NEU! - Zahnärztekammer Niedersachsen
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DIES & DAS<br />
bel, werden zunehmend eingestellt<br />
oder zusammengelegt. Denn Redaktionen<br />
kosten Geld und bringen keine<br />
Anzeigen! Anzeigenblätter treten an<br />
ihre Stelle, sind aber keine Alternative.<br />
Private Radiosender haben sich nahezu<br />
verabschiedet von redaktionellen Beiträgen,<br />
die keine offene oder verdeckte<br />
Werbung sind. Die ohnehin kümmerlichen<br />
Nachrichten werden gern vom<br />
unbezahlten Praktikanten zusammengestellt.<br />
Das Privatfernsehen glänzt<br />
mit Kochduellen, Frauentausch, Model-<br />
und Popstarwettbewerben, Anschreiforen<br />
und sonstiger Volksverblödung,<br />
Das öffentlich-rechtliche Fernsehen<br />
hat sich bereits viel davon abgeschaut<br />
– leider! Wichtige Polit-Magazine werden<br />
auf späte Sendezeiten verlegt oder<br />
komplett eingestellt. Folklore statt Information<br />
ist offenbar die Maßgabe<br />
für viele dritte ARD-Programme geworden,<br />
zumindest in der besten Sendezeit.<br />
Die Politik schaut mehr oder minder<br />
tatenlos zu, wie die Möglichkeiten, sich<br />
aus vielfältigen Quellen unabhängig<br />
zu informieren, in Deutschland dramatisch<br />
sinken – obwohl jeder Politiker<br />
weiß, wie ungut es sein kann, wenn die<br />
einzige Lokalzeitung im Wahlkreis oder<br />
die wichtige Regionalzeitung ihn auf<br />
dem Kieker hat und es kein Konkurrenzmedium<br />
mehr gibt, das vielleicht<br />
eine andere, wahrhaftigere Sicht der<br />
Dinge verbreiten könnte. Die Zerschlagung<br />
von Zeitungsredaktionen, der<br />
wachsende Druck auf die verbliebenen<br />
Redakteure, die häufig skandalösen Arbeitsbedingungen<br />
und dramatisch sinkenden<br />
Absatzmöglichkeiten für freie<br />
Journalisten, das Zuklatschen von Zeitungen<br />
und Radioprogrammen mit<br />
zum Teil zweifelhaftem Agenturmaterial,<br />
aber auch die zunehmend vernachlässigte<br />
Ausbildung des Journalistennachwuchses<br />
läuten das Ende der<br />
unabhängigen Presse ein. Die daraus<br />
erwachsenden Gefahren sind existenziell<br />
für uns alle.<br />
onlinemedien sind kein Ersatz für<br />
klassische Medien, sondern ihre Ergänzung.<br />
Das Schielen auf die Mediengewohnheiten<br />
der nachwachsenden Generationen<br />
darf nicht den Blick trüben<br />
für die Notwendigkeit seriöser, vielfältiger<br />
Informationsmöglichkeiten, die<br />
für den Fortbestand einer demokratische<br />
Gesellschaft unverzichtbar sind.<br />
Das muss auch die niedersächsische<br />
Landesregierung im Auge behalten,<br />
wenn sie zum Medienwirtschaftsgipfel<br />
ruft. Nichtleitende Festangestellte<br />
sowie freie Journalisten und andere<br />
Kreative gehören mit an den Tisch. Der<br />
Schutz von Persönlichkeitsrechten jedes<br />
einzelnen im Netz, aber auch von<br />
Urheber- und Verwertungsrechten.<br />
Pressekodex und -recht sowie angemessene<br />
Honorare für Kreative und Volontäre<br />
gelten unter Medienmanagern<br />
und aufstrebenden IT-Unternehmern<br />
zwar nicht als sexy, sind aber ein Muss.<br />
Gleichzeitig müssen Landtag und Landesregierung<br />
ihre noch vorhandenen<br />
Spielräume in der Mediengesetzgebung<br />
