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Glückauf - Georgsmarienhütte GmbH

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Liebe Leserinnen und Leser!<br />

Als ich in diesen Spätherbst-Tagen spazieren gegangen<br />

bin, habe ich mich gefühlt wie im Sommer – nicht wie im<br />

November, sondern wohlig warm. Und es wird noch wärmer:<br />

Nach einer Studie des Max-Planck-Instituts für Meteorologie<br />

können sich unsere Nachkommen – sofern wir denn welche<br />

haben – Ende dieses Jahrhunderts noch im Oktober im Freibad<br />

räkeln und Schnee wird in Deutschland gänzlich unbekannt<br />

sein. Die Experten gehen davon aus, dass sich in den nächsten<br />

100 Jahren die Durchschnittstemperatur auf der Erde um<br />

vier Grad erhöht und der Meeresspiegel bis zu 30 Zentimeter<br />

steigt. Selbst der folgenschwere Wintereinbruch in den vergangenen<br />

Tagen wird an der Richtigkeit dieser Prognose vermutlich<br />

nichts ändern.<br />

Natürlich ist es schön, wenn man durch den einsetzenden<br />

Klimawandel Spätsommerwetter auch noch im Herbst<br />

genießen kann, aber mir bereitet diese Entwicklung Sorge.<br />

Gletscher schmelzen, Hurrikane toben, Südeuropa wird von<br />

immer schlimmeren Dürren heimgesucht, man liest von<br />

katastrophalen Waldbränden und andernorts sintflutartigen<br />

Regenfällen.<br />

Auch wenn solche Theorien weiterhin umstritten sind –<br />

zwei russische Forscher haben kürzlich sogar 10.000 Dollar<br />

darauf gewettet, dass es wieder kälter wird –, in jedem Fall<br />

müssen wir alles dafür tun, dass auch unsere Kinder und<br />

Enkelkinder noch eine Welt haben, in der sie leben können.<br />

Wir alle müssen nachhaltig wirtschaften.<br />

Ein Anfang ist gemacht. Mit der UNCED-Konferenz, die<br />

vom 3. bis 14. Juni 1992 in Rio de Janeiro stattfand, wurde<br />

Nachhaltigkeit bzw. nachhaltige Entwicklung als internationales<br />

Leitprinzip der Staatengemeinschaft, der Weltwirtschaft,<br />

der Weltzivilgesellschaft sowie der Politik anerkannt und als<br />

Grundprinzip der so genannten „Rio Deklaration“ und der<br />

„Agenda 21“ verankert.<br />

Wichtig ist es nun, dieses Prinzip wo immer möglich und<br />

durch aktive Beteiligung aller auch umzusetzen. Denn Nachhaltigkeit<br />

lässt sich nicht „von oben“ verordnen. Erforderlich<br />

ist vielmehr eine umfassende Modernisierung von Wirtschaft,<br />

Gesellschaft und Staat. Wir müssen uns fragen: Wie können<br />

wir verantwortungsbewusst und effizient handeln? Und was<br />

bedeutet Nachhaltigkeit für die Unternehmen der <strong>Georgsmarienhütte</strong><br />

