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NEU! - Zahnärztekammer Niedersachsen

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GESUNDHEITSPoLITIK<br />

Bundesversicherungsamt:<br />

Aufsichtsbehörde kritisiert Krankenkassen<br />

Nahezu ohne Medienecho<br />

blieb der Anfang September<br />

vorgelegte Tätigkeitsbericht<br />

2008 des Bundesversicherungsamtes<br />

(BVA).<br />

Dabei weist die Aufsichtsbehörde über<br />

all jene Sozialversicherungsträger, die<br />

sich über mehr als drei Bundesländer<br />

erstrecken (zum Beispiel Ersatzkassen,<br />

viele Betriebs- und Innungskrankenkassen,<br />

nicht jedoch die Allgemeinen<br />

ortskrankenkassen) auf zahlreiche<br />

Miss stände hin.<br />

Anders als bei der »Fangprämie«, für<br />

die die Ärzte ins Kreuzfeuer der Kritik<br />

geraten sind, blieben die Verfehlungen<br />

der Kassen in der Öffentlichkeit jedoch<br />

weitgehend unbeachtet. Das BVA beziffert<br />

den Schaden immerhin auf Millionenhöhe.<br />

Lediglich die Verstöße im Zusammenhang<br />

mit dem morbiditätsorientierten<br />

Risikostrukturausgleich waren<br />

bereits Anfang 2009 ein Thema für die<br />

Presse. So hatte eine bundesunmittel-<br />

bare Betriebskrankenkasse im Rahmen<br />

der Datenfeststellung für den Morbi-<br />

RSA Ärzte angeschrieben, für deren Patienten<br />

keine gesicherte Diagnose vorlag.<br />

Die Erhebung von Daten zur Konkretisierung<br />

von Diagnoseangaben bei<br />

den behandelnden Ärzten sei jedoch<br />

unzulässig, stellte das BVA fest: Es fehle<br />

hierfür an einer »datenschutzrechtlich<br />

unabdingbaren Rechtsgrundlage«.<br />

»Da solche Praktiken offenkundig eher<br />

der Erlösmaximierung aus dem Gesundheitsfonds<br />

dienen als einer ordnungsgemäßen<br />

Durchführung des Risikostrukturausgleiches<br />

bzw. der Überprüfung<br />

der ärztlichen Abrechnungen,<br />

forderte das Bundesversicherungsamt<br />

die betreffende Krankenkasse umgehend<br />

auf, diese Vorgehensweise einzustellen.«<br />

Auch die Weitergabe von Versichertendaten<br />

an einen Dienstleister, der<br />

chronisch kranke Versicherte zum Thema<br />

»Selbstmanagement« informieren<br />

und beraten sollte, ohne dass hierfür<br />

die vorherige schriftliche Einwilligung<br />

der Betroffenen vorgelegen hätte,<br />

wurde moniert (vgl. Zahnärzteblatt<br />

9/2008, S. 12f). Wie der Tätigkeitsbericht<br />

des BVA belegt, handelt es sich bei<br />

diesen Verstößen jedoch nur um eine<br />

kleine Auswahl der Vorfälle. Weitere<br />

Beispiele:<br />

Vermögensdelikte und<br />

Manipulationen<br />

Der Prüfdienst der Behörde sei vermehrt<br />

mit Vermögensdelikten bzw.<br />

Manipulationen bei gesetzlichen Krankenkassen<br />

konfrontiert. Er habe zudem<br />

»viele Erkenntnisse über mangelnde<br />

Sicherungen und organisatorische<br />

Schwachstellen« bei den Kassen<br />

gewonnen. Insbesondere hätten Kassen<br />

zu vielen Mitarbeitern zu umfangreiche<br />

Zugriffsrechte in ihren Datenverarbeitungssystemen<br />

eingeräumt:<br />

»Selbst sich eigentlich ausschließende<br />

Zugriffskombinationen, die es erlaubten,<br />

Überweisungen zu erfassen, freizugeben,<br />

zu ändern, Bankverbindungen<br />

einzurichten oder gar Pseudo-Fälle<br />

zu erfinden, waren keine Seltenheit.«<br />

Der »Kreativität«, heißt es in dem 160<br />

Seiten umfassenden Tätigkeitsbericht,<br />