nutzen, um Verlagshäuser und<br />
andere Anbieter in die gesellschaftliche<br />
Verantwortung zu nehmen – zum<br />
Beispiel bei den Programmvorgaben<br />
für die kommerziellen Lokalsender, die<br />
in <strong>Niedersachsen</strong> neu zugelassen werden<br />
sollen. Wünschenswert wäre außerdem,<br />
wenn sich die Mitglieder in<br />
den öffentlich-rechtlichen Rundfunkund<br />
Verwaltungsräten massiver für<br />
mehr Programmqualität einsetzen<br />
würden. Britta Grashorn,<br />
rundblick, 8.10.2009<br />
Vorsicht vor Geldillusion!<br />
Gier und Panik durch dopamine<br />
gesteuert?<br />
An der Universität Bonn wurde<br />
jüngst im Labor für Experimentelle<br />
Wirtschaftsforschung zusammen<br />
mit Neurowissenschaftlern<br />
das folgende Experiment durchgeführt:<br />
Probanden erhielten pro Woche<br />
eine bestimmte Summe Geld, um damit<br />
die Dinge des täglichen Lebens wie<br />
Kleidung, Essen, Benzin oder Wohnungsmiete<br />
bezahlen zu können. Al-<br />
ternativ wurde ihnen die doppelte<br />
Summe geboten. Allerdings verdoppelten<br />
sich auch sämtliche Preise. Um die<br />
Hirnareale der Probanden und damit<br />
ihre Reaktionen sichtbar zu machen,<br />
wurden sie in einen Magnetresonanztomografen<br />
geschoben.<br />
Auf den ersten Blick scheint das Ergebnis<br />
klar: Da die Kaufkraft absolut<br />
gleich bleibt und der Unterschied lediglich<br />
in der optik der Preise besteht,<br />
kann sich keiner besser stellen. Die Gehirne<br />
der Probanden sahen das allerdings<br />
ganz anders. Ihr Nucleus accumbens,<br />
die Hirnregion für Erregung und<br />
Verlangen, war umso aktiver, je höher<br />
der Betrag war.<br />
»Schuld« ist der Neurotransmitter<br />
Dopamin, der intensive Glücksgefühle<br />
auslöst. Auf den doppelt so hohen Betrag<br />
reagiert also ein Belohnungssystem.<br />
Je höher der Betrag, desto mehr<br />
werden wir belohnt und durch Dopamin<br />
beglückt.<br />
Sind wir also alle »Dopaminjunkies«,<br />
die sich von einem eindimensionalen<br />
Mehr an Geld oder Gewinnaussichten<br />
vermeintlich glücklich machen lassen?<br />
Ein Blick auf das Verhalten von Börsenakteuren<br />
legt diesen Schluss in der Tat<br />
nahe. Auch Anleger wollen ganz offensichtlich<br />
belohnt werden und verhalten<br />
sich umso unvorsichtiger, je größer die<br />
Beträge werden. Die aktuelle Finanzmarktkrise<br />
ist hierfür ein gutes Beispiel.<br />
Aber auch in früheren Zeiten<br />
handelten die Akteure prinzipiell nach<br />
demselben Schema. In den 1630er Jahren<br />
waren beispielsweise Tulpenzwiebeln<br />
angesagt. Anfangs ein Markt für<br />
Spezialisten, wurden bald 1000 Gulden<br />
pro Zwiebel gezahlt. Das Spekulationsfieber<br />
gipfelte im Jahre 1637. Ein Brauereibesitzer<br />
erwarb ganze drei Tulpenzwiebeln<br />
und gab hierfür seine gesamte<br />
Brauerei in Utrecht her. Dies entsprach<br />
einem damaligen Gegenwert<br />
von rund 30.000 Gulden oder umgerechnet<br />
etwa drei Grachtenhäusern.<br />
Gier und Panik haben offenbar in<br />
unserem Belohnungssystem ihren Ursprung.<br />
Sie sind sozusagen so normal<br />
wie irrational. Höhere und stark ansteigende<br />
Aktienkurse oder Indexstände<br />
faszinieren uns mehr an als geringere<br />
