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Foto: Hubertus Hamm

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INVESTITIONEN IN rUSSLAND<br />

Seite 48<br />

Vor den Bau eines Hauses haben die Götter den Erwerb eines Grundstückes gesetzt.<br />

Allerdings nicht überall. In russland geht es auch anders.<br />

Ob und inwieweit das ratsam ist, auf was man achten muss und wo die Unterschiede liegen,<br />

erklären Juristin Olesya Wienold, LL.M. und Jurist Matthias Farian,<br />

der über russisches Grundstücksrecht promoviert.<br />

Nachmann rechtsanwälte<br />

worauf man<br />

beim thema<br />

” grundstück“<br />

in russland<br />

achten sollte<br />

i. grundstücksnutzung in russland<br />

Vor Durchführung eines Bauvorhabens durch einen<br />

ausländischen Investor sind<br />

- einerseits die bestehende Rechtslage am<br />

Grundstück,<br />

- andererseits die Möglichkeiten des<br />

Rechtserwerbs an diesem Grundstück<br />

durch den Investor zu klären.<br />

einführung<br />

Das russische Immobilienrecht ist durch die Besonderheit<br />

gekennzeichnet, dass Grundstückseigentum<br />

und Gebäudeeigentum verschiedenen Rechtssubjekten<br />

zugeordnet werden können. Im Gegensatz zum deutschen<br />

Recht besteht damit kein Einheitlichkeitsprinzip<br />

im Bezug auf den Inhaber des Eigentumsrechts an<br />

Grundstück und Gebäude. 1<br />

Ein ausländischer Investor kann das Grundstück, auf<br />

dem er sein Bauvorhaben realisieren möchte, als Eigentum<br />

erwerben, muss dies aber nicht. Es ist im russischen<br />

Recht möglich und zulässig, ein Grundstück zu<br />

bebauen, ohne eine dem deutschen Recht vergleichbare<br />

Eigentumsposition am Grundstück inne zu haben. 2<br />

Wird das Grundstück vor Baubeginn nicht gekauft<br />

und das Gebäude somit auf einem fremden Grundstück<br />

errichtet, so erwirbt der Bauherr nur Eigentum<br />

an diesem Gebäude. Er wird nicht Eigentümer des<br />

Grundstücks und der Grundstückseigentümer erwirbt<br />

seinerseits kein Eigentum am errichteten Gebäude.<br />

Es taucht daher auch immer wieder in der Beratungspraxis<br />

die Frage auf, auf welcher rechtlichen Grundlage<br />

ein Investor ein Nutzungsrecht am zugrunde liegenden<br />

Grundstück erhalten kann.<br />

Die Aktualität und Brisanz dieser Frage ist dadurch<br />

begründet, dass ausländische Investoren zwar<br />

Grundstückseigentum in Russland erwerben können,<br />

in der Praxis jedoch häufig daran gehindert werden.<br />

Besonders in den Wirtschaftszentren Moskau und St.<br />

Petersburg, in denen sich große Teile des Grund und<br />

Bodens noch in öffentlicher Hand befinden, gestaltet<br />

sich der Eigentumserwerb an Grundstücken schwierig.<br />

Die rechtliche Ausgestaltung der Grundstücksnutzung<br />

muss somit auf andere Art und Weise als durch Eigentumserwerb<br />

erfolgen.<br />

Das russische Recht kennt hierfür verschiedene<br />

schuldrechtliche und dingliche Nutzungsrechte an<br />

einem fremden Grundstück:<br />

- Das Recht der ständigen (unbefristeten) Nutzung<br />

- Das Recht auf lebenslangen Erbgrundbesitz<br />

- Das Recht auf unentgeltliche befristete Grundstücksnutzung<br />

3<br />

- Die Grunddienstbarkeit<br />

- Die Pacht<br />

1. recht der ständigen (unbefristeten)<br />

nutzung und recht auf lebenslangen<br />

erbgrundbesitz<br />

Als Besonderheit des russischen Grundstücksrechts<br />

bestehen zwei dingliche Rechtsinstitute, das Recht der<br />

ständigen (unbefristeten) Nutzung 4 und das Recht auf<br />

lebenslänglichen Erbgrundbesitz. 5<br />

