NEU! - Zahnärztekammer Niedersachsen
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Editorial Sprache<br />
2<br />
Die Katze aus dem Urwald<br />
Die bundesweite Impfaktion gegen die »neue<br />
Grippe« (A/H1N1-Influenza) ist angelaufen. Die<br />
Gazetten haben die Aktion auch aufgegriffen und<br />
walzen das Thema intensiv aus. Es wird ihnen auch<br />
reichlich Stoff geboten.<br />
Erst streitet man sich über die Finanzierung;<br />
dann stellt sich heraus, dass es unterschiedliche<br />
Impfstoffe gibt, die für unterschiedliche<br />
Personenkreise angeschafft und eingesetzt werden<br />
sollen. Sofort wird wieder von einer Zweiklassen-Medizin<br />
in Deutschland gefaselt. Obendrein<br />
tritt die von der WHO frühzeitig angedrohte<br />
Massenepidemie bisher in unserem Land gar nicht<br />
auf. Zurück bleibt der verunsicherte Bürger, Sie<br />
und ich, der nun entscheiden soll, ob er die<br />
Impfung vornehmen lässt oder nicht.<br />
»Mit der Massenimpfung hat man sich auf einen<br />
Tiger vorbereitet, aus dem Urwald kam aber nur<br />
ein Kätzchen«; umschrieb kürzlich Prof. Alexander<br />
S. Kekulé von der Martin-Luther-Universität<br />
Halle-Wittenberg die aktuelle Situation.<br />
Wenn allerdings aus dem Jungtier ein ausgewachsener<br />
Kater werden sollte, könnte die Schutzimpfung<br />
zur Gefahrenabwehr sinnvoll sein. Dann<br />
wäre es auch vorteilhaft, wenn sich möglichst<br />
viele Bürger beteiligen würden. Das Virus könnte<br />
sich weniger schnell ausbreiten.<br />
Entscheiden Sie also selbst, ob Sie lieber mit<br />
dem Risiko leben wollen oder den sicheren Weg<br />
gehen wollen. Eines ist sicher: Der Impfstoff<br />
wird Sie schützen. Die Nebenwirkungen sind bei<br />
gesunden Menschen ohne Allergiegefährdung gering.<br />
Auch die ins Gerede gebrachten Wirkungsverstärker<br />
(Adjuvanzien) ändern daran nichts.<br />
Ich werde mich sicherlich impfen lassen.<br />
Dr. Karl-Hermann Karstens<br />
Dr. Karl-Hermann Karstens<br />
Geb.-Nr.<br />
102 GOZ<br />
Lokale Fluoridierung mit Lack<br />
oder Gel als Maßnahme zur Verbesserung<br />
der Zahnhartsubstanz,<br />
je Sitzung<br />
Geb.-Nr. 201 GOZ<br />
Behandlung überempfindlicher Zahnflächen,<br />
je Kiefer<br />
Aufgrund unterschiedlicher Leistungsinhalte<br />
sind die Geb.-Nrn.<br />
102/201 GOZ nebeneinander berechnungsfähig.<br />
»Biobreak«<br />
»wack«<br />
ZKN SPECIAL · 11 | 2009<br />
»Overchicked« und »smexy«:<br />
Neues Szene-Wörterbuch<br />
Von A wie »Achselterror«<br />
(Schweiß unterm Arm) bis<br />
Z wie »Z-Promi« (unbekanntes<br />
Sternchen): Mehr<br />
als 1200 Ausdrücke dieser<br />
Art sind in den letzten Wochen auf<br />
einer eigens eingerichteten Internetseite,<br />
einem sogenannten Wiki, eingetragen<br />
worden.<br />
»BTW« (By the way, also übrigens<br />
– ein »Übrigens«, das beiläufig tut,<br />
aber wichtig ist): Die Duden-Redaktion<br />
und das Hamburger Trendbüro<br />
»Smirting«<br />
»beschlauen«<br />
»Blogorhö«<br />
»Du bist ja opfer.«<br />
FOTO: CFW-ARCHIV / PD<br />
haben daraus jetzt Begriffe für ihr<br />
»Neues Wörterbuch der Szenesprachen«<br />
ausgesucht. Ab Herbst können<br />
Leser damit ihren »Denkmuskel«<br />
(das Gehirn) »beschlauen«.<br />
Auch online ist die Lektüre bereits<br />
voll »porno« (interessant, geil, fett).<br />
Im Jahr 2000 gab es einen ersten<br />
Szenesprachen-Duden. Das ist also<br />
schon ewig her, wenn man in Kategorien<br />
von »In« und »Out« denkt und<br />
ein echtes »Modeopfer« (fast krankhaft<br />
trendy) ist. Das Werk war ein<br />
