23.01.2013 Aufrufe

Druckdaten Handbuch Suizidprävention inkl ... - TelefonSeelsorge

Druckdaten Handbuch Suizidprävention inkl ... - TelefonSeelsorge

Druckdaten Handbuch Suizidprävention inkl ... - TelefonSeelsorge

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

3.2.3 Biblischer Befund und jüdische Überlieferung<br />

In der Bibel gibt es nur sehr sparsam Hinweise<br />

auf den selbstgewählten Tod eines Menschen. Die<br />

meisten Berichte fi nden sich im Alten Testament,<br />

so über Simson (Richter 16, 30), Abimelech (Richter<br />

9, 52), Saul und seinen Schwertträger (1. Samuel<br />

31, 4-5), Architofel (2. Samuel 17, 23),<br />

Zimri (1. Könige 16, 18) und Rasi (2. Makkabäer<br />

14, 41-46). Nur ein einziger Hinweis fi ndet sich<br />

im Neuen Testament: Der Tod des Judas nach seinem<br />

Verrat an Christus (Matthäus 27, 3-8 und<br />

Apostelgeschichte 1, 18-19.). Alle Tode werden<br />

ausnahmslos ohne Betroff enheit oder Bewertung<br />

3.2.4 Die Entwicklung einer christliche Haltung<br />

Das Christentum, der Pfeiler westlicher Ethik,<br />

bezieht in seiner geschichtlichen Entwicklung keine<br />

konstante Haltung zum Suizid. (Vgl. entsprechende<br />

Artikel in der Th eologischen Realenzyklopädie<br />

(TRE) und in Religion in Geschichte und<br />

Gegenwart (RGG). Bis ins vierte Jahrhundert fand<br />

der freiwillige Tod von Mann oder Frau angesichts<br />

eines zu erwartenden Martyriums Anerkennung<br />

seitens der Kirchenväter.<br />

Mit Augustin (354-430) setzte eine Entwicklung<br />

der Bewertung ein, die zu einer veränderten<br />

Haltung führte. In seinem Werk „De Civitae Dei“<br />

(civ de I, 16 ff .) verurteilte er den Suizid als ein<br />

abscheuliches und schändliches Übel. „Für den<br />

Christen gibt es keine Lage, die ihn zum Selbstmord<br />

berechtigt.“ In den folgenden Konzilien verfestigte<br />

sich diese Einstellung. Nur Menschen im<br />

Zustand geistiger Umnachtung, unter dem Einfl uss<br />

psychischer Störungen oder wenn der Verzweifelte<br />

noch Reue empfi nden konnte, wurden als Ausnahmen<br />

behandelt. Auf der Synode von Orleans (538)<br />

wird die Bestattung von Selbstmördern verboten.<br />

Im Konzil von Toledo 693 zog der Suizid die Ex-<br />

Historischer Rück-Blick 3.2<br />

beschrieben. Gründe werden genannt, in der Regel<br />

das Scheitern selbst oder von außen gesetzte Maßstäbe,<br />

bleiben aber unkommentiert.<br />

Im Judentum der späteren Jahrhunderte hingegen<br />

wird eindeutig Stellung bezogen (vgl. www.<br />

liberale-juden.de). So heißt es im babylonischen<br />

Talmud (Baba Qamma 91b), dass ein Suizid die<br />

Leugnung des Guten in der Welt ist und ein Sichfallenlassen<br />

in die Verzweifl ung. Er nimmt Gott<br />

das Vorrecht, Leben zu geben und zu nehmen, ein<br />

Recht, das sich ebenso auf das eigene Leben wie auf<br />

das der anderen bezieht.<br />

kommunikation (Ausschluss aus der Gemeinschaft<br />

der katholischen Kirche) nach sich. Papst Nikolaus I<br />

bezeichnet ihn 860 als Todsünde, und damit wird<br />

diese Einstellung auch für das Kirchenrecht übernommen<br />

und festgeschrieben. So beschloss die Synode<br />

in Nimes 1284, Selbstmördern das Recht auf<br />

ein Begräbnis in geweihter Erde zu verweigern.<br />

Th omas von Aquin (1225-1274) bestätigte und erklärte<br />

den Suizid als Akt gegen die göttliche Ordnung<br />

(Summa theologica II, 64). Er suchte darin<br />

den Beweis, dass Suizid ein absolut Böses sei, ein<br />

Akt gegen die Liebe zu sich selbst, gegen die Gesellschaft<br />

und schließlich gegen Gott, wobei er drei<br />

Argumente anführte, die die Verurteilung des Suizids<br />

begründen sollten:<br />

1. Der Suizid widerspricht der natürlichen Neigung<br />

des Menschen.<br />

2. Er verletzt das Gebot der Liebe zum Nächsten, die<br />

der Mensch auch sich selbst gegenüber empfi nden<br />

soll.<br />

Religiöse und ethische Fragen | 3.2

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!