NEU! - Zahnärztekammer Niedersachsen
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DIES & DAS<br />
demonstration in Leipzig, die von Mal<br />
zu Mal mehr Menschen auf die Straße<br />
gebracht haben und in der Massendemonstration<br />
von 70.000 Menschen am<br />
9. oktober mit dem Schlachtruf »Wir<br />
sind das Volk« gipfelten.<br />
Weitere Höhepunkte der bewegten<br />
Tage im Herbst 1989, die uns heute wieder<br />
beschäftigen, sind die Botschaftsbesetzungen<br />
und ihr glückliches Ende<br />
zunächst in Budapest und die in diesen<br />
Tagen immer wieder präsentierte Befreiung<br />
der Prager Botschaftsflüchtlinge<br />
durch die berühmten Worten des<br />
damaligen Außenministers Hans-Dietrich<br />
Genscher (»Ich bin heute zu Ihnen<br />
gekommen,..«), die heute noch den<br />
Deutschen in ost und West Tränen in<br />
die Augen treiben, auch wenn man sie<br />
schon zum zigsten Mal gehört hat. Und<br />
nicht zuletzt die starke Gegenbewegung,<br />
die den 40. Jahrestag der DDR<br />
am 7. oktober begleitete, an dem sich<br />
Erich Honecker von Michael Gorbatschow<br />
die mahnenden Worte sagen<br />
lassen musste, dass der vom Leben bestraft<br />
wird, der zu spät kommt. Sie<br />
fand ihren Höhepunkt mit der größten<br />
Demonstration auf deutschem Boden<br />
mit zahlreichen DDR-Künstlern am 4.<br />
November auf dem Alexanderplatz<br />
und schließlich mit der dann doch unerwarteten<br />
Grenzöffnung am 9. November,<br />
die vielen Deutschen als eigentlicher<br />
Tag der Deutschen Einheit<br />
gilt.<br />
Das Ende der DDR kann heute in<br />
zahlreichen, zum Teil nachgespielten,<br />
Zeugenberichten nachvollzogen werden.<br />
Häufiger denn je und vielleicht<br />
auch genauer, als es viele wissen wollen,<br />
wird man zum wiederholten Mal<br />
mit dem menschenverachtenden System<br />
der früheren DDR vertraut gemacht<br />
– von der permanenten Beobachtung<br />
durch die Staatssicherheit, die<br />
Bespitzelung durch Freunde, Kollegen<br />
und sogar die eigenen Kinder, Zwangsadoptionen<br />
von Kindern nicht (mehr)<br />
linientreuer Eltern, das Studierverbot<br />
als Strafe für Vergehen gegen Staat<br />
und Partei und vieles mehr, das man<br />
sich heute gar nicht mehr vorstellen<br />
kann. Das alles bietet immer wieder<br />
aufs Neue Stoff für Spielfilme über<br />
abenteuerliche Fluchten aus dem<br />
Volksgefängnis DDR, über die tränenreiche<br />
Trennung von Eltern und Kindern,<br />
Ehe- und Liebespaaren oder die<br />
psychische Zerstörung von Menschen.<br />
Es ist und bleibt wichtig, diese Dinge<br />
immer und immer wieder vor allem<br />
jungen Leuten in ost und West zu zeigen,<br />
die die DDR nicht mehr erlebt haben<br />
und kaum ermessen können, welchen<br />
Mut ihre Elterngeneration vor 20<br />
Jahren aufgebracht hat, dieses System<br />
zum Einsturz zu bringen. Wie wichtig<br />
das ist, ist auch an den wachsenden<br />
Tendenzen abzulesen, dies alles zu vergessen<br />
und bestenfalls den Archiven zu<br />
überantworten. Wie anders ist zu verstehen,<br />
dass die Erben des Systems, die<br />
sich noch zuhauf in der Nachfolgeorganisation,<br />
der Linkspartei, finden, heute<br />
so große Wahlsiege feiern, dass sich die<br />
altehrwürdige Sozialdemokratie mit<br />
ihren über 140-jährigen demokratischen<br />
Wurzeln, die in Deutschland<br />
