Die Gemeinde - Israelitische Kultusgemeinde Wien
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WIRTSCHAFT<br />
Während heimische Hoteliers die Krise<br />
in der Kassa bereits spüren, zeigt sich<br />
das kleine Segment des koscheren<br />
Tou rismus in Österreich davon bisher<br />
we nig betroffen.<br />
VON REINHARD ENGEL<br />
„Sie haben reserviert. Gott sei Dank.<br />
Bleiben Sie auch gleich einen Monat?“<br />
Gustav Adler, der Hotelier, ist selbst<br />
ein gesprungen, weil die Rezeption sei -<br />
nes Hotels Gabriel kurz unbesetzt<br />
war. Und er hat den österreichischen<br />
Feriengast aus der Provinz gleich einmal<br />
mit einer Dosis klassischen Wie -<br />
ner Schmähs begrüßt, was dieser nach<br />
einer kleinen Schrecksekunde durchaus<br />
wohlwollend zur Kenntnis nimmt.<br />
©R.Engel<br />
Gusti Adler<br />
vor einem<br />
seiner Hotels<br />
Gustav „Gusti“ Adler ist in <strong>Wien</strong> Herr<br />
über 440 Betten in vier Häusern. <strong>Die</strong> -<br />
se heißen neben Gabriel Resonanz, Drei<br />
Kronen und Allegro, früher Amarante.<br />
Und alle bieten Geschäftsreisenden<br />
und Touristen soliden Drei-Sterne-<br />
Komfort, mit modern eingerichteten<br />
Zimmern, geräumigen Bädern und<br />
üp pigen Frühstückbüffets. Bis zum<br />
Vor jahr kostete das etwa 100 Euro pro<br />
Doppelzimmer. Bis zum Vorjahr.<br />
„Jetzt ist die Krise voll da,“ erzählt Adler.<br />
„Nicht dass keine Gäste mehr kommen,<br />
aber die Preise sind dramatisch verfallen.“<br />
Heute kann er für ein Doppelzimmer<br />
gerade einmal 70 Euro verlangen, und<br />
seine Kosten sind nicht kleiner ge -<br />
worden. Dabei waren es nicht einmal<br />
die Reisebüros, die den Hoteliers die<br />
Daumenschrauben ansetzten, es sind<br />
die Kunden selbst, die via harten Preis -<br />
WIRTSCHAFT • INLAND<br />
vergleich im internet festlegen, wie<br />
viel sie bereit sind zu bezahlen. Und<br />
heute läuft eben ein Großteil des Ge -<br />
schäfts über das internet.<br />
Adlers Erfahrung bestätigt auch Er win<br />
Rosenberg. <strong>Die</strong>ser besitzt in <strong>Wien</strong> drei<br />
Hotels, das Cristall, das Attaché und das<br />
Congress, davon eines mit vier Ster nen<br />
und zwei mit jeweils dreien. „Wir spüren<br />
bei der Anzahl der Übernachtungen<br />
kaum Rückgänge,“ berichtet er. Aber<br />
auch er kann sich dem „radikalen<br />
Preis verfall“ nicht entziehen, den ihm<br />
die internet-Buchungsplattformen be -<br />
scheren. „<strong>Die</strong> Zeit der Fixpreise ist vorbei,<br />
wir betreiben heute Yield Mana ge ment,<br />
ähnlich den Fluglinien.“ <strong>Die</strong> negative<br />
Seite dieses variablen Systems, nämlich<br />
den Druck nach unten, erlebt er<br />
wie seine mitbewerber gerade jetzt.<br />
<strong>Die</strong> positive Seite liege darin, dass sich<br />
die Preise auch schnell wieder in die<br />
andere Richtung bewegen können,<br />
etwa bei großen Kulturveranstal tun -<br />
gen und Kongressen. So hofft er wie<br />
andere Hoteliers, dass der Herbst, eine<br />
gute Zeit für Städtereisende, wieder<br />
Erleichterung bringen wird.<br />
Weniger Investitionen<br />
Gustav Adler erzählt, was die aktuelle<br />
Krise für seine Unternehmensgruppe,<br />
die Adler Hotels Vienna, bedeutet.<br />
„Wir verlieren dadurch heuer eine Mil li on<br />
Umsatz. Das heißt nicht, dass wir keine<br />
schwarzen Zahlen mehr schreiben. Aber<br />
wir werden die üblichen Investitionen zu -<br />
rückstellen, ich will nicht zu viel über<br />
Kredit finanzieren.“ Regelmäßig hatte<br />
er in den letzten Jahren in allen Häu -<br />
sern Verbesserungen vorgenommen:<br />
da ein paar Bäder erneuert, dort die<br />
Spannteppiche oder den Steinboden in<br />
den Gängen, hier einen Frühstücks -<br />
raum. Jetzt verschiebt er die heurige<br />
Tranche – „hoffentlich nur um ein Jahr“.<br />
Adler wurde nicht als Hotelier geboren.<br />
Seine Familie betrieb einen Groß -<br />
handel mit Hühnern und Wild, am<br />
Höhepunkt der Entwicklung verkaufte<br />
man Fleisch via 60 kleine Filialen in<br />
ganz <strong>Wien</strong>. Aber die Supermärkte er -<br />
wiesen sich ab den frühen 70er Jahren<br />
als immer mächtigere Gegner, und erst<br />
wurden die Gewinnmargen schmäler,<br />
dann rutschte die Firma in die roten<br />
Zahlen. „Wir haben überlegt, was wir<br />
sonst machen könnten, und die Idee mit<br />
den Hotels hat dann meine Mutter ge -<br />
Grüß<br />
und<br />
habt,“ berichtet Adler. 1972 kaufte er<br />
das erste Haus, ein heruntergewirtschaftetes<br />
Hotel am äußeren Ende der<br />
Landstraßer Hauptstraße, und be gann<br />
gleich mit umfangreichen Um- und<br />
Ausbauarbeiten. Weitere Häuser folgten,<br />
eines kaufte er sogar dem Kur z -<br />
zeit-Aua-Großaktionär, Scheich mo -<br />
ham med Bin isser Al Jaber, ab. <strong>Die</strong>ser<br />
hatte am matzleinsdorfer Platz investiert<br />
und wollte dort ursprünglich ein<br />
Fünf-Sterne-Haus aufmachen, bis er<br />
draufkam, dass das dafür kein idealer<br />
Standort wäre. Adler füllt sein Alle gro<br />
jetzt dort solide mit Drei-Sterne-Gäs -<br />
ten.<br />
Gefragt, ob er auch israelische Tou ris -<br />
ten beherberge, antwortet er, vereinzelt<br />
immer wieder, aber statistisch spielen<br />
diese keine größere Rolle. Ähnlich ar -<br />
30 August 2009 - Aw/Elul 5769