Gruppe in den jeweiligen Industriesegmenten Stahl,<br />

Gießerei, Maschinenbau etc.?<br />

Jedes Unternehmen, das „überleben“ will, muss Gewinn<br />

machen. Dieser, verknüpft mit sozialer Verantwortung und<br />

dem Schutz der natürlichen Umwelt, bedeutet für mich Nachhaltigkeit.<br />

Doch das heißt keineswegs Verzicht auf Wachstum, im<br />

Gegenteil: Ein integrales Konzept, das die drei Dimensionen<br />

der Nachhaltigkeit ausgeglichen berücksichtigt, trägt in den<br />

meisten Fällen zum Wachstum bei.<br />

Das Problem: Nachhaltigkeit scheint nicht sexy. Sie hat<br />

immer den Beigeschmack von Gesundheitslatschen und<br />

Selbstgestricktem. Nach meiner Beobachtung tun wir Deutschen<br />

und Österreicher uns mit dem Begriff viel schwerer als<br />

zum Beispiel unsere „sustainable friends“ aus England. Das<br />

liegt zum Teil an der Sprache, zum Teil aber auch an einem<br />

spezifisch deutschen Bedenkenträgertum. Wenn ich höre,<br />

Nachhaltigkeit sei nicht zu vermitteln, sie sei zu abstrakt, zu<br />

HOLDING<br />

LEITARTIKEL<br />

Nachhaltigkeit ist doch sexy<br />

Über Verantwortung und das deutsche Bedenkenträgertum<br />

sperrig, eine Allerweltsformel, dann frage ich mich: Wieso<br />

handeln wir nicht gemeinsam, jedenfalls da, wo es unstrittig<br />

positiv wirkt? International finden sich diese Bedenken nicht.<br />

Da wird bereits aktiv an der Ausgestaltung von Nachhaltigkeit<br />

gearbeitet.<br />

Der Werkstoff Stahl ist ein für die nachhaltige Entwicklung<br />

unserer Gesellschaft höchst bedeutsames Material. Verwendet<br />

wird er in Gegenständen, mit denen Menschen jeden Tag in<br />

Berührung kommen. Gegenstände, die für uns unverzichtbar<br />

geworden sind, z. B. Autos, Züge, Häuser, Brücken, aber auch<br />

Medizintechnik, Energieerzeugung und ... und ... und ... Was<br />

wir zur Nachhaltigkeit beitragen können?<br />

Viel:<br />

Recycling<br />

Wussten Sie, dass Stahl das am meisten recycelte Material<br />

der Welt ist? In jedem neuen Stahlprodukt steckt bereits ein<br />

bestimmter Anteil Schrott, weil Schrott einfach handhabbar,<br />

leicht trennbar von anderen Materialien und hundertprozentig<br />

wiederverwendbar ist.<br />

Allein die weltweit wachsende Nachfrage und die lange<br />

Lebensdauer vieler Stahlprodukte verhindern derzeit einen<br />

geschlossenen Kreislauf. So ist es notwendig und richtig, dass<br />

weiterhin Eisenerz abgebaut und verarbeitet wird. Nur die<br />

Kombination aus beiden Ansätzen kann die Nachfrage befriedigen.<br />

Dennoch: Die Bodenschätze unseres Planeten sind nicht<br />

unerschöpflich. Wie sich ökologisch, sozial nachhaltig und<br />

gleichzeitig profitabel wirtschaften lässt, zeigt das Beispiel<br />

„Collect-A-Can“ in Kyalami.<br />

Dieses südafrikanische Unternehmen stellt das deutsche<br />

Prinzip des Dosenpfands auf den Kopf. Statt wie in Deutschland<br />

dem Verbraucher den Schwarzen Peter zuzuschieben,<br />

läuft die Sache mit den Dosen in Südafrika über den freien<br />

Markt. Collect-A-Can ist ein gemeinschaftliches Unternehmen<br />

eines Weißblechherstellers und eines Getränkedosenherstellers.<br />

Im ganzen Land beschäftigt dieses Joint-Venture mehr als<br />

37 000 Menschen – die meisten von ihnen vorher arbeitslos<br />

– mit dem Sammeln von recycelbaren Dosen. Für die Stahlbüchsen<br />

