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Druckdaten Handbuch Suizidprävention inkl ... - TelefonSeelsorge

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Angst und Abwehr versus Sicherheit und<br />

Empathie als Leitthema<br />

Im Kontakt mit einem Menschen in suizidaler<br />

Krise kommen Berater leicht in die Situation, entweder<br />

Verantwortung für das Leben des anderen<br />

zu übernehmen – das wäre ein „Zuviel“ des Engagements.<br />

Oder Berater grenzen sich dem anderen<br />

gegenüber so stark ab, dass echte Einfühlung nicht<br />

mehr möglich ist – das wäre ein „Zuwenig“. Hier<br />

ist das Ziel, eine gute Balance von Einlassen und<br />

Abgrenzen zu fi nden.<br />

Die EA sollen sich im Idealfall auf den Menschen<br />

in suizidaler Krise maximal einlassen und mit ihm<br />

an den Rand der Verzweifl ung gehen (DÖRNER,<br />

1991), aber dennoch stets bei sich bleiben und<br />

dem anderen die Verantwortung für sein Tun lassen.<br />

Dem anderen die Verantwortung für sein Leben<br />

zu überlassen, kann von den EA dahingehend<br />

missverstanden werden, das Gespräch sehr schnell<br />

abzubrechen, dem anderen die „Erlaubnis“ für den<br />

Suizid zu geben, und sich sehr stark abzugrenzen.<br />

Es ist eine Form der Angstabwehr, das Th ema rational<br />

abzuhandeln, ohne sich als Person darauf<br />

einzulassen. Dieses Verhalten müssen wir als Ausbilderinnen<br />

erkennen, würdigen und konstruktiv<br />

damit umgehen.<br />

Eine andere Form der Angstabwehr besteht darin,<br />

dass die EA aus lauter Sorge und Angst um<br />

das Leben des anderen – auch um eigene Schuldgefühle<br />

abzuwehren – versuchen, den Anrufer zu<br />

überreden oder zu überlisten, vom Suizid abzulassen.<br />

Auch dieses Verhalten verhindert, dass sich die<br />

EA empathisch und hilfreich einlassen und eine<br />

gute Beziehung aufbauen. Diesen Konfl ikt von<br />

Einlassen und Abgrenzen haben wir im Prinzip in<br />

allen Beratungsgesprächen, aber in einer Grenzsituation,<br />

in der es ums Überleben geht, spitzt er<br />

sich noch einmal zu.<br />

Ganz entscheidend ist also die Bearbeitung der<br />

Ängste und der möglichen Abwehrmechanismen.<br />

Das bedeutet, es ist ein Klima von Sicherheit und<br />

Vertrauen notwendig, in dem die EA den Raum<br />

und die innere Bereitschaft fi nden, sich mit ihren<br />

Ängsten auseinanderzusetzen und sich darüber<br />

auszutauschen. Wichtiges Ziel ist außerdem das<br />

Vermitteln von Sicherheit: im Notfall zu wissen,<br />

was zu tun ist. Die EA sollen nach Möglichkeit<br />

solche Lernerfahrungen machen, die das Gefühl<br />

vermitteln, sie werden in einer solchen Situation<br />

bestehen können. Denn je sicherer sie sich fühlen,<br />

desto weniger müssen sie die „Barrieren zur Angstabwehr<br />

hochziehen“ (DÖRNER, 1991).<br />

Wie bei der Behandlung von anderen beratungsrelevanten<br />

Th emen in der <strong>TelefonSeelsorge</strong> lassen<br />

sich drei Bereiche unterscheiden, die dann während<br />

der Schulungseinheit jedoch ineinandergreifen<br />

und teilweise parallel verlaufen:<br />

• einen kognitiven Teil, das heißt die Vermittlung<br />

von Fachwissen;<br />

• die Auseinandersetzung mit den eigenen<br />

Gefühlen und Werthaltungen;<br />

• den Aufbau einer Handlungskompetenz.<br />

Der folgende Abschnitt gibt Anregungen für den<br />

Aufbau einer Ausbildungseinheit. Der Text orientiert<br />

sich an einem zeitlichen Ablaufschema. Es<br />

werden zunächst verschiedene Einstiegsmöglichkeiten<br />

in das Th ema vorgestellt. Es folgen Anregungen<br />

zur Vermittlung von Fakten und Hintergrundwissen<br />

und schließlich Hinweise zur Arbeit<br />

mit Rollenspielen. Abschließend geht es um das<br />

Th ema der eigenen Nachsorge.<br />

4.1.2.1 Einstieg in das Thema<br />

Wie bei jedem Th ema lässt sich der Einstieg eher<br />

induktiv (vom Einzelnen zum Allgemeinen) oder<br />

eher deduktiv (vom Allgemeinen zum Einzelnen)<br />

aufbauen, beides hat Vor- und Nachteile. Induktives<br />

Vorgehen könnte so aussehen, dass bei den<br />

eigenen konkreten Erfahrungen der EA angesetzt<br />

wird, oder dass man „fremde“ konkrete Erfahrungen<br />

einsetzt, die zum Beispiel in Form eines<br />

Gedichts, einer Geschichte, eines Liedes, eines<br />

4.1 | Praxisfelder 12/2009

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