»waren keine Grenzen gesetzt«. So habe<br />

beispielsweise ein Kassenmitarbeiter<br />

nicht näher zuzuordnende Kostenerstattungen<br />

in Höhe von 19.800 Euro<br />

an einen Angehörigen überwiesen. Außerdem<br />

leitete er die Rückerstattungen<br />

für fingierte Leistungen (ambulante<br />

Kuren, Erstattungen ambulanter<br />

ärztlicher Leistungen oder oP-Pauschalen)<br />

an einen begünstigten Dritten<br />

um. Diese Zahlungen dienten der<br />

Begleichung von persönlichen (!) Schulden.<br />

Der Gesamtschaden sei mit rund<br />

200.000 Euro zu beziffern.<br />

Überhöhte Werbe- (Fang-)<br />

prämien und Verwaltungskosten<br />

Kritisiert wurden auch »überhöhte«<br />

Werbeprämien von Krankenkassen.<br />

Dass Kassen überhaupt Dienstleis-<br />

tungsunternehmen einschalten und<br />

diesen »Werbeprämien« – bei den Ärzten<br />

heißt das dann »Fangprämie« – für<br />

die Neugewinnung von Versicherten<br />

zahlen, findet das BVA dabei noch nicht<br />

einmal ungewöhnlich: »Die Aufsichtsbehörden<br />

der gesetzlichen Krankenversicherung<br />

haben hierzu in ihren Wettbewerbsgrundsätzen<br />

eine Aufwandsentschädigung<br />

von 75 Euro für angemessen<br />

gehalten.« Beanstandet<br />

wurden lediglich Provisionen, die deutlich<br />

über diese Summe hinausgehen.<br />

Bei einer Krankenkasse, die Vermittlungsprovisionen<br />

von bis zu 180 Euro<br />

zahlte, handele es sich um einen »massiven<br />

Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot«.<br />

Im Verlauf der Prüfung<br />

wurde sogar festgestellt, dass den Prüfern<br />

in diesem Fall manipulierte Kopien<br />

von Vertragsunterlagen vorgelegt<br />

wurden, um die Einhaltung der »Wettbewerbsgrundsätze«<br />

zu suggerieren.<br />

Kontrollen im Kassensystem:<br />

Riesiges Einsparvolumen – wann verfolgen<br />

die Medien diesen Skandal?<br />

Seit 1997 zu viel gezahlte Beträge fallen bei<br />

einer »Routineprüfung« im Jahre 2009 auf.<br />

Na endlich, möchte man meinen. Als Krankenhausarzt<br />

oder in der Praxis hat man die Kassenkontrolleure<br />

permanent auf der Pelle. Honorarkürzungen<br />

und Regresse werden zeitnah ohne<br />

vorherige gerichtliche Überprüfung der Berechtigung<br />

durchgezogen.<br />

Im eigenen Laden sieht man es nicht so eng.<br />

Da reicht alle Jahrzehnte eine Kontrolle. Denn<br />

hier sitzen ja die Ehrlichen und Guten. Darf man<br />

fragen, wieviele Gehaltsabrechnungen denn geprüft<br />

wurden? 1 Prozent?<br />

Hochgerechnet auf alle 240 Kassen ergibt<br />

sich hier ein Einsparvolumen von 24 Milliarden<br />

Euro! Macht 10 Prozent der gesamten Gesundheitsausgaben<br />

und 15 Prozent der Kasseneinnahmen<br />

aus! Und reicht, um die Honorare aller<br />

niedergelassenen Ärzte glatt zu verdoppeln.<br />

Wann endlich wird denn in diesem Sektor aufgeräumt?<br />

Und wann fangen die Medien an, diesen<br />

Skandal zu verfolgen?<br />

www.facharzt.de, 22.9.2009 l<br />

Eine andere Kasse zahlte im Rahmen<br />

einer »Sonderaktion« eine überhöhte<br />

Prämie von 100 Euro an Neukunden<br />

– in Einzelfällen, ohne den Beginn<br />

der Mitgliedschaft überhaupt abzuwarten.<br />

Durch diese Aktion hatte die<br />

Kasse ihr Werbebudget um rund<br />

60.000 Euro überschritten. Auch eine<br />

»Treueprämie« für Familienversicherte,<br />

wenn diese zu der betreffenden Kasse<br />

wechselten, sei unzulässig, monierte<br />

das BVA.<br />

Im Bereich Verwaltungskosten griff<br />

