NEU! - Zahnärztekammer Niedersachsen
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GESUNDHEITSPoLITIK<br />
heitswesen in den vergangenen Jahren<br />
mehr geschadet als die zwangsweise<br />
Ausrichtung seiner organe und Strukturen<br />
auf den Staat.<br />
Was von den bisherigen Verantwortlichen<br />
als großer Erfolg, als wichtiger<br />
Schritt in eine neue, bessere Zukunft<br />
gefeiert wird bzw. wurde, ist in<br />
Wirklichkeit nichts weniger als eine<br />
staatliche Zwangsjacke für die Akteure<br />
auf allen Ebenen.<br />
Es ist der Rückfall in eine Vorstellungswelt,<br />
die vom Glauben an die Allwissenheit<br />
und Allmacht des Staates<br />
beherrscht war und in der Eigenverantwortung,<br />
Selbstbestimmung, Engagement<br />
und Individualität nichts, Verein-<br />
Wahl des FVDZ-Bundesvorstands<br />
Sundmacher als Vorsitzender<br />
bestätigt<br />
Auf der diesjährigen<br />
Hauptversammlung<br />
des Freien Verbandes<br />
Deutscher Zahnärzte in<br />
Warnemünde wurde Dr.<br />
Karl-Heinz Sundmacher,<br />
Zahnarzt aus Hockenheim,<br />
als Bundesvorsitzender in<br />
seinem Amt bestätigt. Mit<br />
dieser Wahlentscheidung<br />
steht Sundmacher auch für Dr. Karl-Heinz<br />
Sundmacher<br />
die Amtsperiode 2009 bis<br />
2011 an der Spitze des größten unabhängigen<br />
zahnärztlichen Berufsverbandes<br />
in Deutschland. Als stellvertretende<br />
Bundesvorsitzende wurden<br />
Dr. Wolfram Sadowski aus Gransee<br />
und Dr. Kerstin Blaschke aus Schmalkalden<br />
gewählt.<br />
Neu im Bundesvorstand sind Dr.<br />
Peter Bührens (Schwerin), Dr. Joachim<br />
Hüttmann (Bad Segeberg) und<br />
Dr. Rainer Zajitschek (Döhlau). Erneut<br />
wiedergewählt wurden Dr. Ernst-J.<br />
Otterbach (Usingen), Dr. Alois Schneck<br />
(München), Dr. Dr. Heinrich Schneider<br />
(Metzingen), ZA Bertram Steiner (Berlin)<br />
und Dr. Dirk Timmermann (Cuxhaven).<br />
FVDZ Pressemitteilung, 12.10.2009 l<br />
foto: ZKn-ArCHiv<br />
fotoS: fvDZ / n. frAnKe<br />
Viel Arbeit in den einzelnen Vorstands-Ressorts – das wird die Belohnung sein für das<br />
Engagement, im neuen Bundesvorstand anzutreten: Dr. Dr. Heinrich Schneider, ZA<br />
Bertram Steiner, Dr. Wolfgang Sadowski, Dr. Dirk Timmermann, Dr. Karl-Heinz Sundmacher,<br />
Dr. Alois Schneck, Dr. Kerstin Blaschke, Dr. Ernst J. Otterbach, Dr. Joachim Hüttmann,<br />
Dr. Peter Bührens, Dr. Rainer Zajitschek (v. li.)<br />
heitlichung, Kollektivismus und Kontrolle<br />
hingegen alles bedeutete.<br />
Mit der Entwicklung der letzten Jahre<br />
ist eine Ideologie der Staatsgläubigkeit<br />
zu Tage getreten, die nach meiner<br />
Überzeugung mit unserem Staat, unserer<br />
Verfassung und dem Selbstverständnis<br />
des überwiegenden Teils unserer<br />
Gesellschaft nicht kompatibel ist.<br />
Wenn diese Politik mit dieser Bundestagswahl<br />
nicht Vergangenheit wird,<br />
dann sage ich voraus, dass sie krachend<br />
an der Realität scheitern wird –<br />
mit üblen Folgen für die Menschen.<br />
Geldverteilungsmaschinerie<br />
Womit ich zum Markenzeichen dieser<br />
Politik, dem Gesundheitsfonds komme.<br />
offensichtlich ist er der alten und sicherlich<br />
neuen Bundeskanzlerin so<br />
wichtig, dass sie bereits am Montag<br />
nach der Wahl glaubte, betonen zu<br />
müssen, dass sie an seinen Grundzügen<br />
keine Änderungen zulassen werde.<br />
Sie hält diese Vorstufe eines staatlichen<br />
Gesundheitswesens als Teil ihrer<br />
Gesundheitspolitik offensichtlich für<br />
unverzichtbar.<br />
Frau Merkel übersieht dabei (vielleicht),<br />
dass es in der Entwicklungsphase<br />
des GKV-WSG erhebliche Widerstände<br />
in der CDU gegen den Gesundheitsfonds<br />
gegeben hat, die – wenn wir von<br />
den sogenannten Gesundheitsexperten<br />
einmal absehen – nur durch Fraktionsdruck<br />
und penetrante Hinweise auf<br />
Koalitionsdisziplin gebrochen werden<br />
konnten.<br />