echter »Pageturner« (ein spannendes<br />
Buch). Und auch wenn sich der<br />
damalige Bestseller noch gar nicht<br />
so »wack« (Hip-Hop-Deutsch:<br />
schlecht) liest: Eine Neuausgabe ist<br />
überfällig. Seit der Jahrtausendwende<br />
hat sich schließlich viel getan.<br />
Unter den Vorschlägen für die<br />
2009er-Ausgabe finden sich Wörter,<br />
die vor neun Jahren noch gar nicht<br />
möglich waren. Beispiele: »Blogorhö«<br />
(unkontrollierte, durchfallartige<br />
Geschwätzigkeit im Internet – wie<br />
Diarrhö; neuerdings auch: »Twitterhö«)<br />
oder aber »Castingopfer« (Menschen,<br />
die zum »Fremdschämen«<br />
schlecht singen und sich trotzdem<br />
bei T V-Castingshows wie »Deutschland<br />
sucht den Superstar« bewerben<br />
und blamieren).<br />
Auch ohne Zusatz hat das Wort<br />
»Opfer« in den vergangenen Jahren<br />
eine erstaunliche Karriere gemacht.<br />
Teenager-Dialog in der Straßenbahn<br />
einer deutschen Großstadt: »Gehst<br />
Du heute Training?« – »Nein, ich<br />
schaff’s nicht.« – »Du bist ja opfer.«<br />
Das Wort bedeutet so viel wie<br />
»mies« oder »extrem schlecht«. Es<br />
wird also nicht mehr nur als Substantiv,<br />
sondern auch als Adjektiv<br />
verwendet.<br />
»In unserem Buch geht es nicht<br />
nur um Jugendsprache. Wir wollen<br />
Wortschöpfungen aus vielen verschiedenen<br />
Bereichen und Communitys<br />
abbilden«, betont der Soziologe<br />
und Redaktionsleiter beim Trendbüro,<br />
Dirk Bathen. In den letzten Jahren<br />
seien vor allem viele technische<br />
Begriffe neu entstanden: Beispielsweise<br />
»Youtuben«, »Twittern«,<br />
»Egogoogeln« (selbstvergewissernde<br />
Suche nach sich selbst im Internet)<br />
oder aber »Cyberstalking« (Recherchieren<br />
von anderen Personen<br />
im Internet, um mehr über sie zu<br />
erfahren).<br />
Außerdem im Trend laut Bathen:<br />
sogenannte Kofferwörter, zusammengezogene<br />
Begriffe wie etwa<br />
»Smirting« (das Flirten unter Rauchern<br />
– seit »Smoker« wegen der<br />
strengeren Gesetze ins Freie müssen),<br />
»smexy« (gemorphed aus<br />
»smart« (schlau) und »sexy«),<br />
»Crackberry« (Crack und Blackberry<br />
verschmelzen zu der Sucht, ständig<br />
erreichbar zu sein) oder aber<br />
»Bankster« (Mischung aus Banker<br />
und Gangster – im Zuge der Finanzkrise<br />
ein Wort für Banker, die moralisch<br />
schlecht handeln).<br />
Nicht ins Buch, sondern nur auf<br />
die Homepage geschafft hat es hingegen<br />
»Bionade-Biedermeier« – ein<br />
Begriff dafür, dass Szene-Viertel wie<br />
Berlin-Prenzlauer Berg oder Hamburgs<br />
Schanzenviertel zunehmend<br />
kommerzialisiert werden und verspießern,<br />
wie die Wochenzeitung<br />
»Die Zeit« einst eindrucksvoll beschrieb.<br />
An all diesen Wörtern merkt<br />
man, wie schnelllebig die Zeit und<br />
wie alt man selbst ist. Kommt man<br />
mit? Versteht man die Gedanken hinter<br />
den Begriffen? Oder ist man<br />
sprachlich ein »Vollhorst« (Idiot)?<br />
»Overchicked« zum Beispiel ist<br />
ein unattraktiver Mann (»Hässlo«)<br />
mit einer hübschen Freundin.<br />
»Augenkrebs« bekommt man, wenn<br />
man hässliche Sachen und Klamotten<br />
sieht. Die »Biobreak« ist ein neues<br />
Wort für Pinkelpause, »random«<br />
ist hingegen alles, was beliebig ist.<br />
Neuere Umschreibungen fürs Tanzen<br />
sind »bouncen« (hüpfen) und<br />
»abspacken« (ungelenk bewegen).<br />
Am Schreibtisch nebenbei zu essen,<br />
statt in Ruhe etwas zu speisen, heißt<br />
»Deskfood«. Und der Zustand, wenn<br />
11 | 2009 · ZKN SPECIAL 3