nicht nur eine Diktatur überlebt hat, in<br />
der Versuchung ist, sich mit diesen Erben<br />
zusammenzutun, um gemeinsam<br />
wieder regierungsfähig zu werden?<br />
Auch wenn sich viele Mitglieder der<br />
Linkspartei vehement von der Vergangenheit<br />
ihrer Vorgängerorganisation<br />
zu distanzieren versuchen, ist die Partei<br />
bislang doch nicht in der Lage, sich<br />
von ihren Belastungen zu befreien. Das<br />
macht es für die Grünen, die sich seit<br />
1990 Bündnis 90/Die Grünen nennen<br />
und zahlreiche Mitglieder aus dem<br />
DDR-Widerstand aufgenommen haben,<br />
so schwer, sich in rot-rot-grünen<br />
Koalitionen heimisch zu fühlen.<br />
Gänzlich unbegreiflich ist dieser<br />
Weg vielen »alten« Sozialdemokraten,<br />
die sich auf Willy Brandt berufen, nach<br />
dem sie ihre Parteizentrale benannt<br />
haben und der sich wahrscheinlich im<br />
Grabe umdrehen würde, könnte er die<br />
jetzige Entwicklung miterleben. Schon<br />
dass sich in seiner Wahlheimat Berlin,<br />
die er geprägt hat wie kein anderer, als<br />
erstes Land eine Regierung aus SPD<br />
und Linken gebildet hat gerade einmal<br />
zwölf Jahre nach dem Fall der Mauer,<br />
hätte Brandt wohl kaum toleriert; er<br />
hat es Gottseindank nicht mehr erleben<br />
müssen. Nicht wenige Menschen<br />
gehen sogar davon aus, dass es mittelfristig<br />
zu einer Vereinigung von SPD<br />
und Linken kommen könnte. Spätestens<br />
dann wird es die SPD endgültig<br />
zerreißen. Um das zu verhindern, kann<br />
man das Gedenken an den deutschen<br />
Herbst 1989 gar nicht hoch genug bewerten.<br />
Anne Zick,<br />
rundblick, 5.10.2009<br />
Gesundheitsfonds – Scheinheiligkeit<br />
im Endstadium<br />
Gesundheitsfonds erfüllt<br />
vor allem einen Zweck: die<br />
»Der<br />
Wahrheit über die Kosten<br />
medizinischer Dienstleistung zu verheimlichen.«<br />
Davon ist der Leiter des<br />
Grönemeyer-Institutes bei der Ruhr-<br />
Universität Bochum, Dietrich Grönemeyer,<br />
überzeugt. In seinem Gastbeitrag<br />
in der »Süddeutschen Zeitung«<br />
ruft er der Bundeskanzlerin frei nach<br />
Friedrich Schiller zu: »Geben Sie Gestaltungsfreiheit<br />
– Madame!« Die Gelegenheit<br />
sei für sie strategisch günstig,<br />
würde ihr doch niemand die Korrektur<br />
der Zugeständnisse in der alten Koalition<br />
vorhalten. Es wäre bloß das Ende eines<br />
Schildbürgerstreichs. »oder wie<br />
sonst sollte man die Schaffung einer<br />
Behörde bezeichnen, an die die Krankenkassen<br />
das Geld, das sie einsammeln,<br />
abführen müssen, um es dann<br />
von ebendieser Behörde wieder zugeteilt<br />
zu bekommen, gekürzt und verspätet<br />
zumeist. Und niemand soll hier<br />
behaupten, dass sich eine solche Bürokratie,<br />
wenn sie erst einmal in Gang gesetzt<br />
ist, nicht so ohne weiteres abwickeln<br />
läßt« , stellt Grönemeyer klar. Grönemeyer<br />
schlägt statt der immer neuer<br />
Behörden und Bürokratismen mehr<br />
Transparenz vor. Ärzte sollten den Patienten<br />
eine Dokumentation der ärztlichen<br />
Leistung auszuhändigen, um Kostenbewusstsein<br />
zu erzeugen. »Wie bei<br />
den privaten Kassen, so sollten die Versicherten<br />
auch bei den gesetzlichen<br />
Kassen als mündige Bürger behandelt<br />
werden, indem sie in die Abrechnung<br />
ihrer Behandlungskosten einbezogen<br />
werden.<br />
www.frei-fax.de, Bundesausgabe 39/09<br />
