Druckdaten Handbuch Suizidprävention inkl ... - TelefonSeelsorge
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munikation. Die teilnehmenden Chatter tippen ihre<br />
Gesprächsbeiträge in ein Eingabefeld und schicken<br />
sie durch eine Eingabe ab. Ab dem Zeitpunkt seiner<br />
Zustellung an die Adressatenrechner ist der Beitrag<br />
für alle im selben Chatraum präsenten Chat-Beteiligten<br />
sichtbar; bis zum Zeitpunkt seiner Verschickung<br />
ist bei den meisten Chat-Systemen aber nicht einmal<br />
die Aktivität des Tippens für die Partner ersichtlich.<br />
Wegen der kommunikativen Rahmenbedingungen<br />
ist trotz der synchronen Präsenz der Kommunikationsbeteiligten<br />
vor ihren Rechnern aber keine simultane<br />
Verarbeitung von Verhaltensäußerungen zur<br />
Laufzeit ihrer Hervorbringung möglich; in diesem<br />
Punkt unterscheidet sich die Chat-Kommunikation<br />
ganz erheblich vom mündlichen Gespräch<br />
[…]. Die Kommunikation im Chat teilt somit –<br />
trotz ihrer medial schriftlichen Realisierung – mehr<br />
Merkmale mit dem mündlichen Gespräch als mit<br />
Texten, ihre charakteristischen Unterschiede zum<br />
mündlichen Gespräch bestehen aber in mehr als lediglich<br />
der Tatsache, dass Chat-Beiträge im Gegensatz<br />
zu Gesprächsbeiträgen getippt werden (müssen).“<br />
(Wikipedia, 1. 6. 2009, „Chat“.)<br />
Deshalb legt die zeitgleiche Kommunikation im<br />
Chat es zunächst nahe, das Seelsorge- und Beratungsangebot<br />
der <strong>TelefonSeelsorge</strong> eins zu eins zu<br />
übernehmen. Das triff t teils zu, teils nicht:<br />
Es triff t zu,<br />
• weil das Gespräch/der Chat in der gleicherlebten<br />
Zeit stattfi ndet. Für beide, User wie Telefonseelsorgerin,<br />
ist es die gleiche Tageszeit. Dies<br />
ist im Vergleich mit der Mail-Beratung anders,<br />
wenn z. B. eine Mail in der Stimmung der Nacht<br />
geschrieben, aber am Tag beantwortet wird;<br />
• weil es ein Dialog ist;<br />
• weil die erlernten Gesprächstechniken für die<br />
Arbeit am Telefon anzuwenden sind, wie<br />
Annehmen, Spiegeln, Klären, aktiv Zuhören,<br />
Ressourcenorientierung etc.<br />
Es triff t nicht zu,<br />
Praxisfeld: Internet 4.2<br />
• weil die Gesprächsform zwar die Form des<br />
Dialogs ist, dieser jedoch zeitversetzt stattfi<br />
ndet. Dies kann zu Missverständnissen führen<br />
und erfordert auf beiden Seiten ein hohes<br />
Einfühlungsvermögen;<br />
• weil die Zeit des Chats vorgegeben ist und<br />
nicht bei Bedarf verlängert werden kann;<br />
• weil genau die oben aufgeführten Ähnlichkeiten<br />
zu Annahmen und Hypothesen<br />
verleiten, die nicht unbedingt überprüft<br />
werden können. Diese Missverständnisse<br />
erschweren den Kontakt und führen bisweilen<br />
zu Kontaktabbruch.<br />
Die Konzentration der <strong>TelefonSeelsorge</strong>rin im Chat<br />
ist auf den Text gerichtet, der der einzige Zugang<br />
zur Welt des Ratsuchenden ist. Diese Einengung<br />
der Sinneskanäle erfordert eine eigene Schulung in<br />
Wahrnehmung und Selbstbeobachtung und ermöglicht<br />
und fordert eine besondere Zuwendung der<br />
Mitarbeitenden zum Ratsuchenden. Deshalb kann<br />
nur diejenige im Chat mitarbeiten, die nach der internen<br />
TS-Ausbildung mindestens zwei Jahre am Telefon<br />
gearbeitet hat. In dieser Zeit gilt es, durch die<br />
Reduzierung auf Stimme und Ton des Anrufenden<br />
zu lernen, sich ein Gesamtbild vom Anliegen, der<br />
Not und der inneren Gestimmtheit der Ratsuchenden<br />
machen zu können. Dies ist die Voraussetzung,<br />
dass gerade beim Th ema Suizid in der Chatarbeit<br />
in konzentrierter Form, seelsorgerlich in einer begrenzten<br />
Zeit gearbeitet werden kann (vgl. dazu das<br />
neu erarbeitete Qualifi zierungsmodul).<br />
Festzuhalten bleibt, dass sich aus diesen Gründen<br />
die Arbeit im Chat bzw. per Mail gerade wegen der<br />
fehlenden direkten (synchronen) Kommunikation<br />
erheblich unterscheiden. Auch die Parallele zur Arbeit<br />
am Telefon lässt sich scheinbar leicht herstellen,<br />
bei diff erenzierter Betrachtung allerdings sind<br />
oben genannte Unterschiede festzustellen.<br />
Praxisfelder | 4.2