Foto: Hubertus Hamm
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N# BAUEN<br />
Seite 78<br />
Dipl.-Ing. Friedrich M. Fillies, Architekt, Helaba Immobiliengruppe,<br />
der in Nordhessen das Projektmanagement von 22 Schulen geleitet hat –<br />
und dabei sehr neue Wege gegangen ist –<br />
im Dialog mit unserem Autor Andreas Lukoschik.<br />
ganzheitliche<br />
sanierung<br />
von schulen und das<br />
regionalitätsprinzip<br />
WIE ALLES BEGANN<br />
? herr fillies, wie ging ihr bemerkenswertes<br />
projekt damals los und was haben sie anders<br />
gemacht?<br />
! Im Jahre 1999 haben die politischen Gremien<br />
des Landkreises Kassel die ersten Gespräche mit unserem<br />
Unternehmen – der OFB Gruppe, einer 100-prozentigen<br />
Gruppe der Hessischen Landesbank – geführt.<br />
Das Thema: Wir sollten einen ganzheitlichen Weg der<br />
Schulsanierungen aufzeigen. Der damalige Landrat, Dr.<br />
Udo Schlitzberger und sein heutiger Nachfolgen, Uwe<br />
Schmidt, hatten diese Vision für den Landkreis Kassel.<br />
Das klingt heute normal. Aber das war 1999, also schon<br />
vor zehn Jahren – und da hatte es etwas von Pioniertat.<br />
Heute wird das Konjunkturpaket II gefeiert, weil mit<br />
dem Geld die Schultoiletten vieler Schulen saniert<br />
werden können – was mich im Übrigen fürchterlich<br />
ärgert. Ich frage mich, was die denn alle wohl mit ihren<br />
Schultoiletten gemacht hätten, wenn es das Konjunkturpaket<br />
II nicht gegeben hätte? Hätten die die Türen<br />
zugenagelt?<br />
Wie auch immer. Es gab damals diese Vision<br />
der ganzheitlichen Schulsanierungen und wir mussten<br />
nachdenken, wie wir das realisieren könnten. Und wollten.<br />
Nun muss man wissen, dass die Kommunen sehr<br />
häufig verschuldet und vielfach nicht als Wirtschaftsunternehmen<br />
geführt worden sind, weshalb man uns, also<br />
die OFB Gruppe, mit dem Projektmanagement beauftragt<br />
hatte. Bei einer ersten Beauftragung konnten wir<br />
unsere Ideen der ganzheitlichen Sanierung testen und<br />
mit den hinzugezogenen Architekten und Ingenieuren<br />
sowie den Mitarbeitern des Landkreises erste Erfahrungen<br />
in der Zusammenarbeit sammeln. Dabei haben wir<br />
vier Mitarbeitern des Landkreises einen Arbeitsplatz<br />
in unserem Büro gegeben, um langwierige Wege und<br />
zeitliche Abstimmungsverluste zu vermeiden. Dieser<br />
Vorgang war ein Meilenstein für die spätere Durchführung<br />
der Sanierung der Schulen.<br />
Nach der ersten Kostendiskussion sind – und<br />
das ist bemerkenswert – alle, bis auf eine Partei, für<br />
unsere Vorschläge zur ganzheitlichen Sanierung der<br />
Schulen gewesen. Festgesetzt wurde durch Beschluss<br />
der politischen Gremien, dass die Sanierung der ausgewählten<br />
Schulen die Summe von 200 Millionen nicht<br />
<strong>Foto</strong>: <strong>Hubertus</strong> <strong>Hamm</strong><br />
überschreiten solle und somit ein bestimmter Betrag<br />
an Zinsen und Tilgungen pro Jahr absolut begrenzt<br />
war. Das haben wir für unsere Finanzierung als<br />
Vorschrift in das Stammbuch“ bekommen.<br />
”<br />
Der erste Schritt war, die Schulen zu entkernen<br />
– und dann ganzheitlich zu sanieren. Und damit<br />
meine ich eine Sanierung zu konzipieren, die den<br />
heutigen pädagogischen Erkenntnissen entspricht.<br />
Das heißt zum Beispiel Folgendes: Wir haben in<br />
Deutschland meistens 2,5 qm pro Schüler in den<br />
Schulen zur Verfügung. In Skandinavien hat jeder<br />
Schüler 4 qm. Das bedeutet nicht nur mehr Platz<br />
im Klassenzimmer, sondern auch mehr Platz an<br />
Nebenräumen. So etwas haben wir in unsere Schulsanierungen<br />
aufgenommen. Ein anderes Beispiel: Es<br />
gibt bei uns nicht mehr diese end- und trostlosen<br />
Gänge. Die haben wir neu strukturiert, mehr Knicke<br />
und Kurven eingebaut, um entsprechende Räume<br />
zu schaffen. Oder: Die Klassenzimmer bekamen<br />
ein Fenster zum Flur hin, nicht damit die Schüler<br />
” rausgucken“ können, sondern damit man vom Flur<br />
sieht, wie der Unterricht in der Klasse läuft. Und viele<br />
andere Erkenntnisse aus anderen Ländern haben<br />
wir in unsere Konzepte aufgenommen. Denn man<br />
muss ja nicht immer das Rad neu erfinden.<br />
Sehen Sie, die Schule ist die zweite Heimat<br />
von jungen Menschen! Und das müssen sie auch<br />
so erleben können. Das heißt: Wir müssen ein<br />
Bauwerk wie ein kleines Kunstwerk anschauen –<br />
nicht übertrieben, sondern in einem Stil, den ein<br />
Kind versteht. Sowohl als Grundschüler als auch<br />
als Abiturient. Denn es gibt drei Pädagogen in einer<br />
Schule – erstens den Lehrer, zweitens die Mitschüler<br />
und drittens den Raum.<br />
Deshalb war es für uns, die wir das Gesamtmanagement<br />
haben, ganz wichtig, ein Architekturbüro<br />
zu finden, das diese Gedanken und Anforderungen<br />
versteht. Denn uns war klar: Wenn wir uns<br />
nicht entscheiden, nur mit solchen Architekten<br />
zusammen zu arbeiten, dann werden wir scheitern.<br />
Nicht mit dem Bau der Gebäude – das kriegt man<br />
immer hin – aber mit dem, was in diesen Gebäuden<br />
geschehen soll, nämlich jungen Menschen den Spaß<br />
am Lernen zu erhalten und zu fördern! Dazu gehört<br />
für uns auch, dass wir die Lehr- und Lernmittel<br />
ändern. Es gibt zwar in vielen Schulen Computer,