epd Dokumentation online - Der Deutsche Koordinierungsrat der ...
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64 10/2007 <strong>epd</strong>-<strong>Dokumentation</strong><br />
Daseins gezogen habe und daß alles Spätere nur<br />
noch Zusätze sein werden, wie sie mir etwa <strong>der</strong><br />
Augenblick und For<strong>der</strong>ungen von außen gelegentlich<br />
ablocken könnten. Mein Eigentlichstes, soweit man<br />
das Eigentlichste als Buch geben kann, habe ich<br />
hier gegeben. Nur im Leben, nicht mehr im Schreiben,<br />
sehe ich noch Zukunft vor mir.<br />
Ich bin Ihr verehrungsvoll ergebener Franz Rosenzweig.<br />
I.8. [621] An Edith Hahn, Kassel, 13.1.1920<br />
Liebe ... Mir ist ganz klar geworden ..., daß ich mich<br />
außer Hause gar nicht genieren darf, alles zu essen.<br />
II.1 [552] An die Mutter, 13.8.1918<br />
... Den Professor Unrat habe ich gelesen; ich finde<br />
ihn glänzend, mindestens so gut wie die Kleine<br />
Stadt. Heinrich ist doch die stärkere Natur von den<br />
beiden Brü<strong>der</strong>n, obwohl ich ja für Thomas, beson<strong>der</strong>s<br />
seit dem Tod von Venedig, viel übrig habe.<br />
Diese doppelte Heftigkeit von Satire und Pathos<br />
zugleich, aus <strong>der</strong> dann doch wirkliche Gestalten<br />
herauskommen, wenigstens Gestalten von traumhafter<br />
Wahr-scheinlichkeit, ist doch etwas ganz<br />
Neues. Gerade in »Unrat« sitzt eigentlich auch jede<br />
Einzelheit an <strong>der</strong> richtigen Stelle, während doch in<br />
den »Armen« und auch im »Untertan« vielfach ein<br />
Ausglitscher vorkommt, Stellen die man im Ganzen<br />
nicht notwendig findet. Im Unrat ist eigentlich kaum<br />
ein Wort zuviel. Ich möchte wohl wissen wann das<br />
Buch zuerst erschienen ist. Er ist ja wirklich <strong>der</strong><br />
Namensheilige <strong>der</strong> heutigen Literaturbewegung.<br />
Eben <strong>der</strong> erste, <strong>der</strong> statt mit Atmosphäre wie<strong>der</strong> mit<br />
Heiligenscheinen und Teufelsklauen charakterisiert;<br />
bei dem es wie<strong>der</strong> »Gerechte« und »Ungerechte«<br />
gibt, statt <strong>der</strong> zur Zeit des Impressionismus allein<br />
zulässigen Sonne, die über beide gleichmäßig<br />
scheint.<br />
...<br />
II.2 [841] An Martin Buber, 20.12.1922<br />
...<br />
Zwischen Jehuda Halevi hinein lese ich Barths zwei-<br />
II. Über an<strong>der</strong>e Personen<br />
Eigentlich steckt das ja schon in dem, was ich dir<br />
neulich sagte: Unterschied ja, Scheidung nein. Wir<br />
wollen ein Haus, kein Ghetto. Bei uns soll je<strong>der</strong> Jude<br />
essen können, den wir laden; aber wir wollen auch<br />
zu jedem Christen gehen können, <strong>der</strong> uns einlädt.<br />
<strong>Der</strong> orthodoxe Kompromiß: Hingehn, aber nicht,<br />
o<strong>der</strong> nur mit Auswahl, Essen – ist ja nur ein Kompromiß.<br />
Daß das dann auch unseren jüdischen Allesessern,<br />
zu denen wir gehen, »zugute kommt«, ist<br />
freilich beinahe schade. Aber schließlich auch die<br />
sollen es uns glauben, daß uns unsere Jüdischkeit<br />
nicht in Essen und Trinken besteht. ...<br />
te Auflage des Römerbriefs o<strong>der</strong> eigentlich ich lese<br />
drin. Aber doch mit Bewun<strong>der</strong>ung für diese Fähigkeit,<br />
aus einer reinen Negation so viel zu machen,<br />
dass das Buch an keiner Stelle wo man es aufschlägt<br />
gleichgültig wird. Aber verstehen Sie, warum<br />
er nun eigentlich Christus und überhaupt eine<br />
Offenbarung noch anerkennt? Sein Gott, dessen<br />
einziges métier doch das ist, sich selber dauernd zu<br />
désavouieren, müßte doch auch diese Gefahr erkannt<br />
und beseitigt haben.<br />
... Nun Sie haben ja bei dem Frankfurter Religionsgespräch<br />
Gelegenheit ihn danach zu fragen. – Aber<br />
warum ist einem bei Kierkegaard doch so ganz<br />
an<strong>der</strong>s zumute als bei Barth und Gogarten? Doch<br />
nicht bloß weil er das Original und sie die Kopien<br />
sind, denn es sind so glänzende Kopien, daß es sich<br />
schon lohnt sie für sich anzugucken. Aber hinter<br />
jedem Paradoxon Kierkegaards spürt man biographische<br />
Absurda – und deshalb muß man ihm cre<strong>der</strong>e.<br />
Während man hinter den Barthschen Kolossalnegationen<br />
nichts spürt als die Wand auf <strong>der</strong> sie<br />
gemalt sind, und diese Wand ist tüncheweiß – ein<br />
sehr tadelloses und wohlgeordnetes Leben. Und<br />
deshalb sind mir diese Gemälde auch nur als Gemälde<br />
glaubhaft. Nicht unglaubhaft, verstehen Sie.<br />
Aber doch eben eine gleichgültige Glaubhaftigkeit.<br />
Dieses Denken ist nicht transparent, es ist alles<br />
schon drin und deshalb – nichts mehr dahinter.