Aktuelle Ausgabe - RiQ DAS MAGAZIN
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70 | KUNSt UNd KUltUr<br />
Biermösl Blosn und Gerhard Polt, 1985<br />
zusammentragen, um allen Besuchern<br />
Platz zu bieten, denn heimgeschickt<br />
wurde niemand. Die Kleinkunstbühne<br />
etablierte sich schon nach wenigen<br />
Monaten mit ihrem „Dienstags-Brettl“<br />
und ihrem alternativen Kulturangebot<br />
durch Mund-zu-Mund-Werbung in<br />
der Region. Großen Anteil daran hatte<br />
auch Jürgens Frau Elisabeth, die uns<br />
vom Kartenverkauf über die finanzielle<br />
Abwicklung bis hin zur Werbung<br />
und Pressearbeit viel Arbeit abnahm.<br />
Schon die Namen der „Geburtshelfer“<br />
verraten, dass das Angebot<br />
von Anfang an auch sehr<br />
kritisch war und dazu angetan,<br />
„die heile Welt“ der Dorf- und<br />
Vereinskultur durcheinander zu<br />
wirbeln. Wie wurde das damals<br />
vom Umfeld aufgenommen?<br />
Helmut Sauter: Im Rückblick gesehen<br />
ohne größere Probleme, denn Leute<br />
wie Alois Sailer, seines Zeichens Kreisheimatpfleger<br />
und ständiger Mahner<br />
für den Erhalt der Riedlandschaft, und<br />
die Mehlprimeln, die bereits Jahre zuvor<br />
mit ihren kritischen Liedern („Do<br />
guck na ins Doanariad“) zum aktuellen<br />
Zeitgeschehen den Finger in gesellschaftliche<br />
Wunden legten, haben den<br />
Boden für eine kritische Sicht politischer<br />
und gesellschaftlicher Entwicklungen<br />
bereitet. Eigentlich wurde damals<br />
erwartet, dass Kabarettisten sich<br />
kritisch einmischen und den Politikern<br />
„auf die Finger“ schauen sollen. Im<br />
Gegensatz zu heute, wo sich immer<br />
mehr die Beliebigkeit und Banalität<br />
des Alltags in der Comedy-Szene breit<br />
macht, waren die Menschen Anfang<br />
der 80er-Jahre „heiß“ auf kritische und<br />
<strong>RiQ</strong> – Das Magazin Nr. 1 | 2013<br />
Wellküren, 1994<br />
„Herbert und Schnipsi“, 1998<br />
durchaus auch mal polemische Szenen<br />
und Lieder der Kabarettgrößen. Politik<br />
und Medien wurden dadurch aufgeschreckt<br />
und teilweise zu fatalen<br />
Fehlentscheidungen gezwungen. Ich<br />
erinnere nur daran, dass eine Folge des<br />
„Scheibenwischers“ mit Dieter Hildebrandt<br />
und den Mehlprimeln der Zensur<br />
des Bayerischen Rundfunks zum<br />
Opfer fiel und auch die Biermösl Blosn<br />
viele Jahre vom BR links liegen ge-<br />
lassen wurde. Bei uns in Lauterbach<br />
hatten die genannten Protagonisten<br />
keine „Funkstörungen“ und wurden<br />
vom Publikum frenetisch gefeiert.<br />
Kein Wunder, dass Dieter Hildebrandt,<br />
Gerhard Polt und die Biermösl<br />
Blosn in den vergangenen drei Jahrzehnten<br />
immer wieder ins Zusamtal<br />
kamen.<br />
Mit den Jahren kamen zum<br />
Bräustüble noch andere Spielstätten<br />
dazu. Gab es auch mal Pläne,<br />
eine zentrale Spielstätte wie z. B.<br />
die Kresslesmühle in Augsburg<br />
oder das Hörbacher Montagsbrettl<br />
zu schaffen?<br />
Sepp Caesar: Nein, dazu fehlten uns<br />
als Ehrenamtliche einfach die Mittel.<br />
Das Bräustüble war ein idealer Bühnenort,<br />
so lange die Pächter mitmachten.<br />
Außerdem kam 1986 das barocke<br />
Deutschordensschloss als Spiel- und<br />
Konzertstätte dazu. Von da ab erweiterten<br />
wir unsere Mannschaft – meinen<br />
Freund Helmut Sauter konnte ich<br />
zum Mitmachen überzeugen –, um auf<br />
mehr Leute beim Bühnenbau und bei<br />
der Bewirtung, die wir nun anbieten<br />
konnten, zurückgreifen zu können.<br />
Gerhard Sauter, verantwortlich seit 2008, Sepp Caesar und Helmut Sauter, die lauterbacher<br />
Brettl-Macher von 1983 bis 2008.