NEU! - Zahnärztekammer Niedersachsen
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BERUFSSTÄNDISCHES<br />
Zahnärztetag in Bremen<br />
Auch das zahnärztliche Fachpersonal war<br />
mit Schwung und Begeisterung dabei<br />
Geborgenheit und Verlässlichkeit<br />
Frau Kollegin Sabine Bertzbach aus<br />
Bremen mit dem Tätigkeitsschwerpunkt<br />
Kinder- und Jugendzahnheilkunde<br />
widmete sich als erstes dem<br />
Thema »Umgang mit ängstlichen Kindern<br />
in der Prophylaxe«. So haben 60<br />
Prozent aller Kinder Angst vor dem<br />
Zahnarzt, vorgeprägt durch Elternhaus<br />
oder eigene schlechte Erfahrung infolge<br />
behandlerischer Unkenntnis. Häufig<br />
gilt es, ein Kind wieder mit Hilfe der<br />
Prophylaxe, »eines guten Werkzeugs«,<br />
von der Angst zu befreien. Angst entsteht<br />
durch fremde Gerüche, Geräusche<br />
und Erwartungsdruck, ebenso<br />
durch unsensible Behandler wie durch<br />
Überforderung in der Dauer der Behandlung.<br />
Entscheidend ist auch der<br />
Grad der vom Kind angenommenen<br />
Bedrohung, denn wer Angst hat,<br />
braucht Phantasie. Die Angstentwöhnung<br />
beginnt mit der eigenen mentalen<br />
Grundeinstellung. So ist ein Kind<br />
nicht »schwierig«, sondern »interessant«<br />
und stellt immer eine Herausforderung<br />
dar. Frau Bertzbach zeigte auf,<br />
wie Kinderbehandlung in der Prophylaxe<br />
altersgerecht erfolgen muss, wobei<br />
das Maß an Reizen und Zuwendung,<br />
an Ritualen und Struktur sich altersentsprechend<br />
stark unterscheidet.<br />
Unterschiedliche Altersgruppen, Klein-,<br />
Kindergarten- und Schulkinder bedürfen<br />
unterschiedlicher Behandlung was<br />
die Zuwendung, Vermittlung von Geborgenheit<br />
und Verlässlichkeit angehen.<br />
Wichtig ist auch die klare Ansprache,<br />
dabei sollte man sich immer einer<br />
positiven Sprache bedienen. Das typische<br />
Beispiel einer negativ besetzten<br />
Sprache ist: »Es tut nicht weh«, hab keine<br />
Angst, es passiert nichts.«<br />
Besser ist es, altersentsprechend die<br />
angemessene Wahrheit zu sagen anstatt<br />
zu bagatellisieren. Das Zauberwort<br />
über allem ist jedoch das Wort<br />
ZEIT. Die anfängliche effektive zahnärztliche<br />
Arbeit soll fünf Minuten nicht<br />
überschreiten. Eine Desensibilisierung<br />
kann nur durch langsame Belastungssteigerung<br />
erfolgen. Frau Bertzbach<br />
gab viele große und kleine Hilfen mit<br />
auf den Weg, um die kleinen Patienten<br />
angstfrei behandeln zu können und<br />
uns die Freude an der Behandlung zu<br />
erhalten.<br />
Welche Zahnbürste, bitte?<br />
Einen sicheren Weg durch den undurchdringlich<br />
erscheinenden Dschungel<br />
der Zahnbürsten und Hilfsmittel<br />
zur mechanischen Plaqueentfernung<br />
wollte Herr Dr. Jiri Sedelmayer aus<br />
Hamburg bahnen und damit die Qual<br />
Zum dritten Mal trafen<br />
sich weitergebildete<br />
Mitarbeiterinnen aus<br />
dem Prophylaxebereich auf<br />
dem Zahnärztetag der<br />
<strong>Zahnärztekammer</strong> <strong>Niedersachsen</strong><br />
und Bremen im<br />
Congress Centrum in<br />
Bremen, um sich zum<br />
Wohle unserer Patienten<br />
fortzubilden. Die Kammervorstände<br />