oder stagnierende. Wir haben dann die<br />
Illusion, schneller reich und glücklich<br />
werden zu können.<br />
Wie würde ein Neuroökonom<br />
Börsen irrationalität begründen? Risiken<br />
sind nach der Gauß-Kurve normal<br />
verteilt. Die bedeutet, dass starke Ausschläge<br />
die Ausnahme von der Norm<br />
sind. Die Menschen etwa, die in einem<br />
Erdbebengebiet leben, werden nicht in<br />
Panik verfallen, wenn der Boden mal<br />
etwas wackelt. Die Erfahrung hat sie<br />
gelehrt, dass ein starkes Beben nur sehr<br />
selten vorkommt. Das Risiko an den<br />
Weltbörsen ist jedoch nicht normal<br />
verteilt. Tatsächlich gibt es immer wieder<br />
Übertreibungen und dann entsprechende<br />
Börsencrashs. Aus evolutorischer<br />
Sicht brauchten Menschen bislang<br />
keine Finanzrisiken einschätzen.<br />
Wir haben es vielleicht also mit einer<br />
Art von Risiko zu tun, das unser Gehirn<br />
einfach nicht verstehen kann. Dieses<br />
begnügt sich vielmehr damit, belohnt<br />
zu werden und in Illusionen zu leben.<br />
Erst kürzlich ist die Wachsamkeit der<br />
Anleger wieder erschreckend klein geworden,<br />
wie der zuletzt starke Anstieg<br />
des DAX zeigt. Man wagt sozusagen<br />
wieder etwas – aus Angst, Kursgewinne<br />
verpassen zu können. Dagegen wäre<br />
derzeit eher eine gewisse Wachsamkeit<br />
angesagt. Denn übertrieben und<br />
korrigiert wird im Realexperiment Börse<br />
nämlich immer.<br />
Herbert Pfennig, Sprecher des Vorstands<br />
der Deutschen Apotheker- und<br />
Ärztebank,<br />
Pressemitteilung Deutsche Apothekerund<br />
Ärztebank, 13.10.2009<br />
Post und Bahn<br />
Privatisierung und/oder<br />
Kundenfreundlichkeit<br />
Privatisierung ist eines der Zauberwörter<br />
der Verwaltungsreform.<br />
Private Dienstleistungen sollen<br />
besser und billiger sein. Vielfach gilt<br />
das auch uneingeschränkt. In problematischen<br />
Bereichen wie zum Beispiel<br />
beim Verkauf der Landeskrankenhäuser<br />
sind die verschiedensten Sicherheiten<br />
vorgesehen, damit zum Beispiel<br />
Standards gewahrt bleiben. Privatisierung<br />
wird allerdings dort zu einem Risikounternehmen,<br />
wo öffentliche Aufgaben<br />
privatisiert werden, die<br />
bürgerorientiert wahrgenommen werden,<br />
aber kaum oder nie mit wirklichem<br />
Gewinn erledigt werden können.<br />
Wer derzeit nach Berlin reist und<br />
erst die Ausdünnung des S-Bahn-Betriebs<br />
und jetzt den Teilzusammenbruch<br />
des gesamten S-Bahnverkehrs<br />
sieht, erlebt die Folgen einer Privatisierung,<br />
deren Ziel nicht mehr Effizienz zu<br />
einem akzeptablen Preis ist, sondern<br />
Gewinn um jeden Preis. Als Monopolanbieter<br />
mit Zwangskundschaft wurde<br />
auf immer höhere Renditen gesetzt,<br />
damit an das Mutter-Unternehmen<br />
Deutsche Bahn möglichst hohe Summen<br />
abgeführt werden. Vorgeschriebene<br />
Sicherheitsüberprüfungen sind<br />
dafür manipulativ ausgedünnt bzw.<br />
gar nicht mehr gemacht worden. Erst<br />
das Eisenbahnaufsichtsamt, das es<br />
zum Glück noch gibt, hat die S-Bahn-<br />
Züge stillgelegt, bis alles gewartet bzw.<br />
repariert ist. Die Sache ist ein Skandal,<br />
weil da ein Monopolanbieter mit der<br />
Sicherheit seiner Kunden, die auf ihn<br />
