Netzpolitik ist Wirtschaftspolitik - Wirtschaftsjournal
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Gesundheitswirtschaft<br />
Fit für die Arbeit auch im Alter<br />
Um dem Demografieproblem zu begegnen, sind viele Maßnahmen geeignet – doch noch fehlt die Umsetzung<br />
Das Demografieproblem <strong>ist</strong> zwar erkannt, doch es<br />
wird immer noch unterschätzt. Zu diesem Ergebnis<br />
kommt eine baden-württembergische Studie, die<br />
der Bundesverband Deutscher Unternehmensberater<br />
und die Duale Hochschule Baden-Württemberg<br />
Lörrach gemeinsam durchgeführt haben.<br />
Zwar würden die Auswirkungen alternder Belegschaft inzwischen<br />
häufiger erkannt und strategisch berücksichtigt als<br />
noch vor drei Jahren, die konkrete Umsetzung und die<br />
bereitgestellten Demografiebudgets blieben jedoch weiter<br />
unzureichend. Auch werde in Wirtschaft und Industrie zu<br />
einseitig auf Maßnahmen zum Gesundheitsmanagement<br />
und der Personalentwicklung reagiert, heißt es weiter.<br />
„Demografie <strong>ist</strong> nicht nur Beschäftigung mit dem Alter",<br />
betont Dr. Kai Behrendes. „Wir haben es mit dynamischen<br />
Systemen zu tun!" Der Leiter des Arbeitskreises „Strategische<br />
Personalplanung" im Demografienetzwerk ddn unterstützt<br />
Unternehmer bei ihren vielfältigen Bemühungen,<br />
den Auswirkungen des Fachkräftemangels und der älter<br />
werdenden Belegschaft entgegen zu wirken. So empfiehlt<br />
er Unternehmern unter anderem, den Fokus auf Mitarbeitergruppen<br />
zu legen, um Unabhängigkeit von Einzelpersonen<br />
zu erreichen. Zudem solle eine strategische Personalplanung<br />
langfr<strong>ist</strong>ig erfolgen und kontinuierlich fortgeführt<br />
werden. „Planung <strong>ist</strong> wichtig zur Risikoabschätzung!",<br />
sagt er weiter.<br />
Wie so etwas konkret aussieht, stellte Helmut Lutzmann,<br />
Geschäftsführer der Vandemoortele Deutschland GmbH, zur<br />
ddn-Regionalveranstaltung am 26. Oktober bei der Gesellschaft<br />
für Gesunde Arbeit in Dresden vor. Der Margarinehersteller<br />
mit Hauptsitz in Belgien betreibt seit 1991 einen<br />
Produktionsbetrieb in Dresden, der auf eine Tradition seit<br />
1920 zurückblicken kann. Eine langfr<strong>ist</strong>ige Personalstrategie<br />
und Gesundheitsprävention „<strong>ist</strong> ein Muss heutzutage",<br />
sagt er. Neben kleinen „Gesundheitsgefälligkeiten", wie<br />
Obstschalen und Sportangeboten für die Mitarbeiter, hat<br />
das Unternehmen einige sehr wirksame Gesundheitsmaßnahmen<br />
etabliert. So wurden für alle Mitarbeiter, die aus<br />
gesundheitlichen oder familiären Gründen nur begrenzt<br />
Schichtarbeit erledigen können, individuelle Vereinbarungen<br />
getroffen. „Das <strong>ist</strong> aufwendig, aber nur so werden wir<br />
die Mitarbeiter halten können", <strong>ist</strong> sich Helmut Lutzmann<br />
sicher. Bewährt hat sich die sogenannte „Tandem-Strategie",<br />
jeweils einen neuen Mitarbeiter mit einem erfahrenen<br />
im Team arbeiten zu lassen. Auch werden in seinem<br />
28 <strong>Wirtschaftsjournal</strong> | November 2012<br />
Demografieorientiertes Personalmanagement <strong>ist</strong> ein strategisches Ziel für unser Unternehmen<br />
40 %<br />
30 %<br />
20 %<br />
10 %<br />
0 %<br />
13,7<br />
Trifft gar<br />
nicht zu<br />
Trifft<br />
wenig zu<br />
37,4<br />
19,1 19,1<br />
Trifft teils zu Trifft<br />
ziemlich zu<br />
Unternehmen vor einer Investition neben den Energie- und<br />
Umweltaspekten sowie der Log<strong>ist</strong>ik auch die Belastungen<br />
für die Mitarbeiter betrachtet. „Vorsorge <strong>ist</strong> preisgünstiger<br />
als die Nachrüstung", weiß der Geschäftsmann.<br />
Schon jetzt klagen Unternehmen über Umsatzeinbußen<br />
durch Fachkräftemangel. Eine deutschlandweite Befragung<br />
von 3000 mittelständischen Unternehmen durch die Ernst<br />
& Young Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hatte ergeben,<br />
dass sich der wirtschaftliche Schaden aufgrund fehlender<br />
Fachkräfte für das Jahr 2011 auf rund 30 Milliarden Euro<br />
beläuft. Auch in Sachsen wurden Umsatzeinbußen von 1,183<br />
Milliarden Euro errechnet. Als Hauptursachen werden neben<br />
fehlenden Qualifikationen der Bewerber und zu hohen<br />
Gehaltsvorstellungen zu wenige Bewerber genannt. Wenn<br />
der Nachwuchs knapper wird, müssen Unternehmen attraktiver<br />
für ältere Beschäftigte werden. Was sich diese von<br />
ihren Arbeitgebern wünschen, erforschte eine Studie der<br />
Roland Berger Strategy Consultans und der Forschungsgesellschaft<br />
für Gerontologie. Dazu gehörte die ergonomische<br />
Gestaltung des Arbeitsplatzes, spezielle Angebote zur Gesundheitsvorsorge<br />
und die Herabsetzung der Arbeitsanforderungen<br />
– die jedoch in nicht einmal der Hälfte der Un -<br />
ternehmen verwirklicht wurden. Doch ältere Arbeitnehmer<br />
fordern nicht explizit Rücksichtnahme, ganz im Gegenteil.<br />
Auf der „Wunschl<strong>ist</strong>e" finden sich auch die Einbeziehung<br />
in Weiterbildungsangebote, der Einsatz von Älteren bei Entwicklungsprojekten<br />
und Verbesserungsprozessen und der<br />
Einsatz Älterer als Trainer, Ausbilder und Berater. Das Problem<br />
<strong>ist</strong> erkannt – nun muss gehandelt werden.<br />
Simone Pflug<br />
9,9<br />
0,8<br />
Trifft voll zu Weiß nicht<br />
Quelle: Demografie Exzellenz: Ergebnisse<br />
einer Studie in Baden-Württemberg,<br />
Studie des Bundesverbandes Deutscher<br />
Unternehmensberater BDU e. V., Regionalarbeitskreis<br />
Baden-Württemberg und<br />
der Dualen Hochschule Baden-Württemberg<br />
Lörrach<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.demografie-netzwerk.de<br />
wirtschaftsjournal.de/id12112801