»Serie unsolider Reformen<br />
wird beendet«<br />
Steuersenkungen und<br />
ein neues Gesundheitssystem<br />
– für Philipp Rösler<br />
(FDP) Kernaufgaben<br />
der neuen Koalition<br />
Die Union spricht davon, dass<br />
Sie sich in den Koalitionsverhandlungen<br />
weitgehend<br />
durchsetzt. Ist dem so?<br />
Das kann schon deshalb<br />
nicht stimmen, weil wir noch<br />
am Anfang der Koalitionsverhandlungen<br />
sind. Wer<br />
sich wo in welchen Anteilen<br />
durchgesetzt hat, wird erst<br />
in den kommenden Wochen<br />
klar sein.<br />
Wo liegen die Streitpunkte,<br />
wo zeichnen sich eher schnelle<br />
Lösungen ab?<br />
Insgesamt gibt es mehr<br />
Gemeinsamkeiten als Unterschiede.<br />
Aber es gibt weiter<br />
Differenzen in der Innen-<br />
und Rechtspolitik, in der<br />
Steuerpolitik, und wir müssen<br />
sehen, wie wir ein zukunftsfestesGesundheitssystem<br />
auf den Weg bringen.<br />
Sie gehören der Verhandlungsgruppe<br />
Gesundheit und<br />
Pflege an. Gibt es Fortschritte<br />
um die Zukunft des viel kritisierten<br />
Gesundheitsfonds?<br />
Alle wissen, dass wir im<br />
Gesundheitssystem eine ungeheuer<br />
schwierige finanzielle<br />
Lage vorgefunden haben<br />
– als Ergebnis der katastrophalen<br />
Politik der bisherigen<br />
SPD-Ministerin Ulla<br />
Schmidt. Die Zahlen schauen<br />
wir uns aktuell sehr genau<br />
an. Ziel ist ein robustes<br />
Gesundheitssystem; das<br />
wird eine der großen Reformen<br />
der neuen Bundesregierung<br />
in dieser Legislaturperiode.<br />
Die Menschen haben<br />
in den vergangenen 20<br />
Jahren sieben sogenannte<br />
Jahrhundertreformen erlebt.<br />
Wir werden diese Serie unsolider<br />
Reformen beenden.<br />
In ähnlicher Schieflage<br />
befindet sich die Pflegeversicherung.<br />
Wird sie reformiert?<br />
Alle sozialen Sicherungssysteme<br />
haben die Schwierigkeit,<br />
dass das dort vorherrschendeUmlageverfahren<br />
angesichts der demografischen<br />
Entwicklung nicht<br />
mehr trägt. Deshalb müssen<br />
wir dort Kapitalbildungsmaßnahmen<br />
aus privater<br />
Hand einbauen. Das gilt auch<br />
für die Pflege. Daneben benötigen<br />
wir dort aber auch<br />
eine bessere Nachwuchsgewinnung<br />
und eine echte<br />
Entbürokratisierung.<br />
Trotz hoher Neuverschuldung<br />
klafft im Bundesetat bis<br />
2013 eine Lücke von bis zu<br />
34 Milliarden Euro. Hat da die<br />
Politik überhaupt noch Gestaltungsspielräume?<br />
Diese Zahlen machen<br />
jetzt schon eines deutlich:<br />
Man wird durch Kürzungs-<br />
und Streichungshaushalte<br />
allein solch ein Defizit niemals<br />
decken können. Und<br />
deswegen bleiben wir dabei,<br />
dass der einzig richtige Weg,<br />
um aus der Schuldenfalle<br />
herauszukommen, der ist,<br />
Wirtschaftswachstum zu<br />
beflügeln. Die neue Bundesregierung<br />
wird alles dafür<br />
tun – wie Steuersenkungen<br />
und Entbürokratisierung. So<br />
entlasten wir die Menschen<br />
und die Unternehmen, damit<br />
diese den Aufschwung ermöglichen.<br />
Das ist möglich<br />
und ist ganz klar unser Ziel.<br />
Der Fahrplan sieht vor,<br />
den Koalitionsvertrag bis<br />
Donnerstag fertig verhandelt<br />
zu haben. Ist das realistisch?<br />
Gründlichkeit geht vor<br />
Schnelligkeit, die Einigung in<br />
Sachfragen wird den Termin<br />
bestimmen. Die Menschen<br />
