Druckdaten Handbuch Suizidprävention inkl ... - TelefonSeelsorge
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2.1 | Basisfragen<br />
Mit zunehmendem Alter erhöht sich die Suizidgefährdung.<br />
Von den 9.402 Menschen, die im Jahr<br />
2007 durch Suizid starben, waren 3.993 über 60<br />
Jahre alt, das sind 42,4 Prozent. Zwar sinkt der<br />
prozentuale Anteil von Suiziden an den Gesamttodesursachen<br />
(Abb. 2.2), die Suizidrate steigt jedoch<br />
deutlich an (Abb. 2.3).<br />
Einen relativ hohen prozentualen Anteil von Suiziden<br />
an allen Todesursachen gibt es in den jüngeren<br />
Altersgruppen, besonders bei Männern zwischen<br />
20 und 35 Jahren. Hier betrug der Anteil der Suizide<br />
an allen Todesursachen ca. 20 Prozent.<br />
In Deutschland liegt im Jahr 2007 die Suizidrate<br />
für Männer bei 17,4 und bei den Frauen bei 5,7.<br />
Bei Menschen über 60 Jahre ist die Suizidrate erheblich<br />
erhöht: Bei Männern beträgt sie 30,9 und<br />
bei Frauen 10,3! Die überdurchschnittliche Erhöhung<br />
wird auch dadurch verdeutlicht, dass der Anteil<br />
der Männer über 60 Jahre an der Gesamtbevölkerung<br />
22,4 Prozent ausmachte, gegenüber 39,8<br />
Prozent an den Suiziden. Bei den über 60-jährigen<br />
Frauen betrug der Anteil an der Gesamtbevölkerung<br />
28 Prozent gegenüber 50,3 Prozent bei den<br />
Suiziden. Bei den durch Suizid gestorbenen Frauen<br />
war also jede zweite älter als 60 Jahre. Das durchschnittliche<br />
Sterbealter bei Suizidenten ist in den<br />
letzten Jahren kontinuierlich angestiegen und lag<br />
2007 bei 55,8 Jahren (Männer 54,7 und Frauen<br />
59,4 Jahre).<br />
Erläuterungen<br />
Das Älterwerden geht mit vielen körperlichen und<br />
sozialen Veränderungen einher. Es kommt vermehrt<br />
zu körperlichen und psychischen Erkrankungen,<br />
hinzu kommt der Verlust von Autonomie<br />
und auch von Menschen. Anders als in jungen<br />
Jahren ist der Tod von Wegbegleitern nicht ungewöhnlich.<br />
Kommen mehrere Faktoren zusammen,<br />
erscheint die Lebenssituation hoff nungslos. Zu<br />
beobachten ist, dass ältere und alte Menschen in<br />
schwierigen Lebenslagen selten psychosoziale Bera-<br />
tungsstellen aufsuchen. Sie wenden sich eher an ihren<br />
Hausarzt. Hier kann es ihnen jedoch passieren,<br />
dass die Depressionen, die sich hinter ihren Klagen<br />
verbergen, nicht erkannt und somit nicht behandelt<br />
werden oder auch als „altersbedingt“ nicht<br />
behandlungswürdig abgetan werden. Es gilt als sicher,<br />
dass der größte Teil der Suizide auch bei alten<br />
Menschen bei adäquater medikamentöser Behandlung<br />
und psychosozialer Unterstützung verhindert<br />
werden könnte. Viele jüngere Menschen haben ein<br />
negatives Bild vom alten Menschen, können sich<br />
ein trotz Einschränkungen sinnhaft erlebtes Leben<br />
im Alter nicht vorstellen. Auch in den Medien<br />
begegnet einem oft ein negatives Bild vom alten<br />
Menschen – ein Mensch, der für die Gesellschaft<br />
ein Kostenfaktor und eine überfl üssige Belastung<br />
ist. Das kann zur Billigung des Alterssuizids führen,<br />
zu einer herzlosen Toleranz.<br />
Bei den Suizidzahlen älterer Menschen ist von einer<br />
hohen Dunkelziff er auszugehen. Hier gibt es<br />
das Phänomen des „stillen Suizids“, auch in den<br />
Pfl egeheimen. Welcher Arzt wird als Todesursache<br />
Suizid bescheinigen, wenn ein alter Mensch<br />
unbemerkt eine Überdosis von Medikamenten<br />
eingenommen oder notwendige Medikamente<br />
ganz weggelassen hat? Sich langsam aber sicher zu<br />
Tode gehungert oder keine Flüssigkeit mehr zu<br />
sich genommen hat? Es ist anzunehmen, dass diese<br />
Todesfälle der Kategorie der „unklaren Todesursachen“<br />
zugeordnet werden.<br />
Die Zahl der Suizidversuche ist im Alter rückläufi<br />
g, da alte Menschen eher entschlossen sind zu<br />
sterben, als Menschen in jüngeren Jahren. Sie wählen<br />
daher eher harte Suizidmethoden. Aufgrund<br />
ihrer körperlichen Verfassung ist auch eine Reanimierung<br />
nicht einfach.<br />
12/2009