Diese Rechte stammen aus der Sowjetzeit, in der<br />

Privateigentum an Grund und Boden ausgeschlossen,<br />

Privateigentum an Gebäuden jedoch zugelassen war.<br />

Für die Ausgestaltung der Grundstücksbeziehung<br />

bestand daher der Bedarf einer rechtlichen Regelung.<br />

Als Ersatz für das Eigentumsrecht wurde den Gebäudeeigentümern<br />

daher eines dieser Nutzungsrechte<br />

eingeräumt, welche deshalb auch als Eigentumssubstitute<br />

bezeichnet werden können. Sie sind in der Praxis<br />

bis heute weit verbreitet und entsprechen in einigen<br />

Punkten dem im deutschen Recht bekannten Erbbaurecht.<br />

In der geltenden russischen Gesetzgebung sind<br />

die beiden Rechte nach wie vor geregelt, werden jedoch<br />

zunehmend eingeschränkt.<br />

a. ständiges (unbefristetes)<br />

nutzungsrecht<br />

Das Recht der ständigen (unbefristeten) Nutzung<br />

gewährt dem Rechtsinhaber ein umfassendes Besitz-<br />

und Nutzungsrecht.<br />

Die Einräumung dieses Nutzungsrechts ist derzeit<br />

jedoch nur noch an einige russische juristische<br />

Personen und Einrichtungen vorgesehen, deren Organisationsform<br />

öffentlich-rechtlicher Natur ist. An<br />

natürliche und juristische Personen des Privatrechts<br />

hingegen ist die Vergabe dieses Rechts seit einigen<br />

Jahren nicht mehr vorgesehen. Viele natürliche und<br />

juristische Personen des Privatrechts sind aber noch<br />

Inhaber dieses Rechts, welches grundsätzlich Bestandsschutz<br />

genießt. Inhaber dieses Rechts müssen<br />

ihre Rechtsposition in ein Pachtrecht umwandeln<br />

oder das Grundstück zu Eigentum erwerben. Ausschließlich<br />

für juristische Personen ist zu diesem<br />

Zweck eine Frist vorgesehen. Die Umwandlung hat<br />

bis zum 1. Januar 2010 zu erfolgen. 6 Bisher ungeklärt<br />

ist das Verhältnis der gesetzlichen Regelungen<br />

zum Bestandsschutz einerseits und der Umwandlungspflicht<br />

andererseits.<br />

Eine Verfügung über das Grundstück durch den<br />

Inhaber des ständigen (unbefristeten) Nutzungsrechts<br />

ist nicht gestattet, womit jede Übertragung<br />

auf einen Dritten, die Belastung mit einem Recht,<br />

deren Aufhebung oder sonstige Inhaltsänderungen<br />

grundsätzlich nicht möglich ist.<br />

Vor allem zählt ein ausländischer Investor nicht<br />

zum Kreise möglicher Rechtssubjekte, die als<br />

Inhaber eines ständigen (unbefristeten) Nutzungsrechts<br />

in Frage kommen. Er kann dieses Recht<br />

daher nicht erwerben 7 und somit scheidet es als<br />

Nutzungsgrundlage für das Grundstück seines<br />

Bauvorhabens aus.<br />

b. erbgrundbesitz auf lebenszeit<br />

Auch das Recht auf lebenslangen Erbgrundbesitz gewährt<br />

ein umfassendes Besitz- und Nutzungsrecht<br />

an einem fremden Grundstück.<br />

Der Erbgrundbesitz auf Lebenszeit, der ursprünglich<br />

nur für natürliche Personen vorgesehen war,<br />

wird nicht mehr vergeben. Ein Erwerb des Rechts<br />

ist nur im Wege des Erbgangs möglich. Auch dieses<br />

Recht unterliegt der Umwandlung im oben dargestellten<br />

Sinne, für die jedoch keine Frist vorgesehen<br />

ist. Inhaber dieses Rechts können gleichfalls über<br />

das Grundstück nicht verfügen und es daher weder<br />

übertragen, belasten etc.<br />

Ein Erwerb dieses Nutzungsrechts durch einen<br />

ausländischen Investor ist somit nicht möglich.<br />

Als Nutzungsgrundlage für die Realisierung eines<br />

Bauvorhabens auf einem fremden Grundstück<br />

kommt dieses Rechtsinstitut daher ebenfalls nicht<br />

in Betracht.

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