Die Situation ist heute anders: Die<br />
CDU muss sich mit einem Koalitionspartner<br />
einigen, der sich klar für eine<br />
Abschaffung des Gesundheitsfonds<br />
ausgesprochen hat. Und auch aus der<br />
CSU wird zumindest eine strukturelle<br />
Änderung gefordert (Söder).<br />
Hinzu kommt, dass nun, nach Beendigung<br />
der Großen Koalition auch die<br />
Mittelstandsvertreter wieder eine größere<br />
Rolle spielen werden und damit<br />
die eminent wichtige Frage der GKV-<br />
Beiträge als treibende Kraft bei den<br />
Lohnzusatzkosten wieder auf die Agenda<br />
kommt.<br />
Und jetzt wissen wir es auch amtlich,<br />
welche katastrophalen Verhaltensänderungen<br />
die anonyme GeldverteilungsmaschinerieGesundheitsfonds<br />
bei den Krankenkassen verursacht<br />
hat: Der sogenannte moral<br />
hazard, der bisher nur bei Versicherten<br />
bzw. Patienten und Ärzten diagnostiziert<br />
wurde, hat jetzt auch die Krankenkassen<br />
befallen.<br />
Mitnehmen, was mitzunehmen ist.<br />
ohne Rücksicht auf Verluste. Was in<br />
der Kasse ist muss raus. Sparen sollen<br />
die anderen.<br />
Und wenn die Kohle nicht reicht,<br />
dann muss die Regierung die Beiträge<br />
erhöhen – steht so im Gesetz.<br />
Massenverantwortungslosigkeit<br />
Diese Entwicklung war vorherzusehen.<br />
Sie ist struktureller Bestandteil jeder<br />
Geldsammel- und Verteilungsstelle, ob<br />
sie nun Gesundheitsfonds, Steinkohle-<br />
Beihilfe oder EU-Agrarfonds heißt.<br />
Und weil dieses Phänomen der Massenverantwortungslosigkeit<br />
durch keine<br />
Änderung am System Gesundheitsfonds<br />
aus der Welt zu schaffen ist, fordere<br />
ich Sie, Frau Bundeskanzlerin, fordern<br />
wir Sie auf: Beenden Sie dieses<br />
Experiment mit 70 Millionen gesetz-<br />
lich Versicherten. Begraben Sie den<br />
Traum von staatlich festgesetztem Einheitsbeitrag,<br />
staatlich definierter Einheitsleistung<br />
und staatlich überwachter<br />
Interessenvertretung – es ist für alle,<br />
die das erleiden müssen, ein Albtraum.<br />
Die Krankheiten und medizinischen<br />
Bedürfnisse von 70 Millionen Menschen<br />
lassen sich ebenso wenig über einen<br />
Kamm scheren wie sich deren Behandlungen<br />
und deren Behandler<br />
staatlich steuern lassen.<br />
Das Einheitsprinzip hat in unserer<br />
Gesellschaft keinen Platz – und in der<br />
Medizin schon gar nicht.<br />
Die Rückabwicklung des Gesundheitsfonds<br />
ruiniert vielleicht das Renommee<br />
der einen zusätzlich oder<br />
macht einen Fleck auf dem Blazer der<br />
anderen. Sie macht aber alle Bürger unabhängiger<br />
vom Staat, unabhängiger<br />
von fiskalischer Not und politischer Tageslaune.<br />
Unsere Forderung nach einem Ende<br />
des Gesundheitsfonds ist nicht gleichbedeutend<br />
mit einer Sehnsucht nach<br />
den alten Verhältnissen. Wir wollen<br />
keine Restauration, sondern eine Reformation,<br />
unser Blick geht nach vorne.<br />
Pflicht zur Versicherung<br />
Dritter Teil unserer Vorstellung von einem<br />
zukunftsfähigen Gesundheitswesen<br />
ist die Einführung einer Pflicht für<br />
alle Bürger zum Abschluss einer Krankheitskosten-Versicherung<br />
für eine medizinische<br />
Grundversorgung, überschrieben:<br />
Pflicht zur Versicherung für<br />
alle.<br />
Ich darf an dieser Stelle die aus meiner<br />
Sicht wichtigsten Punkte dieses<br />
Vorschlags ansprechen.<br />
Um es klar und unmissverständlich<br />
auszusprechen: Die Forderung nach einer<br />
Pflicht zur Versicherung für alle bedeutet<br />
die Schaffung eines einheitlichen<br />
Versicherungsmarktes und die<br />
Aufhebung der heutigen Trennung in<br />
gesetzliche Krankenkassen und private<br />
Krankenversicherungen. Beide werden<br />
nach unserer Vorstellung künftig<br />
auf gleicher Augenhöhe mit ihren Versicherungsprodukten<br />
in Wettbewerb<br />
um die Gunst der Bürger treten.<br />
Die neue Regierung muss die Chance nutzen, ihre<br />