haben eine neue Regierung<br />
Presse & medien<br />
gewählt, und sie werden Sie<br />
auch schnellstmöglich bekommen.<br />
Interview: Alexander Dahl<br />
haz, 9.10.2009<br />
Fragen an Peter Oberender,Gesundheitsökonom<br />
Uni Bayreuth<br />
»Gesundheitsfonds<br />
abschaffen«<br />
Die gesetzlichen Krankenkassen<br />
zahlen ihre Beiträge<br />
in den Gesundheitsfonds,<br />
inklusive Steuermittel 155<br />
Milliarden Euro. Der Fonds<br />
verteilt das Geld, die Regierung<br />
legt den Beitrag fest.<br />
CDU/CSU und FDP streiten,<br />
ob das gerecht und zukunftsfest<br />
ist.<br />
Herr Oberender, den gesetzlichen<br />
Krankenkassen<br />
fehlen im kommenden Jahr<br />
vermutlich 7,5 Milliarden Euro.<br />
Die FDP sagt, der Gesundheitsfonds<br />
sei gescheitert und<br />
gehöre abgeschafft, die CDU<br />
will an ihm festhalten. Was ist<br />
der richtige Weg?<br />
Die Kassen haben bis<br />
jetzt 8 Milliarden Euro Überschuss<br />
erzielt, da muss man<br />
fair bleiben. Aber ansonsten<br />
gilt: Der Gesundheitsfonds<br />
muss abgeschafft werden.<br />
Er löst die Probleme nicht,<br />
es ist zu wenig Geld im<br />
Fonds, und er blendet jeden<br />
Wettbewerb aus. Durch die<br />
zunehmende Alterung der<br />
Gesellschaft werden die<br />
Probleme nur noch größer.<br />
Was soll an dessen Stelle<br />
treten?<br />
Das System muss geöffnet<br />
werden. Die gesetzlichen<br />
Kassen sollten privatisiert<br />
werden und in den<br />
Wettbewerb mit den privaten<br />
Kassen als gewinnorientierte<br />
Unternehmen treten<br />
können. Einige gesetzliche<br />
Kassen wie die Techniker<br />
oder die DAK sind ja jetzt<br />
schon gut aufgestellt, da<br />
sieht man, wie es funktionieren<br />
könnte.<br />
Also Umstellung auf Kapitaldeckung?<br />
Die ist gerade in<br />
der Finanzkrise in Verruf geraten.<br />
Ja, man sollte auf Kapitaldeckung<br />
umstellen. In der<br />
Finanzkrise sind Sparkassen<br />
oder Volksbanken nicht<br />
so sehr unter Druck geraten.<br />
Das heißt für das Gesundheitswesen,<br />
dass das Geld<br />
mündelsicher angelegt<br />
werden muss, die Kassen<br />
dürfen nicht in spekulative<br />
Papiere investieren. Ich bin<br />
ein Anhänger eines klaren<br />
Systems. Sollte das politisch<br />
nicht durchsetzbar sein,<br />
muss man ein Mischsystem<br />
bilden: einen Grundstock<br />
über ein Umlageverfahren<br />
absichern, Wahltarife und<br />
Zusatzleistungen über Kapitaldeckung.<br />
Aber man müsste in jedem<br />
Fall einen Grundkatalog der<br />
Leistungen erstellen, oder?<br />
Ja. Ein Regelleistungskatalog<br />
muss gesetzlich festgelegt<br />
werden. Ebenso die<br />
Versicherungspflicht für jeden,<br />
der in Deutschland ansässig<br />
ist. Ein Grundkatalog<br />
ist auch deshalb unverzichtbar,<br />
weil junge Menschen ihre<br />
späteren Bedürfnisse unterschätzen.<br />
Das muss man<br />
auffangen. Und wir müssen<br />
natürlich auch denen helfen,<br />
die auf Fürsorge oder Sozialhilfe<br />
angewiesen sind.<br />
Die gesetzlich Versicherten<br />
haben den Eindruck, dass<br />
sie für immer weniger Leistung<br />
immer höhere Beiträge<br />
bezahlen müssen. Ist das eine<br />
Art Naturgesetz?<br />
Nein, und das stimmt so<br />
auch nicht. Wir haben heute<br />
eine ganz andere Medizin als<br />
724 · ZKN mit teiluNgeN · 11 | 2009 11 | 2009 · ZKN mit teiluNgeN · 725