Aktuelle Ausgabe - RiQ DAS MAGAZIN
Aktuelle Ausgabe - RiQ DAS MAGAZIN
Aktuelle Ausgabe - RiQ DAS MAGAZIN
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Käse schließt den Magen, sagt man,<br />
und zu einem gepflegten Dinner gehört<br />
vor oder nach dem Dessert eine<br />
kleine, delikate Käseauswahl. Romadur,<br />
Limburger, Backsteiner, Bayerischer<br />
Bierkäse oder der St. Albertus-<br />
Edelschimmel schmecken aber am<br />
allerbesten zur Brotzeit. Es sind Spezialitäten<br />
aus dem Hause Reißler.<br />
Der „Reißler-Käs“ ist in der ganzen<br />
Region um Wertingen bekannt. Er<br />
stammt nämlich aus der Käserei<br />
Reißler, die seit 1922 in Affaltern<br />
gewirtschaftet hat. 2007 pachtete der<br />
junge Nordendorfer Stefan Kaiser<br />
das frühere Familienunternehmen. 14<br />
Tage vor der Prüfung zum Molkereifachmann<br />
kam der unternehmungslustige<br />
Schwabe, gerade 23 Jahre alt,<br />
damals nach Hause, um den verdutzten<br />
Eltern Wolfgang und Gertrud Kaiser<br />
zu eröffnen: „Papa, ich pachte den<br />
Reißler.“ Und schon war’s geschehen.<br />
Das Stamm publikum aus Affaltern<br />
und Umgebung blieb dort auch Stefan<br />
Kaiser treu – die Rezepturen wurden<br />
übernommen und das Sortiment erweitert.<br />
Drei Tage pro Woche wurden<br />
jeweils 1.500 Liter Milch gekäst, die<br />
Produk tion dann kontinuierlich auf<br />
rund 5.000 Liter Milch täglich gesteigert.<br />
Der Betrieb in Affaltern konnte aber<br />
aus verschiedenen Gründen nicht<br />
übernommen werden, war nicht modern<br />
genug. Ein Neubau auf dem elterlichen<br />
Bauernhof in Nordendorf lag<br />
nahe. Damit konnte, ist Senior Wolfgang<br />
Kaiser erfreut, auch die Hofstelle<br />
erhalten werden. Das Familienprojekt<br />
ging im Oktober 2012 in Betrieb. Drei<br />
Generationen wohnen heute unter<br />
dem Dach des schmucken schwäbischen<br />
Wohnhauses, und viele Familienmitglieder<br />
helfen mit. Regionale,<br />
qualitativ hochwertige Produkte noch<br />
handwerklich herzustellen mit Zutaten<br />
aus der Region – und diese auch in der<br />
Region zu vermarkten: Für diese Idee<br />
packen alle mit an.<br />
Alles noch Handarbeit<br />
Regionalität, Modernität, Transparenz,<br />
Kundennähe – Produkte und Produktion<br />
werden in Nordendorf erlebbar.<br />
Wolfgang Kaiser, Landwirt und nebenbei<br />
Berater für Kräutertrocknung –<br />
führt durch das hufeisen förmig angelegte<br />
Anwesen an der Schmutter, wo<br />
früher die Norden dorfer Kirche stand.<br />
In der Käserei dampft es – fast 30<br />
Grad und eine hohe Luftfeuchtigkeit<br />
heizen den Käsern richtig ein. Es<br />
herrscht Hoch betrieb, Konzentration<br />
und Routine sind spürbar. Alle Handgriffe<br />
gehen schnell. Das sieht der<br />
Kunde schon vom Hof aus, durch die<br />
gläserne Wand der Käserei.<br />
An fünf Vormittagen pro Woche wird<br />
heute Käse produziert. 12.000 Liter<br />
Milch könnten pro Tag verarbeitet<br />
werden, Milch aus dem Gebiet Augsburg-Westliche<br />
Wälder. Im nebligen<br />
Dampf schöpfen Stefan Kaiser und<br />
seine Mitarbeiter frischen Käse in Formen.<br />
Die Ausstattung der Käserei, der<br />
fast futuristisch anmutende Maschinenraum,<br />
in dem die angelieferte Milch<br />
pasteurisiert wird (Kaiser stellt keinen<br />
Rohmilchkäse her) und dann zur jeweiligen<br />
Verbrauchsanlage kommt, die<br />
NatUr UNd laNdlEBEN | 39<br />
kühlen Reiferäume: In dem hochmodernen<br />
Betrieb ist alles noch Handarbeit.<br />
Die betriebseigenen Kulturen, die von<br />
Reißler übernommen wurden, kommen<br />
von Hand in die Käsewannen, wo<br />
dann durch spätere Hinzugabe von<br />
Lab Gallerte entsteht. Die wird, wenn<br />
das Auge des Käsers den Zeitpunkt<br />
für richtig hält, mit der Käseharfe eigenhändig<br />
längs und quer geschnitten,<br />
in Bruch und Molke getrennt. „Der<br />
Bruch wird in Formen geschöpft“, erklärt<br />
Wolfgang Kaiser, während Sohn<br />
Stefan keine Zeit bei der Arbeit verlieren<br />
darf. Die Molke kann als Tierfutter<br />
verwendet werden. Die Formen werden<br />
noch am selben Tag mehrmals gewendet<br />
– natürlich auch von Hand. „Eine<br />
schwere Arbeit“, sagt der Senior, „denn<br />
eine Form wiegt bis zu 40 Kilo.“ In den<br />
verschiedenen Reiferäumen gelangen<br />
die Käsestücke zu ihrer Vollendung,<br />
werden gewendet, gebürstet, geschmiert,<br />
gesalzen, je nach Sorte –<br />
wieder in Handarbeit. Der berühmte<br />
Reißler-Romadur reift auf Holzregalen.<br />
Im Käseladen sind Gertrud und Melanie<br />
Kaiser die Chefs. Die Spezialitäten<br />
Melanie und Stefan Kaiser (vorne) freuen sich mit Gertrud und Wolfgang Kaiser (rechts)<br />
sowie Martina Kaiser und tobias Fischer (links) bei der Eröffnung der Schaukäserei.<br />
<strong>RiQ</strong> – Das Magazin Nr. 1 | 2013