zahlt das Unternehmen – die Gesellschafter sparen<br />

Geld für teure Rohstoffe. So einfach und noch dazu wirtschaftlich<br />

kann Nachhaltigkeit sein. Und keiner meckert.<br />

Reduzierung von Treibhausgasen<br />

Ob wir uns tatsächlich in einem Klimawandel befinden, darüber<br />

streiten sich wie gesagt die Wissenschaftler noch. Dass<br />

aber Treibhausgase für die Erderwärmung entscheidend mitverantwortlich<br />

sind, darin sind sich alle einig.<br />

Im Kyoto-Protokoll finden sechs verschiedene Gase Erwähnung.<br />

Für die Stahlindustrie ist Kohlendioxid das relevanteste<br />

und damit wichtigster Ansatzpunkt. In der Zeit von 1970 bis<br />

2000 konnte die europäische Stahlindustrie CO 2 -Emissionen<br />

pro Tonne Stahl um fast die Hälfte reduzieren. Mr. Bush – here<br />

we go!<br />

Um auch weiterhin mit gutem Beispiel voranzugehen,<br />

müssen wir investieren: in neue Produkte und Produktionstechniken.<br />

Und wir müssen „verkettet“ handeln. Denn<br />

nur in Zusammenarbeit mit unseren Partnern bei Kunden und<br />

Verbrauchern können wir effektive Lösungen zur Verringerung<br />

der Emission von Treibhausgasen während des kompletten<br />

Lebenszyklus des Produktes Stahl finden. Wie z. B. Leichtgewichtautos<br />

oder Energiesparhäuser.<br />

Innovationen<br />

Ob Manager oder Politiker – alle wollen innovativ sein. Das ist<br />

schick, im Gegensatz zu nachhaltig. Der Begriff Innovation ist<br />

somit zu der vermutlich am häufigsten gebrauchten Worthülse<br />

in den letzten Jahren geworden. Was aber beinhaltet er? Und<br />

können wir gleichzeitig innovativ und nachhaltig sein? Ich<br />

sage: Ja, das können wir! Ich gehe sogar noch einen Schritt<br />

weiter: Innovation ist unbedingte Voraussetzung für nachhaltiges<br />

Wirtschaften.<br />

Wörtlich bedeutet der aus dem Lateinischen stammende<br />

Begriff „Einführung von etwas Neuem“, „Neuerung“ oder<br />

„Erneuerung“. Genau das brauchen wir. Und zwar nicht nur<br />

im Sinne technischer oder organisatorischer Neuerungen, sondern<br />

in unserer Denkweise.<br />

Wieso soll zum Beispiel die alte Regel, dass die Stahlindustrie<br />

finanziell eine zyklische Perspektive hat, weiterhin Bestand<br />

haben? Wieso können wir nicht unabhängig werden und<br />

glück auf · 4/2005 ............ 3<br />

uns zum Ziel setzen, langfristig zufriedenstellende Erträge zu<br />

erzielen, um investieren zu können und attraktiv für die Kapitalmärkte<br />

zu sein.<br />

Wachstum statt Stillstand – auch das ist eine Devise der<br />

Nachhaltigkeit. Wir brauchen eine starke, finanziell auf sicheren<br />

Beinen stehende Industrie. Eine Industrie, die Vorreiter auf<br />

dem Gebiet der ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen<br />

Nachhaltigkeit ist und den ständigen Fortschritt sucht.<br />

Transparenz<br />

Über allem Fortschritt und Wachstum dürfen wir aber die<br />

Menschen, die mit uns arbeiten, nicht vergessen. Denn sie<br />

sind die Grundvoraussetzung jeglichen Fortschritts, jeder Innovation.<br />

Mit unseren Mitarbeitern, für unsere Kunden und das<br />

Gemeinwesen – unseren Staat – betreiben wir unsere Firma.<br />

Deshalb ist für mich ein weiteres Prinzip der Nachhaltigkeit:<br />

Transparenz.<br />

Alle unsere Mitarbeiter sind jederzeit informiert über die<br />

aktuelle wirtschaftliche Lage ihrer Unternehmen und werden<br />

