Druckdaten Handbuch Suizidprävention inkl ... - TelefonSeelsorge
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Sie sorgen auch für regelmäßige Supervision und<br />
Fortbildung.<br />
Konkret heißt das für den Standort Duisburg Mülheim<br />
Oberhausen: Ehrenamtlich Mitarbeitende<br />
mit wenig Begleitungserfahrung bekommen eine<br />
engmaschige Einzelsupervision. Diese steht auch<br />
erfahreneren Mitarbeitenden bei besonders belastenden<br />
Begleitungen zur Verfügung. Alle vier Wochen<br />
gibt es eine Supervision für die ganze Gruppe,<br />
mindestens einmal im Jahr arbeitet die Gruppe während<br />
eines Fortbildungswochenendes zu Th emen wie<br />
Methoden der Krisenintervention, Dynamik suizidaler<br />
Krisen, Ressourcenorientierung in der Krisenintervention,<br />
aber auch zu Kraftquellen im eigenen<br />
Leben, Bibliodrama mit Schwerpunkt Suizid.<br />
Vom Wert gelebter Anteilnahme<br />
Die Vorbereitung und Begleitung der Ehrenamtlichen<br />
ist umfangreich und engmaschig, dennoch<br />
lässt die Begegnung Auge in Auge mit sehr belasteten<br />
Menschen natürlich die Spannung steigen.<br />
Das ist gut, um die Aufmerksamkeit zu schärfen,<br />
kann aber auch dazu führen, dass eine Art Bann<br />
entsteht, in dem die „Manövrierfähigkeit“ selbst<br />
erfahrener Mitarbeitender eingeschränkt wird.<br />
Die Erwartungen an die Gestaltungsmöglichkeiten<br />
des Begleiters im Krisengeschehen können riesig<br />
werden. „Nur“ ein Gespräch zu führen, wird dann<br />
möglicherweise zu gering geschätzt. Nichts tun zu<br />
können, was zu einer schnell sichtbaren und spürbaren<br />
Veränderung führt, ist schwer auszuhalten!<br />
Mehr noch als am Telefon wird die Lebenssituation<br />
eines anderen Menschen fühlbar und sichtbar.<br />
Anteilnahme ist dann nicht nur ein Wort, sondern<br />
die leibhaftige Erfahrung eines fremden Lebensgefühls<br />
– im Krisenfall ein meist deprimierendes,<br />
belastendes, Angst auslösendes. (Vgl. Teil 3: Begegnung<br />
mit suizidgefährdeten Menschen.)<br />
Genau wie am Telefon und in stärkerer sinnlicher<br />
Qualität müssen Mitarbeitende hier standhalten.<br />
Wenn sie das Lebensgefühl des anderen deutlich<br />
Praxisfeld: Off ene Tür/Face-to-Face-Beratung 4.3<br />
wahrnehmen, dann leben sie die Anteilnahme,<br />
müssen dieses Gefühl aber auch ertragen. Die<br />
Spannung kann groß sein, helfen zu wollen bei<br />
gleichzeitiger Sorge, es nicht ausreichend tun zu<br />
können. Unterschätzt wird dabei manchmal, dass<br />
die Anteilnahme im Falle der Suizidalität einschließt,<br />
Angst zu empfi nden, Angst vorm Scheitern,<br />
vorm Alleinsein, vorm Ungeliebtsein, vorm<br />
Tod. Diese Angst zu teilen, ist gut für den, der sie<br />
erleidet, er ist dann nicht allein mit dieser Angst.<br />
Vom Krisenbegleiter muss sie ausgehalten und distanziert<br />
werden können, erkannt als Lebensgefühl<br />
des anderen, was sich ab und an mit eigenen Gefühlen<br />
decken kann.<br />
Die Tatsache, dass es in der Krisenbegleitung<br />
nicht um Einmalkontakte, sondern mehrere Gespräche<br />
geht, kann hier sehr belastend wirken.<br />
Dazu kommt, dass die Lösung Suizid immer als<br />
schlimmstes anzunehmendes Ereignis mitschwingt<br />
und auch durch eine Begleitung niemals ausgeschlossen<br />
werden kann. Auf der anderen Seite kann<br />
es auch entlastend wirken, einen Menschen mehr<br />
als einmal zu treff en und im Prozess der Krise eine<br />
Weile zu begleiten.<br />
Vom Wert der Distanz<br />
Eine weitere Belastung oder auch Falle kann sein,<br />
mit den Lebensdramen und Th emen des Klienten<br />
konfrontiert schon mal mit Interventionen anzufangen,<br />
die in eine Th erapie gehören. Die Kunst<br />
der Krisenintervention ist es, sich aufs Entlasten,<br />
Sortieren und Perspektiven Schaff en zu beschränken<br />
und vorhandene Ressourcen zu stärken und zu<br />
nutzen. Zurückhaltung im guten Sinn ist hier gefragt<br />
und nicht immer leicht einzuhalten.<br />
Als die Krisenbegleitung eingerichtet wurde, galt<br />
es als Hürde, dass der Klient das Ende einer Begleitung<br />
akzeptiert. Die Erfahrung hat gezeigt,<br />
dass es diese Hürde gibt, aber häufi ger auf der Seite<br />
des Beraters. Für ihn scheint es unserer Erfahrung<br />
nach manchmal schwer, den Klienten gehen zu las-<br />
Praxisfelder | 4.3