Mehrheit für eine Neuausrichtung des Gesundheitswesens<br />
zu nutzen, die diesen Namen auch wirklich verdient.<br />
Wobei es einen gesetzlich vorgegebenen<br />
Rahmen für den Mindestleistungsumfang<br />
der Grundversorgung<br />
gibt. Für diesen Grundtarif soll es nach<br />
unseren Vorstellungen einen Kontrahierungszwang<br />
und auch ein Diskriminierungsverbot<br />
geben.<br />
Weitere Stichworte sind:<br />
Die Pflicht zur Bildung von Altersrückstellungen,<br />
der Grundtarif darf<br />
keine der heute als versicherungsfremde<br />
Leistungen bezeichneten Umverteilungselemente<br />
enthalten, die Leistungsabrechnung<br />
erfolgt per Direktabrechnung<br />
über Kostenerstattung<br />
und die heute per Hochdruckschlauch<br />
in das schwarze Loch Gesundheitsfonds<br />
gepumpten Steuermittel sollen<br />
gezielt im Sinne der Familienförderung<br />
als Beitragsstützung für Kinder, Jugendliche<br />
und finanziell überforderte<br />
Bürger eingesetzt werden.<br />
Grundrichtung<br />
vorgeben<br />
Wir sind nicht so naiv zu glauben, dass<br />
mit diesen wenigen Ansätzen schon alle<br />
Probleme gelöst sind – sie geben nur<br />
die Grundrichtung vor. Wir wissen<br />
auch, dass das Gesundheitswesen<br />
durch eine solche Umstrukturierung<br />
nicht per se weniger kostet.<br />
Wir sind aber der Überzeugung,<br />
dass in dieser neuen Gewichtung von<br />
Eigenverantwortung und Solidarität<br />
die einzige Chance liegt, unser Gesundheitswesen<br />
gegen die unabweisbaren<br />
Belastungen durch den demographischen<br />
Wandel zu wappnen.<br />
Die neue Regierung muss die Chance<br />
nutzen, ihre Mehrheit für eine Neuausrichtung<br />
des Gesundheitswesens<br />
zu nutzen, die diesen Namen auch<br />
wirklich verdient.<br />
Der nächste Schritt wird zeigen, wohin<br />
der Zug fährt: in eine deutlich beschriebene<br />
Zukunft oder wieder auf einen<br />
Weg, von dem keiner weiß, wo er<br />
hinführt, vielleicht nach Nirgendwo.<br />
Hypertrophes Regelungswerk<br />
Ich möchte noch einmal zu den Begriffen<br />
Eigenverantwortung und Solidarität<br />
zurück.<br />
Wir haben nicht nur darüber nachgedacht,<br />
wie die Strukturen unseres<br />
Gesundheitswesens zukunftsfester<br />
gemacht werden können, sondern<br />
auch darüber, warum bestimmte Entwicklungen<br />
in der Vergangenheit so<br />
und nicht anders abgelaufen sind und<br />
ob es charakterisierende Grundaussagen<br />
gibt, die so vorbestimmend wirken,<br />
dass, wenn man sie ändert, das Ganze<br />
eine grundlegend andere Ausrichtung<br />
bekommt.<br />
Und da sind wir im ersten Paragraphen<br />
des SGB V, dem Paragraphen, der<br />
Zweck und inhaltliche Ausrichtung des<br />
Gesetzeswerkes beschreibt, fündig geworden.<br />
Dort heißt es in der Überschrift<br />
§ 1 Solidarität und Eigenverantwortung.<br />
Und der erste Satz des Paragraphen<br />
lautet:<br />
Die Krankenversicherung als Solidargemeinschaft<br />
hat die Aufgabe, die Gesundheit<br />
der Versicherten zu erhalten,<br />
wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand<br />
zu bessern.<br />
»Die Krankenversicherung als Solidargemeinschaft<br />
hat die Aufgabe...«.<br />
Demnach ist lt. SGB V nicht der mündige<br />
Bürger selbst, sondern die gesetzliche<br />
Krankenversicherung für seine<br />
Gesundheit verantwortlich.<br />
Der Bürger, zumeist Zwangsmitglied<br />
in der GKV, hat derzeit lediglich<br />
ein Mitwirkungsrecht an seinem<br />
höchsten Gut, seiner Gesundheit. In<br />
Satz 2 heißt es dazu: Die Versicherten<br />
sind für ihre Gesundheit mitverantwortlich;<br />
[...].<br />
Ich weiß nicht, ob Sie genau so empfinden<br />
wie ich. Als ich das das erste Mal<br />
gelesen habe, habe ich mir die Augen<br />
gerieben: Die AoK, die DAK, die BKK soll<br />
für die Gesundheit ihrer Mitglieder<br />
688 · ZKN mit teiluNgeN · 11 | 2009 11 | 2009 · ZKN mit teiluNgeN · 689