April 2009 als pdf herunterladen - Israelitische Kultusgemeinde Wien
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Iran ist nicht Hitler-Deutschland.<br />
Das behauptet auch niemand, aber es<br />
existieren ideologische Schnittmen gen.<br />
Durch die offensichtlichen Unter -<br />
schie de wird der Iran auch nicht<br />
weniger gefährlich. Im Nation<strong>als</strong>o zia -<br />
lismus gab es keine Nuklearwaffen,<br />
die es heute einem Schwellenland er -<br />
möglichen, eine existenzielle Bedrohung<br />
darzustellen. Im Zeitalter von<br />
mas senvernichtungswaffen ist es kei ne<br />
Beruhigung, wenn darauf verwiesen<br />
wird, dass der Iran nicht über eine der -<br />
art schlagkräftige National öko no mie<br />
verfügt wie Nazi-Deutschland. man<br />
benötigt heute zum massenmord kei -<br />
ne Wehrmacht mit knapp 20 milli o nen<br />
Soldaten und auch nicht die Unter -<br />
stüt zung einer Volksgemeinschaft.<br />
Ahamdinejad hat gar nicht so viel zu<br />
sagen im Iran.<br />
Das stimmt, macht aber das Problem<br />
größer, nicht kleiner. Die macht des<br />
Präsidenten ist zum einen durch das<br />
komplizierte Institutionengeflecht im<br />
Iran eingeschränkt, zum anderen<br />
durch die allen Institutionen übergeordnete<br />
„Herrschaft der Rechtsge lehr -<br />
ten“, durch welche die Entscheidungs -<br />
befugnisse beim Obersten Geistlichen<br />
Führer Ali Khamenei konzentriert<br />
sind, der wiederholt zur „Vernich tung<br />
und Zerstörung des jüdischen Staates“<br />
aufgerufen hat. Das bedeutet, auch mit<br />
einer Abwahl Ahmadinejads wären die<br />
Probleme keineswegs verschwunden.<br />
Der Iran ist ein rationaler Akteur, der<br />
eine Atombombe niem<strong>als</strong> einsetzen<br />
würde.<br />
Die Bombe bräuchte von Teheran gar<br />
nicht eingesetzt zu werden, um die<br />
Zukunft Israels zu gefährden: Atom -<br />
waffen in der Hand der iranischen<br />
mullahs würden es jedem arabischen<br />
Regime in der Zukunft verunmögli -<br />
chen, einen Friedensschluss mit Israel<br />
anzustreben. Israel könnte selbst ge -<br />
gen massiven Raketenbeschuss durch<br />
die iranischen Verbündeten an der<br />
Nord- und Südgrenze des Landes<br />
angesichts der Drohung mit der Tehe -<br />
raner Bombe nicht mehr adäquat reagieren.<br />
Ohne einen einzigen Schuss<br />
abzugeben, könnte Ahmadinejad oder<br />
einer seiner Nachfolger eine Ent völ -<br />
ke rung Israels herbeizwingen: Schon<br />
heute überlegen 27 Prozent der Israe -<br />
lis, das Land zu verlassen, so bald der<br />
POLITIK • IRAN<br />
Iran über Nuklearwaffen verfügt.<br />
Aber auch der Einsatz von mas sen -<br />
vernichtungswaffen wird vom Regi me<br />
nicht ausgeschlossen. Das iranische<br />
Regime trägt die märtyrerideologie<br />
nicht <strong>als</strong> Rhetorik vor sich her, sondern<br />
macht ausgehend von ihr Po li tik. 2001<br />
spekulierte Ex-Präsident Raf sand -<br />
scha ni bei einer Kundgebung zum Al-<br />
Quds-Tag darüber, dass bereits der<br />
Einsatz einer Atombombe, gezündet<br />
in der Nähe von Tel Aviv, ausreichen<br />
werde, um Israel zu vernichten und<br />
fügte hinzu: „Auch wenn dies der islamischen<br />
Welt Schaden zufügen wird, ist<br />
es nicht widersinnig, so eine Möglichkeit<br />
in Betracht zu ziehen.“ Solche Überlegungen<br />
stehen in der Tradition von<br />
Ajatollah Khomeini, der schon kurz<br />
nach der Revolution von 1979 erklärt<br />
hatte, der Iran könne ruhig untergehen,<br />
wenn nur der Islam den Sieg im<br />
weltweiten Kampf gegen die Un gläu -<br />
bigen davon trage.<br />
Auch andere Diktaturen im Nahen<br />
Osten verletzten die Menschenrechte<br />
und sind antiisraelisch.<br />
Es gibt auch keinen Grund, diese Re -<br />
gime von der Kritik auszunehmen.<br />
Den noch besteht ein wichtiger Un ter -<br />
schied zum Iran. Die spezifische Ge -<br />
fährlichkeit des iranischen Regimes<br />
resultiert aus der Kombination von<br />
apokalyptischem märtyrertum, Anti -<br />
semitismus und dem Streben nach der<br />
Technologie der massen ver nich tung.<br />
Der Antisemitismus dient dem<br />
Regime nur zur Ablenkung<br />
von innenpolitischen Problemen.<br />
Der Antisemitismus ist keine taktische<br />
Strategie, sondern gehört zum ideologischen<br />
Kern des islamischen Djiha -<br />
dis mus. Aus der Erfahrung mit dem<br />
Nation<strong>als</strong>ozialismus sollte man begrif<br />
fen haben, dass Antisemiten die<br />
An kündigung ihrer Verbrechen, so irr -<br />
sinnig und selbstmörderisch sie auch<br />
erscheinen mögen, ernst meinen. Das<br />
gilt insbesondere für ein Regime, das<br />
Konferenzen zur Leugnung des Holo -<br />
causts veranstaltet und regelmäßig<br />
für die Neuauflage der „Protokolle der<br />
Weisen von Zion“ sorgt.<br />
Was soll am iranischen Regime<br />
antisemitisch sein? Im Iran existiert<br />
eine große jüdische Gemeinde.<br />
Im Pseudo-Parlament ist sogar ein<br />
Platz für einen Vertreter der jüdischen<br />
minderheit vorgesehen. Juden werden<br />
im Iran nicht in dem maße systematisch<br />
verfolgt wie beispielsweise die<br />
Baha’i. Nichtsdestotrotz sind sie kei ne<br />
gleich berechtigten Staatsbürger. Die<br />
im Iran verbliebenen Juden bekommen<br />
die Rolle von ‚Dhimmis’ (‚Schutz -<br />
befohlenen’) zugewiesen, die der Is -<br />
lam für bestimmte minderheiten vorsieht.<br />
Wenn sie sich damit abfinden,<br />
dass sie <strong>als</strong> eine weit gehend entrechtete<br />
und diskriminierte minderheit in<br />
islamischen Ländern existieren, wird<br />
ihnen das Lebensrecht nicht vorenthal-<br />
<strong>April</strong> <strong>2009</strong> - Nissan/Ijar 5769 11<br />
© Reuters