haltung geprägt, die von<br />

<strong>der</strong> Offenbarungserfahrung ausgeht.<br />

Beide Freunde vertreten einen subjekt- und<br />

erfahrungsorientierten Ansatz: Bei Rosenstock<br />

ist es die biographische Methode: das Erzählen<br />

des eigenen Lebenslaufs und <strong>der</strong> eigenen Lebensgeschichte<br />

und die Reflexion darüber als<br />

wichtiger Teil des Bildungsvorgangs.<br />

Rosenzweig hat den Anspruch an seine Dozenten,<br />

dass hinter dem Sprechen die gelebte Einheit<br />

von Wissen, Glauben und Handeln steht. Es gibt<br />

keine Objektivität, die losgelöst vom Subjekt ist.<br />

Ein Lehrhausdozent soll keinen aus <strong>der</strong> Literatur<br />

zusammengelesenen »glänzenden«(GSIII, S.515)<br />

Logenvortrag halten, er soll möglichst wenig<br />

über das Judentum sprechen, son<strong>der</strong>n über sich<br />

und sein Judesein (GSI, S.862)<br />

Unterschiedlichkeit als Bildungsprinzip<br />

<strong>der</strong> Gemeinschaft<br />

Ziel <strong>der</strong> Akademie: Volkbildung durch Volksbildung,<br />

allerdings nicht i. Sinn eines totalitären<br />

Kollektivs.<br />

Rosenstock setzt auf die bewusste Steigerung <strong>der</strong><br />

Gegensätze- die Hörer sollen aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit<br />

eine »Bibliothek des Volks« bilden.<br />

Rosenzweig führt im Lehrhaus die unterschiedlichen<br />

einan<strong>der</strong> auch bekämpfenden Richtungen<br />

des Judentums zusammen im Sinn <strong>der</strong> Identitätsfindung:<br />

Die Lehrhausarbeit ist gelungen, wenn<br />

sich die Lehrer verwandeln: »<strong>der</strong> Liberale Strauß<br />

die Bibel orthodox lesend, wie es kein Konservativer<br />

(auch Nobel selbst nicht) fertig bringt, <strong>der</strong><br />

konservative Nobel so aus <strong>der</strong> Freiheit des Geistes<br />

heraus redend, wie es noch kein Liberaler<br />

(auch Strauß nicht) je gekonnt hat.« ( 6.10.1921<br />

an Gertrud Oppenheim, GSI, S.726)

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