an den Gewinnen beteiligt. Ethik im Unternehmen ist wichtig,<br />

und es gibt sie nicht erst, seit der Begriff „Corporate Social<br />

Responsibility“ eingeführt wurde.<br />

Grundlage für Transparenz – und somit für Nachhaltigkeit<br />

– ist für mich die offene Kommunikation zwischen Unternehmen<br />

und Mitarbeitern. Wer angesichts großer Gewinnmargen<br />

Stellenkürzungen ankündigt, kann nicht mit einer breiten<br />

Anerkennung seines Geschäftsmodells rechnen. Allerdings:<br />

Langfristige Wettbewerbsfähigkeit kann auch in vermeintlich<br />

guten Zeiten vorausschauende Maßnahmen erfordern.<br />

Ausbildung und Weiterbildung<br />

Wie schon Laotse in seinem berühmten Gleichnis von Lernen<br />

und Rudern* erkannt hat: Man lernt nie aus im Leben. Deshalb<br />

müssen unsere Firmen allen Mitarbeitern die Möglichkeit<br />

geben, sich weiterzubilden. Fortbildung trägt dazu bei, die<br />

eigenen Fähigkeiten zu verbessern und die Produktivität und<br />

Arbeitsqualität zu steigern. Denn nur qualifizierte Mitarbeiter<br />

können qualitativ hochwertige Produkte herstellen. Je höher<br />

der einzelne Mitarbeiter ausgebildet ist, umso mehr Mitsprache<br />

und Kompetenz entwickelt er und trägt damit zum „nachhaltigen<br />

Unternehmen“ bei.<br />

Außerdem wird vermieden, dass Stellen aufgrund eines<br />

Mangels an qualifizierten Arbeitskräften nicht besetzt werden<br />

und damit die Beschäftigung hinter den wirtschaftlichen Möglichkeiten<br />

zurückbleibt. Die ständige Fortbildung der Arbeitnehmer<br />

hat Vorteile nicht nur für den Arbeitgeber. Durch<br />

sie wird auch die Zufriedenheit der Mitarbeiter mit ihrem<br />

Arbeitsplatz gesteigert. Wenn man den Menschen klar macht,<br />

dass das Unternehmen für Werte, für gute Absichten, gute<br />

Produkte, für Fairness einsteht, dann lässt sich auch Leistung<br />

einfordern und erzielen.<br />

Sicherheit am Arbeitsplatz<br />

Wir Deutschen und Österreicher stehen in dem Ruf, ordnungsliebende<br />

Menschen zu sein. Aber gilt das auch am<br />

Arbeitsplatz? Extrem wichtig werden Sauberkeit und Einhaltung<br />

von Sicherheitsvorschriften am Arbeitsplatz gerade in<br />

unseren Branchen. Hier darf auf keinen Fall gespart werden.<br />

Der Verlust von Arbeitszeit durch verletzungsbedingtes Fehlen<br />

schmerzt – nicht nur den Kranken.<br />

Vielleicht konnte ich durch die aufgezeigten Punkte den<br />

Begriff von Nachhaltigkeit etwas erweitern. Was nützt ein<br />

ökologisch „sauberes“ Unternehmen, wenn es nach ein paar<br />

Jahren pleite ist; was eine gewinnbringende Firma, wenn Mitarbeiter<br />

verunglücken oder ihre Gesundheit am Arbeitsplatz<br />

verlieren; was eine gegenwärtig gute Marktstellung, wenn<br />

nicht in neue, zukunftsfähige Produkte investiert wird?<br />

Ich gebe zu: Investitionen in diese Nachhaltigkeit bedeuten<br />

harte Arbeit. Deswegen werden sie häufiger proklamiert als<br />

umgesetzt. Aber glauben Sie mir: Es lohnt sich für uns alle!<br />

Denn – ich hoffe da geht es Ihnen ähnlich – im Winter möchte<br />

ich trotz allem auch weiterhin gerne frieren, jedenfalls beim<br />

Spaziergang durch den Schnee.<br />

Glück auf!<br />

* Laotse, chinesischer Philosoph, 3. oder 4. Jh. v. Chr.: „Lernen ist wie<br />

Rudern gegen den Strom; sobald man aufhört, treibt man zurück.“

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