hatten ein<br />
attraktives Programm<br />
zusammengestellt<br />
der Wahl der richtigen Zahnbürste vereinfachen.<br />
Grundsätzlich sei jede angewandte<br />
Zahnreinigungstechnik,<br />
und sei sie noch so falsch, besser als gar<br />
keine Zahnreinigung. Herr Dr. Sedelmayer<br />
beklagte, dass es in Deutschland<br />
bis heute noch keinen Fortbildungskursus<br />
über die richtige Anwendung<br />
von Hilfsmitteln zur Zahnreinigung gäbe<br />
und sowohl Zahnärzte als auch das<br />
Fachpersonal auf autodidaktisch erworbene<br />
Erfahrungen im Selbstversuch<br />
zurückgreifen müssen. Er verstehe<br />
nicht, dass Examinanten ihre Approbation<br />
mit sehr gut erhielten aber<br />
möglicherweise nicht in der Lage seien,<br />
die Plaque in ihrem eigenen Mund exakt<br />
zu erntfernen, weil sie es nicht gezeigt<br />
bekommen und intensiv gelernt<br />
hätten.<br />
Akzeptabel, effektiv, atraumatisch<br />
Das gesunde Parodontium sei die<br />
Grundlage für den Erhalt der Zahngesundheit.<br />
Es gelte, die Quellen der Infektion<br />
zu beseitigen, und diese befänden<br />
sich weder auf den Glattflächen<br />
noch auf den okklusalflächen der Zähne,<br />
sondern am Zahnfleischsaum und<br />
in den Interdentalräumen. Entscheidend<br />
sei demzufolge auch die Reinigung<br />
dieser Bereiche. Die vielfältigen<br />
Angebote an Zahnbürsten, die sich aus<br />
Marketinggründen immer mit neuen<br />
Formen und Büschelanordnungen darstellten,<br />
seien häufig nicht besser als<br />
ihre Vorgänger und führen zu Verunsicherungen.<br />
Sicher sei, dass keine Zahnbürste<br />
der Welt allein den Interdentalraum<br />
ausreichend säubern könne. Dies<br />
gelänge nur mit Zahnseide, am sichersten<br />
jedoch weitestgehend atraumatisch<br />
mit geeigneten Interdentalraumbürsten.<br />
Deren Eignung muss allerdings<br />
am Patienten erprobt, demonstriert<br />
und eingeübt werden. So sei es<br />
durchaus üblich, dass mit zunehmendem<br />
Alter verschiedene Durchmesser<br />
infolge unterschiedlicher Interdentalraumgrößen<br />
zu verwenden seien. Dr.<br />
Sedelmayer beurteilte die Hilfsmittel<br />
nach den Kriterien: akzeptabel, effektiv,<br />
atraumatisch. So habe sich erwiesen,<br />
dass in der Schweiz 60 bis 80 Prozent<br />
der Schulabgänger massive Zahnhalsdefekte<br />
aufwiesen, die auf den Gebrauch<br />
der zur Verfügung gestellten<br />
»mittelharten Schulzahnbürste« zurückzuführen<br />
seien. Er verteilte Lachmännchen<br />
für die einzelnen Systeme:<br />
elektrische sonische Einbüschel-<br />
Systeme Systeme bürste<br />
akzeptabel <br />
710 · ZKN mit teiluNgeN · 11 | 2009 11 | 2009 · ZKN mit teiluNgeN · 711<br />
effektiv<br />
atraumatisch<br />
<br />
Solotechnik<br />
Nach wie vor sei von den herkömmlichen<br />
Zahnreinigungsmethoden die<br />
Bass-Methode die Anerkannteste, allerdings<br />
erlaube es die Bürstenform<br />
nicht, ohne traumatisierenden Druck<br />
mehr als die Glattflächen gründlich zu<br />
reinigen. Dr. Sedelmayer sagte: »Niemand<br />
kommt auf die Idee, vier nebeneinander<br />
liegende Schuhe mit einem<br />
planen Besen zu reinigen, in der Annahme,<br />