angewiesen sind, offensichtlich leichtfertig<br />
gleichgültig umgeht. Kundenorientierung,<br />
wie sie in der Wirtschaft üblich<br />
ist, sieht anders aus.<br />
In denselben Verachtungwinkel gehört<br />
ein weiterer Skandal, der jetzt aus<br />
München die Deutsche Bahn einholt:<br />
Nicht nur auf dem S-Bahnhof, auf dem<br />
kürzlich ein 50-jähriger Bahnkunde<br />
von Jugendlichen zu Tode geprügelt<br />
wurde, war die Notrufsäule außer Betrieb.<br />
Seit fünf Jahren sind auf den<br />
Bahnsteigen der bayerischen Metropole<br />
20 Notrufsäulen, die eine mitnutzende<br />
Privatbahn aufstellen musste,<br />
genauso wenig angeschlossen, weil<br />
sich diese Privatbahn mit der Bahn AG<br />
über andere Vertragspunkte nicht einig<br />
wurde. 20 Notrufsäulen auf S-<br />
Bahnhöfen, für die letztlich die Bahn<br />
verantwortlich ist, waren jahrelang<br />
wie Potemkinsche Dörfer aufgestellt<br />
und gar nicht funktionsfähig.<br />
Dasselbe Spiel – die Verachtung des<br />
Kunden und des öffentlichen Interesses<br />
– war zu beobachten bei dem Vor-<br />
stoß der Bahn, pro verkaufter Fahrkarte<br />
drei Euro Bedienungszuschlag einzuführen,<br />
um Schalterpersonal zu sparen<br />
und die lästigen Kleinkunden<br />
loszuwerden, die nicht online buchen<br />
können. Dasselbe gilt für die Idee der<br />
Post, sonnabends keine Post mehr auszutragen<br />
und durch Personaleinsparungen<br />
zu riskieren, dass Zusteller ihre<br />
tägliche Route nicht schaffen können.<br />
Die Ausdünnung der Briefkastenstandorte,<br />
die Streckung der Zeiten, zu<br />
denen geleert wird, und die Verlagerung<br />
der Postfilialen auch in Mittelstädten<br />
auf Tabak- und Lebensmittelläden,<br />
wo sich häufig alles durcheinanderknödelt<br />
und längere Öffnungszeiten<br />
allein keine Entschädigung sind,<br />
sind weitere Beispiele dafür, wie ein<br />
privatwirtschaftlich organisiertes öffentliches<br />
Interesse eben nicht mehr<br />
angemessen bürgerorientiert wahrgenommen<br />
wird, weil sich Kundenorientierung<br />
und Gewinnsteigerung eben<br />
doch nicht immer vereinbaren lassen.<br />
Dr. Susanne von Garrel,<br />
rundblick, 22.9.2009<br />
Gedenktage<br />
mit dem menschenverachtenden<br />
system der ehemaligen ddR<br />
vertraut machen<br />
In diesen Tagen, in denen die Deutschen<br />
den Fall der Mauer vor 20 Jahren<br />
feiern, wechseln sich die Gedenktage<br />
in atemberaubender Weise ab. Es<br />
ist nicht nur der Tag der Deutschen Einheit,<br />
ein eher künstlich geschaffener<br />
staatlicher Feiertag anlässlich der Unterzeichnung<br />
des Einigungsvertrages,<br />
der sich zum 19. Mal jährt. Es sind insbesondere<br />
die von den unerschrockenen<br />
DDR-Bürgern erkämpften Jahrestage,<br />
mit denen vor allem das Fernsehvolk<br />
in zahllosen Dokumentationen<br />
konfrontiert wird: Die Öffnung der<br />
Grenze zwischen Ungarn und Österreich<br />
am 2. Mai, der am l9. August das<br />
»Paneuropäische Picknick« in Sopron<br />
folgte, bei dem rund 600 DDR-Urlauber<br />
das kurzzeitige Loch im ungarischen<br />
Grenzzaun zur Flucht nutzten, und der<br />
darauffolgende Beginn der Montags-<br />
722 · ZKN mit teiluNgeN · 11 | 2009 11 | 2009 · ZKN mit teiluNgeN · 723