4 : 2010 - marke41
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In der sozialen Neurowissenschaft werden emo-<br />
11. tionale Bindungen näher untersucht, die zwischen<br />
Menschen entstehen können, also soziale Bindungen.<br />
Fallstudien geben der Vermutung Nahrung,<br />
dass Konsumenten mitunter intensive emotionale Bindungen<br />
mit Marken eingehen, die solchen zwischen<br />
Menschen gleichen. Insofern ist zu ergründen, inwiefern<br />
Bindungen zwischen Menschen einerseits und<br />
Bindungen zwischen Menschen und Marken andererseits<br />
auf den gleichen Gehirnprozessen beruhen können.<br />
Dies diskutieren wir in diesem Beitrag und darüber<br />
hinaus, inwiefern Markenführung solche<br />
Bindungen beeinfl ussen kann.<br />
Gerade die Verwendung von Testimonials und Werbefi<br />
guren in der Kommunikationspolitik kann einer<br />
Marke zu einer erkennbaren Markenpersönlichkeit<br />
verhelfen. Und wecken diese Vertrauen, insbesondere<br />
ihre Gesichter, dann werden damit emotionale Bindungen<br />
zur Marke gefördert. Zwar ist die neurowissenschaftliche<br />
Befundlage hierzu noch deutlich lückenhaft,<br />
doch liegen zur weiteren Erforschung dieses<br />
Phänomens bereits erprobte Methoden vor.<br />
Armin Töpfer und christian Duchmann:<br />
„vermenschlichung“ von Marken – Neurowissenschaftliche<br />
erklärungen für den Zusammenhang von antropomorpher<br />
gestaltung in der Markenpolitik und emotionaler<br />
Markenbindung<br />
Zum Verständnis der neuronalen und psychi-<br />
12. schen Repräsentation von Marken im Gehirn,<br />
insbesondere von starken gegenüber schwachen Marken,<br />
ist es zunächst erforderlich, sich einige neurowissenschaftliche<br />
Sachverhalte zu verdeutlichen. In mehreren<br />
Thesen will ich einige Erkenntnisse aus der<br />
Hirnforschung zusammenstellen, die das Konzept der<br />
Marke in einen neuroökonomischen Rahmen stellen.<br />
Was bedeutet es aus der neurowissenschaftlichen oder<br />
auch psychologischen Perspektive, wenn man von<br />
Marken-Stärke oder Marken-Wahrnehmung oder Marken-Erinnerung<br />
oder Marken-Identität spricht?<br />
Um es vorweg zu nehmen: Der letzte Punkt der<br />
„Identität“ ist der wichtigste, und er ist in doppelter<br />
Bedeutung zu verstehen, nämlich einmal erwartungsgemäß<br />
im Sinne der Identität einer Marke, zum anderen<br />
aber auch im Sinne der personalen und gesellschaftlichen<br />
Identität, dass nämlich starke Marken<br />
unsere eigene Identität bestätigen und stärken, und<br />
darüber hinaus starke Marken zur Identität einer Gemeinschaft<br />
beitragen.<br />
ernst Pöppel:<br />
Neuronale repräsentation von Marken: eine frage der identität<br />
Praktische erfahrungen mit neuroökonomischen<br />
erkenntnisse und Methoden<br />
Am Wissen über den Konsumenten kann es nicht<br />
13. liegen, dass die Markenführung in vielen Unternehmen<br />
eine untergeordnete Rolle spielt. Woran aber<br />
liegt es dann?<br />
Im Rahmen unserer Tätigkeit als Markenberater<br />
konnten wir unsere auf der Neuropsychologie basierenden<br />
Konzepte in zahlreichen Projekten in der Marketingpraxis<br />
umsetzen. Unsere Erfahrung in all diesen<br />
Projekten hat gezeigt, dass es in erster Linie die unternehmensinternen<br />
Gegebenheiten sind, die der nachhaltigen<br />
Markenführung entgegenstehen. Das notwendige<br />
Wissen über den Konsumenten und die Marken<br />
dagegen ist nicht selten längst vorhanden. Wir werden<br />
in diesem Beitrag zeigen, wie der neuropsychologische<br />
Ansatz hier weiterhelfen kann.<br />
Die eigentliche Perspektive für die Implementierung<br />
einer systematischen Markenführung ist ein<br />
Change-Management: Wir müssen das implizite Wissen,<br />
den internen „Autopiloten“ des Unternehmens,<br />
ändern, denn nur dann ändert sich auch das Entscheidungsverhalten<br />
und der Umgang mit dem immateriellen<br />
Gut Marke nachhaltig.<br />
christian Scheier und Dirk Held:<br />
Markenmanagement nachhaltig implementieren: erkenntnisse<br />
der Neuropsychologie<br />
14. Mit der Entwicklung der funktionellen Magnetresonanztomografi<br />
e (fMRT) im Jahre 1991 ließen<br />
sich endlich die das Verhalten steuernden Vorgänge und<br />
Reaktionen des Gehirns transparenter machen.<br />
Die Möglichkeit, neuronale Vorgänge abzubilden<br />
und damit begreifen zu können, warum sich Kunden<br />
so verhalten, wie sie es tun, hätte sich Coca-Cola zur<br />
Zeit des Testfi askos sicher gewünscht. Doch erst in den<br />
letzten 20 Jahren hat die Neurowissenschaft wirklich<br />
große Fortschritte gemacht. Viele der Annahmen, Thesen<br />
und Modelle in der Kommunikation – etwa das<br />
Hemisphärenmodell, AIDA, DAGMAR, Aufmerksamkeit,<br />
Relevant Set, Emotion, Benefi t, Markenentlastung,<br />
bewusste und unbewusste Wahrnehmung und klassische<br />
Marktforschung – wurden durch diese Untersuchungsmethode<br />
inzwischen teilweise bestätigt oder<br />
völlig widerlegt.<br />
Wir haben weiterhin gelernt, dass uns das Gehirn<br />
implizit ständig nach der Belohnung fragt und wir unser<br />
Handeln an dieser Belohnung ausrichten. Mit dieser<br />
Erkenntnis sollte Markenkommunikation nie mehr<br />
ohne implizite Markenbelohnung konzipiert werden.<br />
2 : 2008<br />
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