damit perfekte Sauberkeit zu<br />
erzielen, aber bei Zähnen bedient man<br />
sich dieser Annahme.<br />
Als Erfinder der Solo-Technik (Reinigung<br />
mit der Einbüschelzahnbürste)<br />
schrieb er dieser Technik die größte Effektivität<br />
bei minimalster Traumatisierung<br />
zu. Allerdings sei sie schwer zu erlernen<br />
und zeitaufwendig, daher habe<br />
sie gegenüber anderen Systemen eine<br />
geringere Akzeptanz.<br />
Schnittstelle Parodontologie<br />
PD Dr. Rainer Buchmann aus Düsseldorf<br />
referierte über die Wichtigkeit der<br />
parodontalen Diagnostik. Diese sei nur<br />
fotoS: M. grotHe<br />
Über 300 Mitarbeiterinnen waren sich einig: Die Teilnahme am Kongress hat sich gelohnt<br />
dann zeitgemäß, wenn sie die Beurteilung<br />
vorhandener Grunderkrankungen<br />
beinhalte. Anhand eindrucksvoller<br />
Bilder zeigte er auf, wo die Schnittstelle<br />
zwischen Parodontologie und verschiedenen<br />
Allgemeinerkrankungen, wie<br />
Morbus Down, Diabetes, Epilepsie und<br />
HIV liegen. So seien zum Beispiel junges<br />
Erwachsenenalter und übermäßige<br />
starke parodontale Destruktion<br />
nicht vereinbar und auffällig und leiten<br />
den Verdacht auf eine Immunschwäche,<br />
zum Beispiel HIV hin. Wichtig<br />
sei es auch, Patienten mit erhöhtem<br />
parodontalem Risiko neben einer ausführlichen<br />
Anamnese durch regelmäßiges<br />
parodontales Screening zu ermitteln.<br />
Anamnestisch wichtige Punkte<br />
seien:<br />
l Auffälligkeiten bei den Großeltern<br />
(Familienanamnese)<br />
l Nikotinabusus<br />
l Vorherige Parodontalerkrankungen<br />
l Diabetes mellitus I +II<br />
l Sondierungstiefen über 6 mm<br />
l Quantitativer Nachweis spezifischer<br />
Keime.<br />
Leider erlaubte der Zeitrahmen<br />
nicht, dieses wichtige Thema weiter<br />
auszuführen. Hier sei auf entsprechende<br />
Kursangebote der ZAN hingewiesen.<br />
Ein ehrliches Lächeln<br />
Frau Betül Hanisch, Business-Knigge-<br />
Trainerin aus Freiburg bezeichnete sich<br />
selbst als Etikette-Trainerin oder Benimm-Lehrerin.<br />
Sie benötigte keinerlei<br />
technische Hilfsmittel, um die Zuhörer<br />
binnen Sekunden eine Stunde lang mit<br />
ihren Ausführungen über den Umgang<br />
mit Menschen zu faszinieren. Sie<br />
demonstrierte verbal und durch Körpersprache<br />
wie man seinem Gegenüber<br />
die eigene Wertschätzung sichtbar<br />
machen kann und wie man dem<br />
Patienten das Gefühl vermitteln kann,<br />
Gast in der Praxis zu sein. Wichtig sei<br />
die eigene tadellos gepflegte Erscheinung<br />
verbunden mit einem ehrlich gemeinten<br />
Lächeln. Man lächle ehrlich,<br />
wenn man in der Phantasie schöne Erlebnisse<br />
und Bilder aufrufe, dieses führe<br />
zu einer Endorphinausschüttung,<br />
die beinahe den Umfang habe, wie die<br />
zur Zeit des realen Erlebnisses. Freiherr<br />
Adolf von Knigge, der 1788 das Buch<br />
»Über den Umgang mit Menschen«<br />
schrieb, ist 1752 in Bredenbeck bei Hannover<br />
geboren und 1796 in Bremen gestorben.<br />
Frau Betül Hanisch hat uns<br />
<strong>Niedersachsen</strong> und Bremern ausgesprochen<br />
charmant gezeigt, dass Knigge<br />
keineswegs verstaubt und aus der