das BVA einen Fall auf, in dem eine Betriebskrankenkasse<br />

Büroflächen von<br />

550 qm über 18 Monate leer stehen ließ.<br />

Eine aktuelle Bedarfsermittlung zu<br />

den vorhandenen objekten oder eine<br />

Raumbedarfsprognose lagen nicht vor.<br />

Insgesamt überschritten die Verwaltungskosten<br />

dieser Kasse in den Jahren<br />

2005 bis 2008 den Durchschnitt aller<br />

Betriebskrankenkassen um circa 100<br />

Euro pro Mitglied.<br />

Bei der Haushaltsplanung von 12<br />

Kassen musste das BVA 2008 das Werbebudget<br />

beanstanden, weil das Gebot<br />

der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit<br />

nicht ausreichend beachtet wurde.<br />

Missachtung der Ausschreibungspflicht<br />

bei Beschaffungen<br />

Ein »leidiges Dauerthema« bei Prüfungen<br />

ist nach Angaben des BVA die<br />

Nichtbeachtung gesetzlicher Vorschriften<br />

bei der Auftragsvergabe durch die<br />

Krankenkassen. So missachten einige<br />

Kassen die Verpflichtung, bei Beschaffungsmaßnahmen<br />

eine öffentliche<br />

Ausschreibung vorzunehmen. Häufig<br />

waren auch Vergabeentscheidungen<br />

nicht nachvollziehbar und ausreichend<br />

belegt. Das Ignorieren der Ausschreibungsregularien<br />

oder ein fehlerhaftes<br />

Auftragsverfahren können, darauf<br />

weist das BVA hin, Schadensersatzansprüche<br />

der unterlegenen oder nicht<br />

beachteten Mitbewerber nach sich ziehen.<br />

Dabei handele es sich bei dem Vergaberecht<br />

nicht um eine »leidige Verfahrensregularie«,<br />

sondern die Einbeziehung<br />

vieler Anbieter stelle vor allem<br />

auch eine Chance dar, die unter Wirtschaftlichkeitsaspekten<br />

bestmögliche<br />

Kosten-Nutzen-Entscheidung zu treffen.<br />

»Dies ist vor allem deshalb geboten,<br />

weil die Krankenkassen Treuhandverwalter<br />

der Mitgliedsbeiträge ihrer<br />

Versicherten sind und ihre Mittel wirtschaftlich<br />

und sparsam einzusetzen<br />

haben«, so das BVA.<br />

Fehlerhafte Gewährung<br />

von Leistungen<br />

In praktisch allen Prüfverfahren hatte<br />

der Prüfdienst zu bemängeln, dass<br />

Krankenkassen in Einzelfällen Leistungen<br />

trotz fehlender Rechtsgrundlage<br />

übernahmen. Dabei handelte es sich<br />

etwa um Leistungen, die von »Leistungserbringern<br />

außerhalb des Vertragssystems«<br />

erbracht worden waren,<br />

um privatärztlich verordnete Leistungen<br />

und Arzneimittel, außervertragliche<br />

Leistungen (zum Beispiel Atemtherapie,<br />

Kiefergelenkanalyse, Stickstoffmessungen<br />

der Atemluft), ausgeschlossene<br />

Behandlungsmethoden<br />

(zum Beispiel Stoßwellentherapie, osteopathische<br />

Behandlung) oder um die<br />

Erstattung von Maßnahmen mit rein<br />

kosmetischem Charakter. In einem Fall<br />

hatte eine Krankenkasse aufgrund einer<br />

mündlichen Absprache über mehrere<br />

Jahre die Kosten für stationäre<br />

Leistungen in einer Privatklinik für orthopädische<br />

Chirurgie übernommen.<br />

Daneben erstattete sie auch Kosten für<br />

privat verordnete Arznei-, Heil- und<br />

Hilfsmittel sowie für privat abgerechnete<br />

(beleg-) ärztliche Behandlungen<br />

in dieser Klinik. ohne Begrenzung auf<br />

die Vertragssätze habe sie dafür allein<br />

im Jahr 2005 rund 700.00 Euro ausge-<br />

694 · ZKN mit teiluNgeN · 11 | 2009 11 | 2009 · ZKN mit teiluNgeN · 695

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